Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist ein Mysterium - für die Welt, für seine Parteigenossen, für sich selbst. Was treibt diesen Mann an, der in Shrek-Kostümen Hatz auf Ausländer macht und allen Hartz-IV-Abhängigen Kruzifixe in die Wohnstuben hängen will? In dieser ersten unautorisierten und komplett erfundenen Autobiografie klärt Söder auf: über seine Herkunft, sein Werden und Wirren - und gibt einen Ausblick auf weitere tausend Jahre CSU-Herrschaft in Bayern. "Vor allem aber soll dieses Buch helfen, zu verstehen, dass ich trotz aller Erfolge immer noch der Markus geblieben bin. Der Markus aus Nürnberg. Und nicht etwa Birgit aus Fulda. Das ist mir wichtig. Das wird auch immer so bleiben. So wahr ich Gott helfe."
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2018So wahr er Gott hilft
Der ehemalige Titanic-Chefredakteur Leo Fischer hat eine Söder-Autobiografie erdichtet
München – Es ist wohl bezeichnend, dass es anders als etwa in Frankreich, Großbritannien oder den USA in der Bundesrepublik seit jeher nur eine ernstzunehmende Satire-Zeitschrift gibt. Erst war es die Pardon, seit 1984 ist es die Titanic. Die steht – nach ihrem Redaktionsort gerne auch als „Neue Frankfurter Schule“ bezeichnet – obendrein in dem Ruf, ein Hort des Altherrenhumors zu sein. In der Tat ist der Frauenanteil unter den Titanic-Satirikern bis heute verschwindend gering, und die Männerriege aus der Gründerzeit mit Poth, Waechter, Gernhard, Knorr, Henscheid und Co. war alles andere als jung. Doch zumindest in der Chefetage war das Alte-Säcke-Syndrom bald passé. Schon Oliver Maria Schmitt war 1995 ein blutjunger Chefredakteur, und Leo Fischer, der die Leitung des Heftes 2008 übernahm, war damals gerade erst mal 27 Jahre alt.
Einen „pubertären Humor“ attestierte ihm denn auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung seinerzeit, was freilich durchaus wohlwollend gemeint war: Damit mache er beste Satire, befand die konservative Zeitung im Untertitel des Porträts über den „kichernden Arztbengel“ Fischer anlässlich seines Abschieds von der Titanic-Chefredaktion 2013. Tatsächlich ist eine alle möglichen Grenzen, unter anderem die des guten Geschmacks überschreitende, kompromisslose Alberei oft der Türöffner für Tabubrüche und echte Satire. So betonte Fischer auch, Titanic sei „für wache, erwachsene und intelligente Menschen gemacht, die nicht wegen jeder kleinen Schmähung auseinanderfallen. Sie sollte auch nur von Leuten gelesen werden, die eine gewisse Reife haben.“
Was denn auch für Fischers nach der Titanic-Zeit entstandene Werke gilt, von den regelmäßigen Kolumnen in der Jungle World, in der TAZ und im Neuen Deutschland über seine Kandidatenauftritte für „Die PARTEI“ und den schnell wieder abgesetzten Twitter-Gast-Tweed für Die Zeit bis zu den „Fröhlichen Hundegeschichten“ und dem satirischen Roman „Niemand sagt’s Angela: Das supergeheime Abhörprojekt der NSA.“
Diese letzten Bücher stammen aus dem Jahr 2014, da war es definitiv Zeit für etwas Neues. Und so ist vor zwei Wochen „Gottes Werk und mein Beitrag“ im Riva Verlag erschienen, die „erste unautorisierte und komplett erfundene Autobiografie“ von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Ansatz, Absicht und Stil dieser Parodie geht quasi als Essenz bereits aus dem Vorwort hervor: „Vor allem aber soll dieses Buch helfen, zu verstehen, dass ich trotz aller Erfolge immer noch der Markus geblieben bin. Der Markus aus Nürnberg. Und nicht etwa Birgit aus Fulda. Das ist mir wichtig. Das wird auch immer so bleiben. So wahr ich Gott helfe.“
Nonsens und politische Satire, das Decouvrieren sprachlicher, gesellschaftlicher oder menschlicher Defekte der Politiker, verbunden mit einer Art Zeitgeist-Kritik der vergangenen 40 Jahre, durchschaubare Fake News vor dem realen biografischen Hintergrund vom Elternhaus über den Wehrdienst bis zur Politkarriere – auf angenehmen 120 Seiten blödelt sich der in Bayern aufgewachsene Fischer durch die Phänomene des CSU-Bayerns. So zweckfrei komisch wie herzhaft böse, aber stets mit beachtlichem Sprachwitz auf mehreren Ebenen.
OLIVER HOCHKEPPEL
Leo Fischer: Ohne Markus Söder – Gottes Werk und mein Beitrag. Die komplett erfundene Autobiografie, Riva Verlag; live am Freitag, 5. Oktober, 19 Uhr, Vereinsheim, Occamstraße 8
Blödelei und böse politische
Satire gehen in Fischers Buch
Hand in Hand
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der ehemalige Titanic-Chefredakteur Leo Fischer hat eine Söder-Autobiografie erdichtet
München – Es ist wohl bezeichnend, dass es anders als etwa in Frankreich, Großbritannien oder den USA in der Bundesrepublik seit jeher nur eine ernstzunehmende Satire-Zeitschrift gibt. Erst war es die Pardon, seit 1984 ist es die Titanic. Die steht – nach ihrem Redaktionsort gerne auch als „Neue Frankfurter Schule“ bezeichnet – obendrein in dem Ruf, ein Hort des Altherrenhumors zu sein. In der Tat ist der Frauenanteil unter den Titanic-Satirikern bis heute verschwindend gering, und die Männerriege aus der Gründerzeit mit Poth, Waechter, Gernhard, Knorr, Henscheid und Co. war alles andere als jung. Doch zumindest in der Chefetage war das Alte-Säcke-Syndrom bald passé. Schon Oliver Maria Schmitt war 1995 ein blutjunger Chefredakteur, und Leo Fischer, der die Leitung des Heftes 2008 übernahm, war damals gerade erst mal 27 Jahre alt.
Einen „pubertären Humor“ attestierte ihm denn auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung seinerzeit, was freilich durchaus wohlwollend gemeint war: Damit mache er beste Satire, befand die konservative Zeitung im Untertitel des Porträts über den „kichernden Arztbengel“ Fischer anlässlich seines Abschieds von der Titanic-Chefredaktion 2013. Tatsächlich ist eine alle möglichen Grenzen, unter anderem die des guten Geschmacks überschreitende, kompromisslose Alberei oft der Türöffner für Tabubrüche und echte Satire. So betonte Fischer auch, Titanic sei „für wache, erwachsene und intelligente Menschen gemacht, die nicht wegen jeder kleinen Schmähung auseinanderfallen. Sie sollte auch nur von Leuten gelesen werden, die eine gewisse Reife haben.“
Was denn auch für Fischers nach der Titanic-Zeit entstandene Werke gilt, von den regelmäßigen Kolumnen in der Jungle World, in der TAZ und im Neuen Deutschland über seine Kandidatenauftritte für „Die PARTEI“ und den schnell wieder abgesetzten Twitter-Gast-Tweed für Die Zeit bis zu den „Fröhlichen Hundegeschichten“ und dem satirischen Roman „Niemand sagt’s Angela: Das supergeheime Abhörprojekt der NSA.“
Diese letzten Bücher stammen aus dem Jahr 2014, da war es definitiv Zeit für etwas Neues. Und so ist vor zwei Wochen „Gottes Werk und mein Beitrag“ im Riva Verlag erschienen, die „erste unautorisierte und komplett erfundene Autobiografie“ von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Ansatz, Absicht und Stil dieser Parodie geht quasi als Essenz bereits aus dem Vorwort hervor: „Vor allem aber soll dieses Buch helfen, zu verstehen, dass ich trotz aller Erfolge immer noch der Markus geblieben bin. Der Markus aus Nürnberg. Und nicht etwa Birgit aus Fulda. Das ist mir wichtig. Das wird auch immer so bleiben. So wahr ich Gott helfe.“
Nonsens und politische Satire, das Decouvrieren sprachlicher, gesellschaftlicher oder menschlicher Defekte der Politiker, verbunden mit einer Art Zeitgeist-Kritik der vergangenen 40 Jahre, durchschaubare Fake News vor dem realen biografischen Hintergrund vom Elternhaus über den Wehrdienst bis zur Politkarriere – auf angenehmen 120 Seiten blödelt sich der in Bayern aufgewachsene Fischer durch die Phänomene des CSU-Bayerns. So zweckfrei komisch wie herzhaft böse, aber stets mit beachtlichem Sprachwitz auf mehreren Ebenen.
OLIVER HOCHKEPPEL
Leo Fischer: Ohne Markus Söder – Gottes Werk und mein Beitrag. Die komplett erfundene Autobiografie, Riva Verlag; live am Freitag, 5. Oktober, 19 Uhr, Vereinsheim, Occamstraße 8
Blödelei und böse politische
Satire gehen in Fischers Buch
Hand in Hand
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"Nonsens und politische Satire, das Decouvrieren sprachlicher, gesellschaftlicher oder menschlicher Defekte der Politiker, verbunden mit einer Art Zeitgeist-Kritik der vergangenen 40 Jahre, durchschaubare Fake News vor dem realen biografischen Hintergrund vom Elternhaus über den Wehrdienst bis zur Politkarriere - auf angenehmen 120 Seiten blödelt sich der in Bayern aufgewachsene Fischer durch die Phänomene des CSU-Bayerns. So zweckfrei komisch wie herzhaft böse, aber stets mit beachtlichem Sprachwitz auf mehreren Ebenen." (Süddeutsche Zeitung, 29.09.2018)