Martin Leuenberger zeichnet in diesem Band eine Grundüberzeugung der Hebräischen Bibel nach: Dass Jhwh, der Gott der Bibel, in Zion und Jerusalem auf außergewöhnliche Weise anwesend ist. Als Königsgott thront er auf dem Berg Zion, in seinem heiligen Tempel oder in der Stadt Jerusalem. Gottes Gegenwart verleiht dieser Raumsphäre eine besondere Dignität, die sich in zahlreichen Einzelvorstellungen niederschlägt und ihren vielleicht markantesten Ausdruck in der Personifizierung zur 'Stadtfrau Zion' findet. Der Autor rekonstruiert die faszinierende Geschichte dieser Zionstheologien im alten Israel ausführlich und entfaltet sie in ihren theologischen Dimensionen. Nach einer Einführung werden zunächst die grundlegenden Ausbildungen von Zionstheologien in der Staatszeit behandelt. Neben archäologischen Befunden, ikonographischen Darstellungen und Inschriften sind hierfür vorab Traditionen des Psalters und des Jesajabuches aufschlussreich. Sie preisen die heilvolle Präsenz Gottes hymnisch, üben aber unheilsprophetisch auch scharfe Kritik an einer nationalreligiösen Instrumentalisierung. Mit dem Eintritt der Exilskatastrophe geraten klassisch affirmative Zionstheologien in eine fundamentale Krise, die tiefgreifende Umbrüche und Transformationen auslöst. Namentlich späte Texte im Psalter und im Jesajabuch dokumentieren diese theologische Bewältigungsarbeit eindrücklich, die neben der prominenten Vorstellung der personifizierten Stadtfrau Zion auch eine zionszentrierte Weltbefriedung und eine friedvolle Völkereinbürgerung in Zion hervorbringt. Theologische Anschlussüberlegungen versuchen abschließend, die vielfältigen Nachwirkungen und Potentiale, aber auch Herausforderungen und Schwierigkeiten biblischer Zionstheologien bis in unsere Gegenwart auszuloten.