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Die tragikomische Geschichte des an einem New Yorker College lehrenden Dozenten für Englische Literatur Nicholas Goetzen. "Hier wird eine bittere Verulkung des literaturkritischen Betriebs verknüpft mit einer ernsthaften Erzählung über die Suche nach Identität. Es liegt eine köstliche Ironie in Islers trockenem Porträt eines Mannes, der sein Leben dem Streben nach Wahrheit widmet, selbst wenn er eine Lüge lebt. (Publishers Weekly.)

Produktbeschreibung
Die tragikomische Geschichte des an einem New Yorker College lehrenden Dozenten für Englische Literatur Nicholas Goetzen. "Hier wird eine bittere Verulkung des literaturkritischen Betriebs verknüpft mit einer ernsthaften Erzählung über die Suche nach Identität. Es liegt eine köstliche Ironie in Islers trockenem Porträt eines Mannes, der sein Leben dem Streben nach Wahrheit widmet, selbst wenn er eine Lüge lebt. (Publishers Weekly.)
Autorenporträt
Alan Isler, geb. 1934 in London, ging 1952 nach New York, wo er Englische Literatur lehrte. Heute lebt er in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.1998

Nackttanz mit Hamlet
Beinarbeit: Alan Islers Roman "Goetzens Bilder"

Dreimal in der Woche hält der Literaturprofessor Nicholas Goetzen im Hörsaal des Moshulu College in New York seine Shakespeare-Vorlesung. Wenn er vom Rednerpult aufschaut, verirrt sich sein Blick unter den Rock von Miß Anstruther. Neben ihr schürzt Giuletta Corombona die Lippen, befeuchtet sie mit der Zunge und zwinkert ihm zu.

Alan Isler, Hochschullehrer für Anglistik, ein in New York lebender englischer Jude mit österreichischen Vorfahren, war sechzig, als er vor vier Jahren seinen ersten Roman, "Der Prinz der West End Avenue", veröffentlichte, in dem sich, auf gehobenem Niveau, New Yorker Grobheit und europäische Sentimentalität tragikomisch vermischten. Bei Goetzen, der Titelfigur des neuen Romans, verlagerten sich die Akzente unvorteilhaft in Richtung Slapstick. Der Professor kennt nur ein Ziel: möglichst viele Studentinnen ins Bett zu bekommen. Sie heißen Diotima von Hoden, Candida Pechvogel, Naomi Berkowitz oder Stella Poore-Moody und sind nymphomanisch. Goetzen besingt sie in galanten Versen: "Im kleinsten Höschen bist du legendärer / Als Botticellis Primavera. / Was kerkerst du in den BH die Brüste / Und raubst mir diese Äpfel meiner Lüste? / Bedenk, des Sündenlümmels wahre Pracht / Entfaltet sich am Morgen, nicht bei Nacht!" Groteske Figuren bevölkern die Szene: Dolly Divine, die den "Hamlet" zur Striptease-Show verwurstet, Gabriel Prinzip, ein Student mit der Devise "Schlachtet die Bullen!", ein Crackpot namens Feibelman, der Karl den Großen und Merlin den Zauberer als Juden outet.

Islers angestrengte Einfälle werden im zweiten Teil des Buches matter. Goetzen setzt sich nach London ab und stellt an den Stätten seiner Kindheit fest, daß nichts mehr ist wie früher; am Ende steht er traurig da, hat kein Zuhause, keinen Beruf und kein Ansehen mehr. Die Sittenkomödie ist in eine vage Sentimentalität umgeschlagen. Die Rahmenhandlung (der junge Goetzen beim Tode seines Vaters) und die Rückblenden (in die englischen Stationen der Familiengeschichte) sollen dunkle Dimensionen andeuten; sie wirken aufgesetzt und künstlich. Isler, der den angelsächsischen Universitätsbetrieb von innen kennt, wirft Sex und böse Geister, amerikanische Unbekümmertheit und europäische Melancholie in einen Topf und rührt aus Campusroman, Familienchronik und pikaresken Gewürzen eine Suppe zusammen. Wenn er der Burleske mit jüdischen Schicksalen Tiefe zu geben versucht, folgt er Dolly Divine, die ihre Nacktrevue durch Shakespeare-Stoff veredeln möchte.

Es liegt nahe, in Nicholas Goetzen ein Selbstporträt des Autors zu sehen; beide haben Identitätsprobleme, kommen nicht von Kindheitserinnerungen los und in der Neuen Welt nur schwer mit ihrer europäischen Vergangenheit zurecht. Ob es einen Zusammenhang gibt zwischen Goetzens sexuellem Appetit und seinen Wiener Wurzeln, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob Goetzen der ist, für den er sich ausgibt. Solche Spekulationen sind aber müßig angesichts der saftigen Schwankeinlagen; von Heidi Zerning in ein gelenkiges, munteres Deutsch gebracht, lohnen sie allein die Lektüre. HELMUT WINTER

Alan Isler: "Goetzens Bilder". Roman. Aus dem Englischen von Heidi Zerning. Berlin Verlag, Berlin 1998. 300 S., geb., 39,80 DM.

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