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Die Kavalierstour gehört nicht allein dem 18. Jahrhundert an und betrifft nicht nur Italien. Sie ist die Endform jener Adelsreise, die bis weit ins Mittelalter zurückgeht und zunächst ganz andere Ziele kannte: Heidengrenzen, Heiligtümer und Höfe, dann Badeorte und Universitäten. Der Grund aber, weshalb diese Reisen unternommen wurden, blieb grundsätzlich der gleiche: Bildung und Ausbildung, nicht gelehrter, sondern lebenspraktischer Art. Die kulturellen Folgen sind beträchtlich: Hier liegen die Wurzeln der ganz Europa prägenden höfischen Kultur und des allgegenwärtigen Klassizismus. Erstmals…mehr

Produktbeschreibung
Die Kavalierstour gehört nicht allein dem 18. Jahrhundert an und betrifft nicht nur Italien. Sie ist die Endform jener Adelsreise, die bis weit ins Mittelalter zurückgeht und zunächst ganz andere Ziele kannte: Heidengrenzen, Heiligtümer und Höfe, dann Badeorte und Universitäten. Der Grund aber, weshalb diese Reisen unternommen wurden, blieb grundsätzlich der gleiche: Bildung und Ausbildung, nicht gelehrter, sondern lebenspraktischer Art. Die kulturellen Folgen sind beträchtlich: Hier liegen die Wurzeln der ganz Europa prägenden höfischen Kultur und des allgegenwärtigen Klassizismus. Erstmals wird in diesem Band der Versuch gemacht, dieses gesamteuropäische Phänomen in seiner ganzen chronologischen und materiellen Breite, in seinen Motiven, Formen und Wirkungen zu betrachten und zu erklären.
Autorenporträt
Dr. Werner Paravicini, geboren 1942 in Berlin, Studium der Geschichte und Romanistik, Promotion 1970, Habilitation 1982, lehrte von 1984 bis 1993 in Kiel und leitet seit Oktober 1993 das Deutsche Historische Institut Paris.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2005

Mit falschem Namen
Wer Incognito reiste, sparte Zeit und Geld
„Ich bin … hergekommen, ganz allein und unbekannt, auch hier observiere ich eine Art Incognito”, schrieb Goethe an seine Mutter Catharina Elisabeth aus Rom, wo er sich 1786 als Maler Miller aufhielt. Um unerkannt zu bleiben, bediente sich der Literat einer fingierten Existenz, mithin einer Praxis, die bis dahin von reisenden Adeligen angewandt worden war. Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten dieses spielerischen Umgangs mit dem eigenen Namen jenseits von Hochstapelei schildert der Historiker Norbert Conrads in seinem ebenso gelehrten wie unterhaltsamen Aufsatz „Das Incognito. Standesreisen ohne Konventionen”. In der frühen Neuzeit in Mode gekommen, diente das Reisen unter anderem Namen in den Blütezeiten der Kavalierstour vor allem der Vereinfachung der Reiseprozedur: „Ein Fürst, und sei es nur ein Prinz, der sich auf Reisen begab, wäre an jedem Ort und Hof verpflichtet gewesen, sich auf ein Begrüßungszeremoniell einzulassen, das jede Reise aufhalten und überaus kostspielig machen mußte. Da nun der erklärte Zweck solcher Reisen ein bildungspolitischer war, wäre das Studium der Sprachen, Sitten und Kulturen zu kurz gekommen.”
Der Aufsatz über das Incognito findet sich in dem Sammelband „Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert”, den der Leiter des Deutschen Historischen Instituts in Paris, Werner Paravicini, gemeinsam mit seinem Kollegen Rainer Babel herausgegeben hat (Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2005. 678 Seiten, 79 Euro). Die Publikation hat sich das Ziel gesetzt, die Bedeutung des Grand Tour für „die Entstehung einer gemeineuropäischen Kultur der Verhaltensformen und Verhaltensnormen” zu untersuchen. Die Ergebnisse sind nicht nur für Historiker interessant. Und immer wieder zeigen sich erstaunliche Parallelen zu heutigen Reisegewohnheiten, beispielsweise was die Auswahl der Sehenswürdigkeiten anbelangt.
FLORIAN WELLE
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