Die Grundidee fand ich sehr spannend und originell: in einer unbestimmten Zukunft gibt es eine große Energiekrise, die Arbeitslosigkeit steigt ins Unermessliche und die Menschen flüchten sich in Träume - allerdings nicht unbedingt in ihre eigenen. Denn nachdem Facebook pleite gegangen ist, hat sich
eine andere Plattform zur neuen Nummer 1 der sozialen Medien emporgeschwungen: GoodDreams, wo man…mehrDie Grundidee fand ich sehr spannend und originell: in einer unbestimmten Zukunft gibt es eine große Energiekrise, die Arbeitslosigkeit steigt ins Unermessliche und die Menschen flüchten sich in Träume - allerdings nicht unbedingt in ihre eigenen. Denn nachdem Facebook pleite gegangen ist, hat sich eine andere Plattform zur neuen Nummer 1 der sozialen Medien emporgeschwungen: GoodDreams, wo man Videos seiner eigenen Träume hoch- und die Videos anderer Träumer herunterladen kann. Anleitungen zum Klarträumen und Traumrekorder zum Aufzeichnen der Träume machen das ganz leicht. Die Profiträumer kassieren sogar Geld und Lebensmittelgutscheine, wenn ihre Träume oft genug gelikt werden.
Leider hatte ich aber schnell den Eindruck, dass diese hochinteressante Idee auf eher schwachen Beinen steht, denn die Welt erschien mir nur oberflächlich durchdacht. Erdöl gibt es halt nicht mehr, weil die Araber und die Russen alles für sich selbst behalten, und Sonnen- und Windenergie funktionieren nicht mehr, weil das Klima unberechenbar geworden ist. Viel mehr Erklärung gibt es nicht, und das fand ich doch etwas dünn.
War es zum Beispiel ein schleichender Prozess, oder gab es irgendeine Art von Katastrophe? Mal klingt es so, als wäre es einfach eine unausweichliche Folge des fortschreitenden Klimawandels, aber dann wird zum Beispiel auch gesagt, dass Touristen in den Hotels von Okinawa gestrandet sind, weil die Flüge unbezahlbar wurden - und das hieße ja, dass es sehr überraschend passiert sein muss.
Außerdem fand ich die Auswirkungen dieser Energiekrise oft unlogisch. Einerseits hat kaum noch jemand Geld, um das Licht oder gar einen Kühlschrank einzuschalten, andererseits müssen die Menschen doch ständig im Internet hängen, wenn GoodDreams wirklich so eine wirtschaftliche Macht sein soll, wie es dargestellt wird. Es wird gesagt, dass einem technische Geräte hinterhergeschmissen werden, während Lebensmittel fast unbezahlbar sind, aber dennoch besitzen die meisten Menschen anscheinend entweder gar keinen eigenen Computer oder nur einen ziemlich abgewrackten.
Kurz gesagt, der Weltentwurf hat mich leider nicht überzeugt, und deswegen konnte ich mich auf die Geschichte nicht vollständig einlassen. Zwar kam zwischendurch durchaus Spannung auf und es war dann auch unterhaltsam, aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht, weil es für mich nicht in sich stimmig war.
Auch die Charaktere haben zwiespältige Gefühle in mir hervorgerufen, obwohl ich sie alle im Grunde sehr vielversprechend und interessant fand.
Im Mittelpunkt steht Leah, die mit ihrem Zwillingsbruder Mika und ihrem todkranken Vater zusammenlebt. In den letzten Jahren hat Mika die kleine Familie als Profiträumer über Wasser gehalten, aber seit seine Freundin ihn verlassen hat, kann er nicht mehr schlafen und daher auch nicht mehr träumen. Leah hingegen hat mit dem Träumen schlechte Erfahrungen gemacht und will daher nicht versuchen, damit Geld zu verdienen.
Am Anfang kam sie mir naiv und selbstsüchtig vor, denn sie schiebt ihrem Bruder alle Verantwortung fürs Geldverdienen zu. Dass er auf sie oft sehr wütend wurde, konnte ich zunächst sogar nachvollziehen, später fand ich ihn unangebracht aggressiv. Leah macht im Laufe der Geschichte zwar eine große Wandlung durch und lernt, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich mehr zuzutrauen, dies fand ich allerdings recht sprunghaft, und ähnlich erging es mir auch mit den anderen Charakteren. Ein hilfsbereiter Charakter kann plötzlich besitzergreifend und hinterlistig sein, um dann später wieder hilfsbereit zu werden, und das innerhalb weniger Tage.
Die Liebesgeschichte ging mir ein bisschen zu plötzlich, ich hatte nicht das Gefühl, dass die beiden sich überhaupt genug kannten, um tiefe Gefühle zu entwickeln. Außerdem fand ich schade, dass er sie immer wieder als hilfloses, schwaches, kindliches Mädchen sieht, das er beschützen muss!
Der Schreibstil ist eher einfach, liest sich aber locker und angenehm.