Angelika Schrobsdorff, die acht Jahre ihres Lebens in Bulgarien verbracht hat, fliegt dort hin, um sich selbst ein Bild zu machen.
Das Ende des Kommunismus war für die Völker Osteuropas der Beginn einer Hoffnung und zugleich eine Reise ins gesellschaftliche und ökonomische Elend. Eine Schriftstellerin wie Angelika Schrobsdorff, die dort acht Jahre ihres Lebens verbracht hat, kann das nicht kalt lassen. Sie kennt die Verhältnisse, hat sie doch als Kind mit ihrer Mutter, einer deutschen Jüdin, den Naziterror in Bulgarien überlebt. Jetzt will sie selbst helfen.
Als sie Anfang Dezember 1996 ein Anruf aus Sofia erreichte und ihre Nichte ihr von der Not und der Bedrückung der Menschen erzählte, machte sie sich spontan auf den Weg. Sie setzte sich in ihrer neugefundenen Heimat ins Flugzeug und flog in das Land ihres ehemaligen Exils. Während ihres Aufenthalts führte sie Gespräche mit alten und neuen Freunden und erlebte am Jahreswechsel den Beginn der Demonstrationen gegen die letzten Überreste des autoritären Regimes. Ihr Tagebuch ist ein Bericht aus erster Hand und ein erstaunliches literarisches Dokument.
Das Ende des Kommunismus war für die Völker Osteuropas der Beginn einer Hoffnung und zugleich eine Reise ins gesellschaftliche und ökonomische Elend. Eine Schriftstellerin wie Angelika Schrobsdorff, die dort acht Jahre ihres Lebens verbracht hat, kann das nicht kalt lassen. Sie kennt die Verhältnisse, hat sie doch als Kind mit ihrer Mutter, einer deutschen Jüdin, den Naziterror in Bulgarien überlebt. Jetzt will sie selbst helfen.
Als sie Anfang Dezember 1996 ein Anruf aus Sofia erreichte und ihre Nichte ihr von der Not und der Bedrückung der Menschen erzählte, machte sie sich spontan auf den Weg. Sie setzte sich in ihrer neugefundenen Heimat ins Flugzeug und flog in das Land ihres ehemaligen Exils. Während ihres Aufenthalts führte sie Gespräche mit alten und neuen Freunden und erlebte am Jahreswechsel den Beginn der Demonstrationen gegen die letzten Überreste des autoritären Regimes. Ihr Tagebuch ist ein Bericht aus erster Hand und ein erstaunliches literarisches Dokument.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.1998In der Glasmenagerie
Angelika Schrobsdorff reist nach Bulgarien und ist sprachlos
Schon mit ihrem Romanerstling "Die Herren" hat die hierzulande wenig bekannte Angelika Schrobsdorff sich einem Genre zugewandt, dem sie die Treue halten sollte. So wie diese Autorin das autobiographische Schreiben betreibt, ist eine solche Wahl nicht zuletzt als Gestus der Bescheidung zu verstehen. Denn die Erzählerin stellt sich mit uns auf eine Stufe und berichtet einfach, was sie erlebt hat. Die Wirkung kann frappierend sein.
In ihrem neuesten Werk erhebt die 1929 in Freiburg geborene und seit 1989 in Jerusalem lebende Autorin einen anderen Anspruch. "Grandhotel Bulgaria" will keineswegs nur berichten, das Buch will aufrütteln und Anklage erheben. Doch trotz aller Schreckensvisionen aus dem korrumpierten und ausgeplünderten Bulgarien, trotz allen Grübelns über jüdische und halbjüdische Identitäten, über West und Ost, Kapitalismus und Kommunismus, nationale Vorurteile, Minderheiten und Kriminalität legt man es am Ende unberührt beiseite.
Das ist eigenartig, denn der Autorin gelingen immer wieder Passagen voller Gefühl oder von kaum erträglicher Härte. Das Kind, das mühsam seine Enttäuschung über sein armseliges Weihnachtsgeschenk zu unterdrücken versucht, die Frau, die aus Hunger in einer Mülltonne wühlt, oder das alte Ehepaar, das sich in die Scheinwelt seiner Glasmenagerie flüchtet, sind Wirklichkeitssplitter, die das Elend eines betrogenen Volkes einfangen. Doch der wache Blick genügt der Autorin nicht. Angelika Schrobsdorff meint, uns auf Schritt und Tritt ihre Überlegenheit und Abgeklärtheit unter Beweis stellen zu müssen. Leider kommt sie dabei stilistisch immer wieder ins Stolpern, und die forcierte Lässigkeit verrät sich als erkünstelte Pose. Nicht nur grammatische Schnitzer machen da mißtrauisch (die Nichte ist zum Beispiel "ein Mensch, der immer sagt, was ihr auf dem Herzen liegt"), vor allen Dingen widersinnige Stimmungsbilder verraten die Unsicherheit der Autorin. Da findet sich ein "anheimelnder Raum", der den Betrachter "kalt und gähnend leer" anstarrt, und da gibt es die "vollendete Schönheit gregorianischer Gesänge" während eines katholischen Gottesdienstes, den die Verfasserin noch im selben Satz dann doch als "kult- und weihrauchgeschwängerte Inszenierung" abtut. Der abrupte Wechsel zwischen Genres und Stimmungen wirkt an solchen Stellen nicht mehr als intelligente Antwort auf eine widersprüchlich erfahrene Wirklichkeit, sondern offenbart sich als Kapitulation vor ihr, wenn nicht gar als schiere Gleichgültigkeit.
Hätte Angelika Schrobsdorff allein die gesehenen Bilder sprechen lassen, ihre Erzählung hätte zu einem literarischen Zeitzeugnis werden können. Aber das Werten ohne jeden Wertmaßstab läßt den Text im unverbindlichen Räsonieren einer einsam Wandernden verbleiben. RÜDIGER BRAUN
Angelika Schrobsdorff: "Grandhotel Bulgaria - Heimkehr in die Vergangenheit". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997. 278 S., br., 26,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Angelika Schrobsdorff reist nach Bulgarien und ist sprachlos
Schon mit ihrem Romanerstling "Die Herren" hat die hierzulande wenig bekannte Angelika Schrobsdorff sich einem Genre zugewandt, dem sie die Treue halten sollte. So wie diese Autorin das autobiographische Schreiben betreibt, ist eine solche Wahl nicht zuletzt als Gestus der Bescheidung zu verstehen. Denn die Erzählerin stellt sich mit uns auf eine Stufe und berichtet einfach, was sie erlebt hat. Die Wirkung kann frappierend sein.
In ihrem neuesten Werk erhebt die 1929 in Freiburg geborene und seit 1989 in Jerusalem lebende Autorin einen anderen Anspruch. "Grandhotel Bulgaria" will keineswegs nur berichten, das Buch will aufrütteln und Anklage erheben. Doch trotz aller Schreckensvisionen aus dem korrumpierten und ausgeplünderten Bulgarien, trotz allen Grübelns über jüdische und halbjüdische Identitäten, über West und Ost, Kapitalismus und Kommunismus, nationale Vorurteile, Minderheiten und Kriminalität legt man es am Ende unberührt beiseite.
Das ist eigenartig, denn der Autorin gelingen immer wieder Passagen voller Gefühl oder von kaum erträglicher Härte. Das Kind, das mühsam seine Enttäuschung über sein armseliges Weihnachtsgeschenk zu unterdrücken versucht, die Frau, die aus Hunger in einer Mülltonne wühlt, oder das alte Ehepaar, das sich in die Scheinwelt seiner Glasmenagerie flüchtet, sind Wirklichkeitssplitter, die das Elend eines betrogenen Volkes einfangen. Doch der wache Blick genügt der Autorin nicht. Angelika Schrobsdorff meint, uns auf Schritt und Tritt ihre Überlegenheit und Abgeklärtheit unter Beweis stellen zu müssen. Leider kommt sie dabei stilistisch immer wieder ins Stolpern, und die forcierte Lässigkeit verrät sich als erkünstelte Pose. Nicht nur grammatische Schnitzer machen da mißtrauisch (die Nichte ist zum Beispiel "ein Mensch, der immer sagt, was ihr auf dem Herzen liegt"), vor allen Dingen widersinnige Stimmungsbilder verraten die Unsicherheit der Autorin. Da findet sich ein "anheimelnder Raum", der den Betrachter "kalt und gähnend leer" anstarrt, und da gibt es die "vollendete Schönheit gregorianischer Gesänge" während eines katholischen Gottesdienstes, den die Verfasserin noch im selben Satz dann doch als "kult- und weihrauchgeschwängerte Inszenierung" abtut. Der abrupte Wechsel zwischen Genres und Stimmungen wirkt an solchen Stellen nicht mehr als intelligente Antwort auf eine widersprüchlich erfahrene Wirklichkeit, sondern offenbart sich als Kapitulation vor ihr, wenn nicht gar als schiere Gleichgültigkeit.
Hätte Angelika Schrobsdorff allein die gesehenen Bilder sprechen lassen, ihre Erzählung hätte zu einem literarischen Zeitzeugnis werden können. Aber das Werten ohne jeden Wertmaßstab läßt den Text im unverbindlichen Räsonieren einer einsam Wandernden verbleiben. RÜDIGER BRAUN
Angelika Schrobsdorff: "Grandhotel Bulgaria - Heimkehr in die Vergangenheit". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997. 278 S., br., 26,- DM.
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"Sie liefert uns den zweifellos autobiographischen Bericht über diese Reise höchst lebendig und anschaulich - dank ihrer damenhaften Launigkeit auch amüsant." 'Spiegel'