This is the opus magnum of one of the world's most renowned experts on the history of economic thought, Bertram Schefold. It contains commentaries from the series Klassiker der Nationalökonomie (Classics of Economics), which have been translated into English for the first time. Schefold's choices of authors for this series, which he has edited since 1991, and his comments on the various re-edited works, are proof of his highly original and thought-provoking interpretation of the history of economic thought. Together with a companion volume, Great Economic Thinkers from Antiquity to the Historical School: Translations from the series Klassiker der Nationalökonomie, this book is a collection of English translations with introductions by Bertram Schefold. The emphasis of this volume is on the theoretical debates, from the theory of value to imperfect completion; from money to the institutional framework of society; and from the history of economic thought to pioneering works in mathematical economics. This volume is an important contribution to the history of economic thought, not only because it delivers original and fresh insights about well-known figures, such as Marx, Stackelberg, Sraffa, Samuelson, Tooke, Hilferding, Schmoller and Chayanov, but also because it deals with ideas and authors who have been forgotten or neglected in previous literature. This volume is of great interest to those who study the history of economic thought, economic theory and philosophy, as well as those who enjoyed the author's previous volume, Great Economic Thinkers from Antiquity to the Historical School.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.10.2018Ein Gelehrtenwerk
Eine Universalgeschichte ökonomischen Denkens
Die vom Verlag Wirtschaft und Finanzen herausgegebene, 100 Bände umfassende Reihe "Klassiker der Nationalökonomie" zählt zu den editorischen Meisterleistungen der vergangenen Jahrzehnte auf dem Gebiet der ökonomischen Literatur. Die Idee war ebenso einfach wie brillant: Herausgegeben wurde ein Nachdruck der Erstausgabe eines als klassisch eingestuften Werks in Verbindung mit einem von modernen Fachgelehrten, darunter Trägern des Nobel-Gedenkpreises für Wirtschaftswissenschaften verfassten Kommentarband. Herausgegeben wurde die Reihe anfangs von Horst Claus Recktenwald und, nach dessen frühem Tod, von dem Frankfurter Ökonomen Bertram Schefold, der zu den führenden Kennern der Geschichte ökonomischer Theorien in der Welt zählt.
Im Jahre 2004 hatte der Schefold-Schüler Volker Caspari eine Reihe der für die Klassiker-Edition verfassten Beiträge Schefolds in deutscher Sprache herausgegeben ("Beiträge zur ökonomischen Dogmengeschichte"). Nunmehr hat der Verlag Routledge eine umfangreichere Veröffentlichung der Schriften Schefolds in zwei Bänden auf den Markt gebracht. Die ist ein Zeugnis nicht nur der Belesenheit ihres Verfassers, sondern auch Beleg für eine nicht selbstverständliche Aufrichtigkeit. Denn Schefold, der über die Jahre persönlich der von Smith über Ricardo zu Marx und Mill reichenden Klassischen Schule eng verbunden geblieben ist, gibt sich große Mühe, den in der Klassiker-Edition vorgestellten Autoren Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem er sie in ihre jeweilige Zeit einordnet.
Damit verbindet Schefold, der einer Gelehrtenfamilie entstammt und weit jenseits der Wirtschaftswissenschaften geforscht und publiziert hat, einen kulturgeschichtlichen Anspruch. "Die meisten Ökonomen sind vermutlich überwiegend Materialisten, indem sie dem Niveau der Technologie eine bestimmende Rolle zuerkennen und kulturellen Faktoren als autonomen Kräften, die Institutionen bilden und das Verhalten beeinflussen, nur eine bescheidene Bedeutung zumessen", schreibt Schefold in der Einführung, mit der er einen Bogen von der traditionellen Geschichte ökonomischer Theorien zu einer Universalgeschichte ökonomischen Denkens schlagen will. "Ein Einwand gegen die materialistische Interpretation der Geschichte ist, dass sie keinen Raum für die kreative Kraft politischer, sozialer und religiöser Bewegungen lässt. Ist es wirklich möglich, nur auf die formalen ökonomischen Institutionen zu schauen, wenn wir, beispielsweise, die Unterschiede zwischen dem Römischen Reich und dem mittelalterlichen Italien oder dem mittelalterlichen Nordafrika verstehen wollen?"
Schefold lädt den Leser ein, die Geschichte des ökonomischen Denkens nicht in erster Linie als eine Disziplin zu verstehen, die beantworten will, wer als frühester Autor einen vielleicht noch heute wichtigen Gedanken geäußert hat. "Diese Arbeiten sind nur dann wirklich interessant, wenn wir eine ,politische' Dimension in ihnen erkennen und versuchen, sie als Ausdruck eines Willens zur Formung, zur Bewahrung oder zur Änderung der Welt zu interpretieren", schreibt er. "Wir verstehen diese Texte, indem wir die Anliegen der Autoren und ihrer Zeitgenossen identifizieren. Wir müssen daher bereit sein, die Texte und ihre Konzepte zu nutzen, um die Bedeutung der historischen Situation zu erkennen."
Der erste Band umfasst Arbeiten Schefolds zu Autoren von der Antike über das Mittelalter und die Scholastik und den Merkantilismus bis zur deutschen Historischen Schule, die im Wilhelminischen Kaiserreich ihren Höhepunkt erlebte. Eine kleine Auswahl der von Schefold behandelten Arbeiten seien genannt: Xenophons "Oikonomios" gehört ebenso dazu wie Ciceros "De Officiis", William Pettys "Political Arithmetick", James Steuarts monumentale "Principles", Hans von Mangoldts "Grundriss der Volkswirthschaftslehre", Karl Knies' "Das Geld" und Max Webers "Protestantische Ethik".
Ergänzt wird dieses Panorama um ein Kapitel mit Arbeiten sogenannter "asiatischer Klassiker", darunter Ibn Khalduns Arbeit zur wirtschaftlichen Entwicklung. Von der Überzeugung geleitet, dass eine Universalgeschichte ökonomischen Denkens nicht alleine Arbeiten behandeln darf, die in einem weiteren Sinne der europäischen Tradition entstammen und der auch die amerikanische Literatur zugerechnet werden kann, hat Schefold über viele Jahre asiatischen ökonomischen Autoren nachgespürt.
Im zweiten Band arbeitet sich der Frankfurter Ökonom von den Klassikern, angefangen mit John Locke, über Vertreter der neoklassischen Schule und Autoren des Institutionalismus bis zu modernen Autoren, wobei die Moderne mit Autoren wie Paul Samuelson, John Hicks, Alfred Müller-Armack und Wilhelm Röpke endet. Die beiden letzten Namen deuten auch an, dass die Herausgeber der Edition in der Wahl der Autoren den deutschen Sprachraum besonders im Blick hatten.
Da die beiden Bände Aufsätze zusammenfassen, liegt hier kein in sich geschlossenes Werk vor, auch wenn Schefold die einzelnen Beiträge in Einleitungen zusammenfügt. Noch kann mit den zwei Bänden Vollständigkeit angestrebt werden, weil Schefold zwar zu vielen Bänden der Klassiker-Edition die Einführung geschrieben hat, aber eben nicht zu allen. So fehlt ein Kapitel zu David Ricardo, ein von Schefold besonders geschätzter Ökonom. Demgegenüber ließe sich die Frage stellen, ob die zweifellos geistreichen "Untersuchungen über die Theorie des Preises" von Rudolf Auspitz und Richard Lieben in einer Klassiker-Edition unentbehrlich sind. Auch nicht alltäglich, aber schlichtweg famos ist hingegen der Beitrag über die im "Economic Journal" zwischen 1922 und 1933 geführte Debatte über Wettbewerb und Wachstum, die bis heute in der Wirtschaftstheorie nachwirkt.
GERALD BRAUNBERGER
Bertram Schefold: Great Economic Thinkers from Antiquity to the Historical School. Routledge. London und New York 2017. 458 Seiten. 68,45 Euro
Bertram Schefold: Great Economic Thinkers from the Classicals to the Moderns. Routledge. London und New York 2017. 450 Seiten. 99,70 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Universalgeschichte ökonomischen Denkens
Die vom Verlag Wirtschaft und Finanzen herausgegebene, 100 Bände umfassende Reihe "Klassiker der Nationalökonomie" zählt zu den editorischen Meisterleistungen der vergangenen Jahrzehnte auf dem Gebiet der ökonomischen Literatur. Die Idee war ebenso einfach wie brillant: Herausgegeben wurde ein Nachdruck der Erstausgabe eines als klassisch eingestuften Werks in Verbindung mit einem von modernen Fachgelehrten, darunter Trägern des Nobel-Gedenkpreises für Wirtschaftswissenschaften verfassten Kommentarband. Herausgegeben wurde die Reihe anfangs von Horst Claus Recktenwald und, nach dessen frühem Tod, von dem Frankfurter Ökonomen Bertram Schefold, der zu den führenden Kennern der Geschichte ökonomischer Theorien in der Welt zählt.
Im Jahre 2004 hatte der Schefold-Schüler Volker Caspari eine Reihe der für die Klassiker-Edition verfassten Beiträge Schefolds in deutscher Sprache herausgegeben ("Beiträge zur ökonomischen Dogmengeschichte"). Nunmehr hat der Verlag Routledge eine umfangreichere Veröffentlichung der Schriften Schefolds in zwei Bänden auf den Markt gebracht. Die ist ein Zeugnis nicht nur der Belesenheit ihres Verfassers, sondern auch Beleg für eine nicht selbstverständliche Aufrichtigkeit. Denn Schefold, der über die Jahre persönlich der von Smith über Ricardo zu Marx und Mill reichenden Klassischen Schule eng verbunden geblieben ist, gibt sich große Mühe, den in der Klassiker-Edition vorgestellten Autoren Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem er sie in ihre jeweilige Zeit einordnet.
Damit verbindet Schefold, der einer Gelehrtenfamilie entstammt und weit jenseits der Wirtschaftswissenschaften geforscht und publiziert hat, einen kulturgeschichtlichen Anspruch. "Die meisten Ökonomen sind vermutlich überwiegend Materialisten, indem sie dem Niveau der Technologie eine bestimmende Rolle zuerkennen und kulturellen Faktoren als autonomen Kräften, die Institutionen bilden und das Verhalten beeinflussen, nur eine bescheidene Bedeutung zumessen", schreibt Schefold in der Einführung, mit der er einen Bogen von der traditionellen Geschichte ökonomischer Theorien zu einer Universalgeschichte ökonomischen Denkens schlagen will. "Ein Einwand gegen die materialistische Interpretation der Geschichte ist, dass sie keinen Raum für die kreative Kraft politischer, sozialer und religiöser Bewegungen lässt. Ist es wirklich möglich, nur auf die formalen ökonomischen Institutionen zu schauen, wenn wir, beispielsweise, die Unterschiede zwischen dem Römischen Reich und dem mittelalterlichen Italien oder dem mittelalterlichen Nordafrika verstehen wollen?"
Schefold lädt den Leser ein, die Geschichte des ökonomischen Denkens nicht in erster Linie als eine Disziplin zu verstehen, die beantworten will, wer als frühester Autor einen vielleicht noch heute wichtigen Gedanken geäußert hat. "Diese Arbeiten sind nur dann wirklich interessant, wenn wir eine ,politische' Dimension in ihnen erkennen und versuchen, sie als Ausdruck eines Willens zur Formung, zur Bewahrung oder zur Änderung der Welt zu interpretieren", schreibt er. "Wir verstehen diese Texte, indem wir die Anliegen der Autoren und ihrer Zeitgenossen identifizieren. Wir müssen daher bereit sein, die Texte und ihre Konzepte zu nutzen, um die Bedeutung der historischen Situation zu erkennen."
Der erste Band umfasst Arbeiten Schefolds zu Autoren von der Antike über das Mittelalter und die Scholastik und den Merkantilismus bis zur deutschen Historischen Schule, die im Wilhelminischen Kaiserreich ihren Höhepunkt erlebte. Eine kleine Auswahl der von Schefold behandelten Arbeiten seien genannt: Xenophons "Oikonomios" gehört ebenso dazu wie Ciceros "De Officiis", William Pettys "Political Arithmetick", James Steuarts monumentale "Principles", Hans von Mangoldts "Grundriss der Volkswirthschaftslehre", Karl Knies' "Das Geld" und Max Webers "Protestantische Ethik".
Ergänzt wird dieses Panorama um ein Kapitel mit Arbeiten sogenannter "asiatischer Klassiker", darunter Ibn Khalduns Arbeit zur wirtschaftlichen Entwicklung. Von der Überzeugung geleitet, dass eine Universalgeschichte ökonomischen Denkens nicht alleine Arbeiten behandeln darf, die in einem weiteren Sinne der europäischen Tradition entstammen und der auch die amerikanische Literatur zugerechnet werden kann, hat Schefold über viele Jahre asiatischen ökonomischen Autoren nachgespürt.
Im zweiten Band arbeitet sich der Frankfurter Ökonom von den Klassikern, angefangen mit John Locke, über Vertreter der neoklassischen Schule und Autoren des Institutionalismus bis zu modernen Autoren, wobei die Moderne mit Autoren wie Paul Samuelson, John Hicks, Alfred Müller-Armack und Wilhelm Röpke endet. Die beiden letzten Namen deuten auch an, dass die Herausgeber der Edition in der Wahl der Autoren den deutschen Sprachraum besonders im Blick hatten.
Da die beiden Bände Aufsätze zusammenfassen, liegt hier kein in sich geschlossenes Werk vor, auch wenn Schefold die einzelnen Beiträge in Einleitungen zusammenfügt. Noch kann mit den zwei Bänden Vollständigkeit angestrebt werden, weil Schefold zwar zu vielen Bänden der Klassiker-Edition die Einführung geschrieben hat, aber eben nicht zu allen. So fehlt ein Kapitel zu David Ricardo, ein von Schefold besonders geschätzter Ökonom. Demgegenüber ließe sich die Frage stellen, ob die zweifellos geistreichen "Untersuchungen über die Theorie des Preises" von Rudolf Auspitz und Richard Lieben in einer Klassiker-Edition unentbehrlich sind. Auch nicht alltäglich, aber schlichtweg famos ist hingegen der Beitrag über die im "Economic Journal" zwischen 1922 und 1933 geführte Debatte über Wettbewerb und Wachstum, die bis heute in der Wirtschaftstheorie nachwirkt.
GERALD BRAUNBERGER
Bertram Schefold: Great Economic Thinkers from Antiquity to the Historical School. Routledge. London und New York 2017. 458 Seiten. 68,45 Euro
Bertram Schefold: Great Economic Thinkers from the Classicals to the Moderns. Routledge. London und New York 2017. 450 Seiten. 99,70 Euro
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