Mit dem Thema „Gottes Energie“ hat der renommierte Theologe und Gemeindeaufbau-Experte Christian A. Schwarz wahrlich ein richtig großes „Fass“ aufgemacht. Denn jedenfalls ist das, was die Bibel zum Thema „Energie“ zu sagen hat, in weiten Teilen der westlichen Christenheit so gut wie gar nicht
bekannt, und es fehlt bisher – im Gegensatz zur Ostkirche – an einer kirchlichen und dogmatischen…mehrMit dem Thema „Gottes Energie“ hat der renommierte Theologe und Gemeindeaufbau-Experte Christian A. Schwarz wahrlich ein richtig großes „Fass“ aufgemacht. Denn jedenfalls ist das, was die Bibel zum Thema „Energie“ zu sagen hat, in weiten Teilen der westlichen Christenheit so gut wie gar nicht bekannt, und es fehlt bisher – im Gegensatz zur Ostkirche – an einer kirchlichen und dogmatischen Tradition im Umgang mit diesem hochinteressanten Begriff.
Darum ist es auch nicht selbstverständlich, dass Schwarz bei seinen westeuropäischen Leser*innen mit seinem über mehrere Jahre geplanten Projekt (das ist nur der erste von drei Bänden!) offene Türen einrennt. Mit dem Thema „Energie“ kann man theologisch nämlich nur schwer irgendwo anknüpfen, und so muss Schwarz zunächst minutiös (und mitunter redundant) erklären, von was er da überhaupt redet – und wovon nicht.
Der erste Teil des Buches beschäftigt sich dann auch zunächst mit der Frage, warum die (westliche) Christenheit den Begriff „Energie“ bislang in theologischer Hinsicht kaum zur Kenntnis genommen hatte und erörtert die Notwendigkeit, den biblischen Energiebegriff neu, teilweise mithilfe von Neologismen, zu füllen.
Anschließend untersucht Schwarz dann jede einzelne neutestamentliche Fundstelle des Energiebegriffes. Allein diese sorgfältige exegetische Arbeit ist für jeden Theologen den Kauf des Buches wert und auf jeden Fall Augen öffnend.
Ausgehend von der biblischen-exegetischen Analyse streift Schwarz im nächsten Kapitel die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Energie und ihrer Ausdrucksform, wobei auch die klassischen biblischen Themen von Sünde und Dämonen aus einer neuen Perspektive heraus eingeordnet werden.
Mehr und mehr zeigt Schwarz dabei Perpektiven der Ostkirche auf, die aufgrund der in ihr bereits vorhandenen Energie-Lehre wertvolle Beiträge zu liefern hat.
Nach entscheidenden Erörterungen zum Wesen Gottes unter Einbeziehung der ostkirchlichen Energielehre folgt ein aufschlussreicher Vergleich zwischen westlichen und ostkirchlichen theologischen Ansätzen und eine Analyse, warum diese beiden Schwesterkirchen schon seit der Zeit der großen Konzile im ersten Jahrtausend so große Probleme hatten, in einen sich gegenseitig befruchtenden Lernprozess zu gelangen. Auch aus diesen Kapiteln bleibt so mancher „Aha-Effekt“ hängen.
Den krönenden Abschluss des Buches bildet aber ein Ausflug in die Welt der Naturwissenschaften, die ja ganz selbstverständlich mit dem Energiebegriff umgehen. Im Gespräch mit Naturwissenschaftlern diskutiert Schwarz Konzepte wie die thermodynamischen Lehrsätze, das Planck’sche Wirkungsquantum oder das Komplementaritätsprinzip von Nils Bohr und schafft es auf diese Weise, eine sehr plausible und stabile Brücke zwischen Glaube und Naturwissenschaften zu schlagen.
Mich hat das Buch von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, wenn es auch viel Denkarbeit erfordert, weil ich als „westlicher“ Theologe hier mit vollkommen neuen Konzepten konfrontiert bin. Begeistert war ich von der exegetischen Arbeit, dem Ausflug in die Kirchengeschichte und dem wahrhaft befruchtenden Gespräch mit den Naturwissenschaften.
Man kann nur erahnen, dass die von Schwarz angesprochenen Themen teils massive Auswirkungen auf die Art und Weise haben werden, wie die praktische Theologie sich entwickeln wird. Diese Entwicklungen haben bereits im Ansatz begonnen, aber es ist zu spüren, dass dies erst der Anfang ist. Um so mehr bin ich gespannt auf die nächsten beiden Bände der „Energie-Trilogie“.