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Die brisante, exklusiv recherchierte Darstellung eines wirtschaftspolitischen Schlüsselthemas führt sowohl zur glitzernden Welt der Goldverarbeitung als auch zu den übelsten Minenregionen der Welt. Mark Pieth beleuchtet die historischen Wurzeln des Goldhandels und die aktuellen Lieferketten, von den Minen über die Raffinerien und geheimen Zwischenhändler bis zu den Konsumenten: den Zentralbanken, Investoren, Juwelieren und Uhrmachern. Und er offenbart die enorme Problembelastung der Goldgewinnung, die mangels verbindlicher Regulierung im Verborgenen bleibt: schwere Umweltzerstörung,…mehr

Produktbeschreibung
Die brisante, exklusiv recherchierte Darstellung eines wirtschaftspolitischen Schlüsselthemas führt sowohl zur glitzernden Welt der Goldverarbeitung als auch zu den übelsten Minenregionen der Welt. Mark Pieth beleuchtet die historischen Wurzeln des Goldhandels und die aktuellen Lieferketten, von den Minen über die Raffinerien und geheimen Zwischenhändler bis zu den Konsumenten: den Zentralbanken, Investoren, Juwelieren und Uhrmachern. Und er offenbart die enorme Problembelastung der Goldgewinnung, die mangels verbindlicher Regulierung im Verborgenen bleibt: schwere Umweltzerstörung, Zwangsarbeit und Menschenhandel, Vertreibung, Potentatengeld und Geldwäscherei. Dabei weiß der Autor auch komplizierte Sachverhalte verständlich und packend zu schildern. Die Schweiz ist nicht nur eine Großmacht im Finanzbereich und im Rohstoffhandel, dessen skandalöse Funktionsweisen das »Rohstoff«-Buch der Erklärung von Bern (EvB, heute Public Eye) bei Salis offenlegte. Auch im globalen Goldhandel ist die Schweiz führend. Doch während etwa die EU bestehende OECD-Richtlinien jüngst in verbindliches Recht überführt hat, setzt die Schweiz weiterhin auf freiwillige Selbstregulierung.
Autorenporträt
Mark Pieth, geboren 1953, ist seit 1993 Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Basel und Ehrendoktor der Sussex University in England. Er ist Gründer und Präsident des »Basel Institute on Governance« und bekannt für seine Vorreiterrolle bei Initiativen zur Bekämpfung von Korruption und Geldwäscherei. Von 1990 bis 2013 war er Präsident der OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Korruption im internationalen Geschäftsverkehr und 2004 in der Volcker-Kommission zur Aufklärung des Öl-für-Lebensmittel-Skandals der UNO tätig. 2016 war Pieth Mitglied eines von der Regierung Panamas eingesetzten Expertengremiums für eine verbesserte Transparenz der Finanz- und Rechtssysteme des Landes, aus dem er sich gemeinsam mit dem Leiter des Gremiums, Joseph E. Stiglitz, aus Protest gegen Arbeitsbeschränkungen zurückzog.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2019

Der Fluch des Rohstoffs

Verschlungen sind die Lieferketten: Mark Pieth überprüft, wie ernst Goldproduzenten ihre Sorgfaltspflicht nehmen.

Zu Beginn dieses Jahrhunderts sind die schlimmen Arbeits- und Produktionsbedingungen an den Rohstoffstandorten des globalen Südens zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die Vereinten Nationen beauftragten Harvard-Professor John Ruggie, eine Studie zur Verantwortung multinationaler Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zu verfassen. Daraus sind im Jahr 2011 die UN-Leitprinzipien für Wirtschafts- und Menschenrechte geworden, die die Unternehmen insbesondere dazu auffordern, das Verhalten ihrer Geschäftspartner in der Lieferkette zu überprüfen. Parallel hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) im Mai 2011 Sorgfaltsregeln und Prüfpflichten für die Lieferung von Rohstoffen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten verabschiedet.

Ein Jahr später wurde dieser Text durch Anforderungen an bestimmte Rohstoffförderungen, darunter Gold, ergänzt. Danach wird den Unternehmen ein fünfstufiges Prüfprogramm zum sorgfältigen und risikoorientierten Umgang mit Rohstoffen auferlegt: Sie müssen erstens ein Managementsystem zur Compliance einführen, zweitens die Risiken in der Lieferkette ermitteln und bewerten, drittens eine Strategie für den Umgang mit den ermittelten Risiken entwerfen und umsetzen, viertens Überprüfungen ("Audits") durch unabhängige Dritte zum Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette durchführen lassen und schließlich fünftens jährlich über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten Bericht erstatten.

Mark Pieth, Schweizer Strafrechtsprofessor und selbst an der Ausarbeitung der OECD-Leitsätze beteiligt, legt nun eine Überprüfung der Einhaltung dieser Anforderungen für die Goldlieferkette vor. Dabei hat er sich nicht auf das Aktenstudium am grünen Tisch beschränkt, sondern einige Goldminen (in Peru und Südafrika) selbst besucht und mit Raffinerien, Händlern und Großunternehmen Kontakt aufgenommen. Die Feldarbeit scheint dabei leichter gewesen zu sein als die Kontaktaufnahme mit den großen Unternehmen, denn diese haben auf Pieths Anfragen entweder überhaupt nicht reagiert oder sie mit lakonischen Ablehnungsschreiben beschieden (so etwa das Schweizer Unternehmen Rolex mit dem Hinweis, dass "wir normalerweise solche Angelegenheiten nicht kommentieren").

Pieths Buch besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, nämlich zum einen aus der Beschreibung der Situationen an ausgewählten Minenstandorten, einschließlich der Geschichte des Goldes, der Lieferkette und der mit der Goldproduktion zusammenhängenden Menschenrechts- und Umweltprobleme, zum anderen aus der primär juristisch geprägten Analyse der Verantwortlichkeit der im Goldsektor tätigen Unternehmen für die Produktionsbedingungen und der nur mangelhaften Erfüllung der Vorgaben der OECD-Leitsätze.

Letztlich zeigt Pieth, dass die Versuche der Selbstregulierung, die auch auf zahlreiche private Initiativen zurückgehen, gescheitert sind und deshalb verbindliche Standards geschaffen werden müssen, die zudem extern (staatlich) zu überwachen sind. Er begrüßt deshalb die Umsetzung der OECD-Richtlinien durch die Europäische Union mittels einer (unmittelbar anwendbaren) Verordnung vom 17. Mai 2017 zur "Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette" für die relevanten Rohstoffe (einschließlich Gold). Was sein Heimatland Schweiz angeht, eine "globale Weltmacht" im Goldhandel, fordert er seine Regierung auf, sich "aktiv um eine weltweite ganzheitliche Regelung zu bemühen".

Pieth unterstützt insoweit die sogenannte "Konzernverantwortungsinitiative", die den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt bei wirtschaftlichen Aktivitäten Schweizer Unternehmen im Ausland dadurch verstärken will, dass diesen verbindliche Sorgfaltsprüfungspflichten auferlegt werden und sie vor Schweizer Gerichten bei Nichteinhaltung verklagt werden können. Letztendlich plädiert Pieth für ein paralleles System zur Korruptions- und Geldwäschebekämpfung, an dem er als Experte jahrzehntelang selbst mitgewirkt hat, ein System also, das die Erfüllung der genannten Verpflichtungen durch ein staatliches und multilaterales System von Aufsicht und Kontrolle sicherstellt.

Pieths Forderungen sind nachvollziehbar, wenn man seine Diagnose teilt. Sie besteht im Kern darin, dass es kein sauberes Gold geben kann, solange die Unternehmen die Lieferkette nicht genau kontrollieren. Er weist mit zahlreichen Beispielen nach, dass sie es nicht tun, und gibt dafür auch eine Reihe von Gründen an: mangelnde Kontrolle der Minen vor Ort, fehlende Transparenz in der Lieferkette und der Unternehmenspolitik überhaupt, mangelhafte Audits, fehlendes Problembewusstsein der Unternehmen. Abhilfe kann nur durch eine stärkere Formalisierung, verlässliche Zertifizierungsverfahren und weltweit einheitliche verbindliche Standards geschaffen werden.

Die Überlegungen Pieths zeigen pars pro toto am Gold, was generell für den Rohstoffexport aus dem globalen Süden in den reichen Norden gilt und mit dem Begriff des "Rohstofffluchs" umschrieben wird: Die Rohstoffproduzenten bleiben auf den sozialen Kosten - Menschenrechtsverletzungen, Umweltschäden, Krankheiten . . . - sitzen, die Profite werden in vom reichen Norden kontrollierte Steueroasen transferiert, und die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. Letztlich trägt der globale Rohstoffhandel damit auch zur Flüchtlings- und Migrationskrise bei. Der verantwortungsvolle Verbraucher weiß nun, dass er mit gutem Gewissen keine Goldprodukte mehr kaufen kann.

KAI AMBOS

Mark Pieth: "Goldwäsche". Die schmutzigen

Geheimnisse des

Goldhandels.

Salis Verlag, Zürich 2019. 304 S., geb., 24,- [Euro].

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