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Gottesbeweise gehören zu den großen Themen der abendländischen Philosophie. Im 20. Jahrhundert sind sie mit Hilfe der modernen Logik neu formuliert worden und auch in der analytischen Philosophie werden Gottesbeweise seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Offenkundig ist die Frage nach der Existenz Gottes im nachmetaphysischen Zeitalter aktueller denn je.Der Band versammelt die großen Gottesbeweise des Mittelalters und der Neuzeit ebenso wie die klassischen Einwände von Hume und Kant. Die sprachanalytische Debatte wird ausführlich dokumentiert und ein eigener Teil ist Kurt Gödel gewidmet,…mehr

Produktbeschreibung
Gottesbeweise gehören zu den großen Themen der abendländischen Philosophie. Im 20. Jahrhundert sind sie mit Hilfe der modernen Logik neu formuliert worden und auch in der analytischen Philosophie werden Gottesbeweise seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Offenkundig ist die Frage nach der Existenz Gottes im nachmetaphysischen Zeitalter aktueller denn je.Der Band versammelt die großen Gottesbeweise des Mittelalters und der Neuzeit ebenso wie die klassischen Einwände von Hume und Kant. Die sprachanalytische Debatte wird ausführlich dokumentiert und ein eigener Teil ist Kurt Gödel gewidmet, dessen ontologischer Beweis bis heute nicht stichhaltig widerlegt worden ist. Einleitende Essays führen in die Problematik der Gottesbeweise ein und bieten gut verständliche Rekonstruktionen der jeweiligen Beweisversuche.
Autorenporträt
Joachim Bromand ist Privatdozent am Institut für Philosophie der Universität Bonn. Guido Kreis ist Associate Professor für Philosophie an der Universität Aarhus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.09.2011

Der Weltbaumeister
1000 Jahre Gottesbeweise in einem Buch, und kein Ende?
Zwei ebenso unabweisbare wie aussichtslose philosophisch-metaphysische Grundfragen haben sich durch die Geschichte des Denkens gehalten: Warum ist überhaupt etwas und vielmehr nicht nichts? – an die sich immerhin noch Heidegger gewagt hat. Und die andere, verwandte, nach der Existenz Gottes, die insbesondere im frühen Mittelalter die Vernunft zu beschäftigen begann und seither nie ganz verstummt ist.
Nun hat, wer an den geoffenbarten Gott glaubt, eigentlich keine Beweise für dessen Existenz nötig. Doch zur Beruhigung des eigenen Intellekts wie auch zur Abwehr atheistischer oder agnostischer Argumente waren sie noch den frömmsten Theisten willkommen. Credo, ut intelligam, „ich glaube, um zu erkennen“, und nicht anders herum – diesen schon von Augustinus eingeführten, merkwürdigen Umgang mit Glauben und Wissen machte sich im elften Jahrhundert der Bischof Anselm von Canterbury zu eigen. Vor allem aber führte er den ersten apriorischen, erfahrungsunabhängigen, rein logisch aus dem Begrifflichen entwickelten Beweis für das reale Dasein Gottes, den von Immanuel Kant sogenannten ontologischen Gottesbeweis. Mit dieser Urform setzt denn auch der voluminöse, von Joachim Bromand und Guido Kreis edierte, eingehend kommentierende und analysierende neue Sammelband über Gottesbeweise ein.
Gott wird als etwas vorgestellt, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Um aber das Größte zu sein, darf es nicht allein im Verstand (in intellectu) vorkommen, sondern auch in der Wirklichkeit (in re). In Anselms Worten: „Denn es kann gedacht werden, dass es etwas gibt, von dem nicht gedacht werden kann, dass es nicht existiert; und das ist größer als dasjenige, von dem gedacht werden kann, dass es nicht existiert.“ Der Gedanke eines Größten oder Vollkommensten muss notwendig die Existenz dieses Etwas einschließen, sonst widerspräche sich der Gedanke selbst.
Bromand und Kreis zerlegen Anselms Beweis in neun Schritte, anhand derer sie Stärken wie Schwächen der Beweisführung erklären. Als zu schwach wird nebenbei die schlaue Annahme Anselms befunden, auch der Atheist habe zumindest einen vagen Begriff von Gott. Denn dem hartgesottenen Atheisten ist ja schon das Wort oder gar der Name Gott nicht mehr als ein Stimmhauch – flatus vocis, wie die Nominalisten es nannten –, und gelehrte Substitute für IHN, wie ens perfectissimum, summum bonum oder auch absolutum halten sie für zwanghafte, abstrakte Kopfgeburten.
Anselms Beweis hat gleichwohl in der Folge die bedeutendsten Denker nicht ruhen lassen; sie haben sich zu seiner Festigung oder zu seiner Widerlegung ihre eigenen Lesarten zurechtgemacht, wie die in dem Suhrkamp-Band zitierten Originaltexte zeigen. Schon ein Zeitgenosse Anselms brachte gegen den Bischof den naheliegenden, wenn auch seinerseits fragwürdigen Einwand vor, es ließe sich demnach etwa die Existenz der vollkommensten Insel denken, denn existierte sie nicht, wäre sie nicht die vollkommenste. Anselm hat darauf ausweichend repliziert, seine Argumentation sei ausschließlich auf den Gottesbegriff anwendbar.
Von Thomas von Aquin, der die Ableitung der Existenz aus reiner Begriffsanalyse verwirft und auf Empirie sich berufende Wege vorschlägt, über Leibniz’ Rekonstruktionen und Humes Skepsis gelangt man zu Immanuel Kants Kritik der Gottesbeweise. Kant bestritt unter anderem, dass Dasein überhaupt ein Prädikat oder eine Bestimmung „von irgendeinem Dinge“ sein könne und fand, dass letzten Endes alle Gottesbeweise scheitern müssten. Er überzeugte sich stattdessen „von dem moralischen Beweise des Daseins Gottes“, doch das ist kein strenger Beweis, nur ein Postulat, aber das benötigte er, so Guido Kreis, um systeminterne Ungereimtheiten zu beseitigen.
Die schon auf die Antike zurückgehenden kosmologischen oder teleologischen Gottesbeweise weichen von den streng begrifflichen, ontologischen darin ab, dass sie sich aposteriorisch auf empirische Gegebenheiten in der Welt stützen und folglich die schwächeren sind. Beide Beweise schließen, kurz gesagt, von einer – vermeintlichen – Zweckmäßigkeit und Ordnung der Welt auf einen rauschebärtigen Weltenbaumeister oder Urheber. Diese Beweise halten schon einer (in diesem Buch nicht berücksichtigten) ideologiekritischen Analyse nicht stand, wie sie etwa Ernst Topitsch durchgeführt hat. Der Trick ist: Man projiziert bei beiden Beweisen menschliches Handeln oder Handwerken auf den Kosmos und reprojiziert danach das so idealisierte Weltbild auf unser Handeln und Werten.
In jüngster Zeit haben die Beweisversuche der Religionsphilosophen Richard Swinburne und Alvin Plantinga von sich reden gemacht. Beide haben Anselms Beweis neu formuliert; Plantinga hat sich im Übrigen für das Intelligent-Design-Movement engagiert. Bissig-ironische Kritik erfuhr „St. Alvin“ von dem australischen Philosophen John L. Mackie, der eine der scharfsinnigsten Auseinandersetzungen mit dem „Wunder des Theismus“ geliefert hat. Erstaunlicherweise kommt er im vorliegenden Band nur in Fußnoten vor. Großes Gewicht wird hingegen auf den mit Hilfe moderner Modallogik (mit den Begriffen „notwendig“ und „möglich“) geführten ontologischen Gottesbeweis des genialen Mathematikers und Logikers Kurt Gödel gelegt, wonach Gott als Wesen aller positiven Eigenschaften notwendig existieren muss. Gödels Beweis gilt bis heute als unwiderlegt, doch in der Konklusion mag Gott erscheinen; der Teufel sitzt, wie so oft, in den Prämissen (Axiomen).
Spätestens seit Friedrich Nietzsche galt er als tot – ist Gott jetzt dank moderner Logik und Semantik wieder auferstanden, ungeachtet dessen, dass Kant uns davon überzeugt hat, mit der Gottesfrage an unüberschreitbare Grenzen der Erkenntnis zu stoßen? Wäre demnach in unserer nachmetaphysischen Ära die Gottsuche nur mehr eine Art Denksport der Unverdrossenen? Wer will, kann Bromands und Kreis’ aufwendiges Werk (das eine Hardcover-Ausgabe verdient hätte) als Summa oder als Schlussstrich unter die Gottesbeweisaufnahme ansehen. WILLY HOCHKEPPEL
JOACHIM BROMAND, GUIDO KREIS (Hrsg.): Gottesbeweise von Anselm bis Gödel. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011. 712 Seiten, 20 Euro.
Die Ableitung der Existenz Gottes
ist heute so etwas wie der
Denksport der Unverdrossenen
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Woran der Rezensent selber glaubt, ob an den Rauschebart mit Urknallqualitäten oder doch eher an Kurt Gödels ontologischen Gottesbeweis im Sinne einer Gesamtheit aller denkbaren positiven Eigenschaften, bleibt sein Geheimnis. Einstweilen liest Willy Hochkeppel den vorliegenden, von Joachim Bromand und Guido Kreis edierten, eingehend kommentierenden und (allerdings nicht ideologiekritisch) analysierenden Sammelband der Gottesbeweise als Summe einer gewaltigen Denksportaufgabe. Als eine solche, findet er, hätte der Band ein Hardcover verdient.

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