Mit der Vorstellung vom Dorfleben in früheren Epochen verbinden sich häufig ebenso romantisch verklärte wie zynische Klischees: das Idyll ungebrochener Gemeinschaft oder die Schrecken von Armut und Unmündigkeit. Am Beispiel von Graft, einem unscheinbaren Ort an der nordholländischen Küste, zeichnet der Autor ein ganz anderes, überraschendes Bild der Dorfgemeinschaft im siebzehnten Jahrhundert: Graft - eine Frühform des niederländischen Wohlfahrtsstaates. Schulen werden aus öffentlichen Geldern finanziert, die Frauen sind berufstätig und vertreten ihre Männer als Nachtwächterinnen, wenn diese auf See sind, Bedürftige werden aus Sozialfonds unterstützt und eine eigens gegründetet Versicherung kauft gefangene Matrosen frei. Van Deursen füllt sein Buch mit Leben. Er erzählt von Krämersfrauen, Ehebrechern und Landstreichern, die sich zu einem Trinkgelage in der Kirche treffen, und von dem Tag, an dem das Dorf überschwenglich die Anschaffung der ersten Feuerspritze feierte.