Es ist dunkel. Insekten umschwirren das Licht im Hof, und der Wachhund sitzt am Tor. Ein Junge ist nicht nach Hause gekommen, und seine Familie wartet ängstlich auf seine Rückkehr. Ein Vater tritt in die Dunkelheit, um nach seinem Sohn zu suchen.
Clyde macht sich Sorgen um Paul, der nicht von seinem Streifzug durch den Busch zurückgekommen ist. Auf Trinidad bleibt man zu Hause, wenn die Sonne untergegangen ist. Vor allem aber ist Clyde wütend, denn schon immer hat sein Sohn ihm Ärger bereitet, ganz anders als dessen alles überstrahlender Zwillingsbruder Peter. Stunden vergehen, Tage. Schließlich melden sich Entführer. Als Clyde begreift, worum es ihnen geht, steht er vor einer ungeheuerlichen Entscheidung: Darf er wirklich das Leben eines seiner Kinder zugunsten des anderen opfern?
"Ein atemberaubender Roman, voll Kraft und Schönheit. Ohne sich selbst zu verleugnen, reiht sich Claire Adam mit ihrem Werk erhobenen Hauptes in die Tradition von Ikonen wie V.S. Naipaul ein." Jennifer Clement
Ausgezeichnet mit dem Desmond Elliott Prize
Clyde macht sich Sorgen um Paul, der nicht von seinem Streifzug durch den Busch zurückgekommen ist. Auf Trinidad bleibt man zu Hause, wenn die Sonne untergegangen ist. Vor allem aber ist Clyde wütend, denn schon immer hat sein Sohn ihm Ärger bereitet, ganz anders als dessen alles überstrahlender Zwillingsbruder Peter. Stunden vergehen, Tage. Schließlich melden sich Entführer. Als Clyde begreift, worum es ihnen geht, steht er vor einer ungeheuerlichen Entscheidung: Darf er wirklich das Leben eines seiner Kinder zugunsten des anderen opfern?
"Ein atemberaubender Roman, voll Kraft und Schönheit. Ohne sich selbst zu verleugnen, reiht sich Claire Adam mit ihrem Werk erhobenen Hauptes in die Tradition von Ikonen wie V.S. Naipaul ein." Jennifer Clement
Ausgezeichnet mit dem Desmond Elliott Prize
buecher-magazin.deIn Trinidad gibt es nur wenige Möglichkeiten, der überall präsenten Armut zu entkommen, die einfachste ist, kriminell zu werden und so leidet die Inselbevölkerung unter Korruption, Einbrüchen und Entführungen. Die Reichen haben Sicherheitspersonal und die Arbeiter halten sich Hunde und dennoch können diese nicht verhindern, dass einer der beiden Söhne von Clive entführt wird. Ist es schockierend, dass Clive, der seine Jugend in Armut verbrachte und hart arbeitet, froh ist, dass er Paul getroffen hat und nicht Peter? Paul, der nur stockend lernt, sich zurückzieht und zu dem Clive in seiner emotionalen Wüste keine Verbindung aufbauen kann, statt Peter, der mit seinen schulischen Leistungen alle anderen in den Schatten stellt; das Goldkind der Familie, ihr Ticket in ein besseres Leben? Claire Adam spitzt die dramatischen Ereignisse auf lakonische Art zu, rollt die Geschichte von hinten auf. Eine Intrige wurde gesponnen, die ihre Wurzeln in der Vergangenheit hat. Mit zarter Intensität gelingt es Adam, das Leben in Trinidad, die Verwurzelung der Menschen in Ängsten, aber auch ihre Kraft in einem berührenden Roman zu verweben, in dem richtig und falsch dann verwischen, wenn Liebe die treibende Kraft ist.
© BÜCHERmagazin, Meike Dannenberg (md)
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.07.2020Brutaler Überlebenskampf
Traurige Tropen: Claire Adam erzählt von zwei ungleichen Brüdern in der Karibik
Paul ist weg, und Vater Clyde macht sich im Dunklen fluchend auf den Weg durchs Dickicht, das bis zum Meer reicht. Wir sind in Trinidad, es ist heiß, es gibt Insekten, Schlangen und andere Tiere, die Clydes Suche nach Paul fast zur Qual machen. Es ist auch eine Tour durch Clydes Gedanken, der, wenn er Paul gefunden hat, endlich seinem Sohn den Kopf zurechtzusetzen. Dieser Paul! Unzuverlässig, unzugänglich, eigensinnig, unberechenbar, was denkt er sich, was treibt ihn an, warum ist er so, wie er ist? Doch er findet ihn nicht und kehrt zurück: „Clyde setzt sich auf die Stufe, plötzlich hat er Angst. Die Hunde setzen sich neben ihn und schieben ihre Schnauzen in seine Hände.“ In drei Teilen erzählt Claire Adam, in Trinidad geboren und aufgewachsen, bevor sie in den USA studierte vom seltsamen Paul und seinem Bruder Peter, von den Eltern Clyde und Joy, die indischen Ursprungs sind und auf Trinidad leben. Adam schildert eine Mischung aus Landschaftsschönheit, brutalem Sozialgefälle und mörderischem Überlebenskampf, eine Welt aus Missgunst und Eifersucht und Gewalt, aus ständiger Bedrohung auch kleinster Glücksmomente. Und doch auch ein vitales, ungebärdiges, auch komisches Sichbehaupten, von kleinen Fluchten und sogar Siegen.
Claire Adam hat diese komisch-traurige Familiengeschichte so schmucklos direkt aufgeschrieben, dass man die einzelnen Mitglieder sofort kennen zu lernen meint, ohne große Außenansichtsbetrachtungen. Ungeteilte Sympathie gewinnt Onkel Wishnu, der große gute Geist hinter der Familie, der den begabten Peter genauso beschützt wie den scheinbar schläfrigen unberechenbaren, dabei immer eigensinnigen Paul. Bei der Zwillingsgeburt war Paul der später Geborene, hatte die Nabelschnur um den Hals, also wird Sauerstoffmangel bei ihm vermutet. Während die anderen ihn von da an für zurückgeblieben halten, betont Onkel Wishnu, einst selber Arzt, beruhigend, dass er ein bisschen mehr Zeit brauchen wird.
So folgen die Eltern dem weisen Rat des alten Arztes, der Clyde mag, weil er nicht korrupt, eifersüchtig und habgierig ist, sondern ehrlich, fleißig und nicht aufschneiderisch. Onkel Wishnu hilft Clyde mit seinem Vermögen und setzt sich zusammen mit Mutter Joy immer wieder dafür ein, dass die beiden Brüder auf der Schule nicht getrennt werden, denn allein hätte Paul wohl keine Chance. Die Verwandtschaft mault über Wishnus Unterstützung, Schwager Romesh bohrt besonders hartnäckig nach, wieso Clyde bevorzugt werde, man sei doch Familie. Nach Wishnus Unfalltod wird Pater Kavanagh zu einer Art guten Hirten von Paul, aber dessen Eigensinn bleibt unberechenbar. Die Geschichte von Familie Deyalsingh geht nicht wirklich gut aus, irgendwann wird aus Missgunst verbrecherisches Tun und alle sind beschädigt bis auf den am Ende in den USA studierenden Peter: „‚Kommen Sie‘, sagt Peter ... Pater Kavanagh streckt ihm zögerlich die Hand entgegen. Und da erkennt er, was Clyde von Anfang an erkannt hat – dass Peter in der Tat anders ist als alle anderen, dass er aus Gold gemacht ist, aus reinem Gold. Pater Kavanagh nimmt Peters Hand und folgt ihm ins Meer.“ So bleibt der bittere Geschmack von traurigen Tropen, die Einsicht in eine karibische Welt trostloser Ausweglosigkeiten, deren ungeheure Vielfalt an Gestalten gleichwohl unmittelbar beeindruckt.
HARALD EGGEBRECHT
Claire Adam: Goldkind. Aus dem Englischen von Marieke Heimburger und Patricia Klobusiczky. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020. 270 Seiten, 23 Euro.
Am Ende sind in dieser trostlosen
Welt alle beschädigt, nur einem
gelingt der Sprung in die USA
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Traurige Tropen: Claire Adam erzählt von zwei ungleichen Brüdern in der Karibik
Paul ist weg, und Vater Clyde macht sich im Dunklen fluchend auf den Weg durchs Dickicht, das bis zum Meer reicht. Wir sind in Trinidad, es ist heiß, es gibt Insekten, Schlangen und andere Tiere, die Clydes Suche nach Paul fast zur Qual machen. Es ist auch eine Tour durch Clydes Gedanken, der, wenn er Paul gefunden hat, endlich seinem Sohn den Kopf zurechtzusetzen. Dieser Paul! Unzuverlässig, unzugänglich, eigensinnig, unberechenbar, was denkt er sich, was treibt ihn an, warum ist er so, wie er ist? Doch er findet ihn nicht und kehrt zurück: „Clyde setzt sich auf die Stufe, plötzlich hat er Angst. Die Hunde setzen sich neben ihn und schieben ihre Schnauzen in seine Hände.“ In drei Teilen erzählt Claire Adam, in Trinidad geboren und aufgewachsen, bevor sie in den USA studierte vom seltsamen Paul und seinem Bruder Peter, von den Eltern Clyde und Joy, die indischen Ursprungs sind und auf Trinidad leben. Adam schildert eine Mischung aus Landschaftsschönheit, brutalem Sozialgefälle und mörderischem Überlebenskampf, eine Welt aus Missgunst und Eifersucht und Gewalt, aus ständiger Bedrohung auch kleinster Glücksmomente. Und doch auch ein vitales, ungebärdiges, auch komisches Sichbehaupten, von kleinen Fluchten und sogar Siegen.
Claire Adam hat diese komisch-traurige Familiengeschichte so schmucklos direkt aufgeschrieben, dass man die einzelnen Mitglieder sofort kennen zu lernen meint, ohne große Außenansichtsbetrachtungen. Ungeteilte Sympathie gewinnt Onkel Wishnu, der große gute Geist hinter der Familie, der den begabten Peter genauso beschützt wie den scheinbar schläfrigen unberechenbaren, dabei immer eigensinnigen Paul. Bei der Zwillingsgeburt war Paul der später Geborene, hatte die Nabelschnur um den Hals, also wird Sauerstoffmangel bei ihm vermutet. Während die anderen ihn von da an für zurückgeblieben halten, betont Onkel Wishnu, einst selber Arzt, beruhigend, dass er ein bisschen mehr Zeit brauchen wird.
So folgen die Eltern dem weisen Rat des alten Arztes, der Clyde mag, weil er nicht korrupt, eifersüchtig und habgierig ist, sondern ehrlich, fleißig und nicht aufschneiderisch. Onkel Wishnu hilft Clyde mit seinem Vermögen und setzt sich zusammen mit Mutter Joy immer wieder dafür ein, dass die beiden Brüder auf der Schule nicht getrennt werden, denn allein hätte Paul wohl keine Chance. Die Verwandtschaft mault über Wishnus Unterstützung, Schwager Romesh bohrt besonders hartnäckig nach, wieso Clyde bevorzugt werde, man sei doch Familie. Nach Wishnus Unfalltod wird Pater Kavanagh zu einer Art guten Hirten von Paul, aber dessen Eigensinn bleibt unberechenbar. Die Geschichte von Familie Deyalsingh geht nicht wirklich gut aus, irgendwann wird aus Missgunst verbrecherisches Tun und alle sind beschädigt bis auf den am Ende in den USA studierenden Peter: „‚Kommen Sie‘, sagt Peter ... Pater Kavanagh streckt ihm zögerlich die Hand entgegen. Und da erkennt er, was Clyde von Anfang an erkannt hat – dass Peter in der Tat anders ist als alle anderen, dass er aus Gold gemacht ist, aus reinem Gold. Pater Kavanagh nimmt Peters Hand und folgt ihm ins Meer.“ So bleibt der bittere Geschmack von traurigen Tropen, die Einsicht in eine karibische Welt trostloser Ausweglosigkeiten, deren ungeheure Vielfalt an Gestalten gleichwohl unmittelbar beeindruckt.
HARALD EGGEBRECHT
Claire Adam: Goldkind. Aus dem Englischen von Marieke Heimburger und Patricia Klobusiczky. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020. 270 Seiten, 23 Euro.
Am Ende sind in dieser trostlosen
Welt alle beschädigt, nur einem
gelingt der Sprung in die USA
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»Ein meisterlich quälendes Debüt.« Barbara Weitzel Welt am Sonntag kompakt, 05.01.2020