Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universität Wien (Germanistik), Veranstaltung: SE: Die Wiener Gruppe, Sprache: Deutsch, Abstract: Die gemeinsame Wurzel von Musik und Sprache begründet Rühm damit, dass die Momente der Stimmgebung phylogenetisch und ontogenetisch älter sind als die Zeichensprache. Die Lautdichtung etwa lässt sich bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurückverfolgen. Der Mitteilungscharakter von Lautgesten ist ein weiterer Aspekt der Gemeinsamkeiten von Musik und Sprache. Auch die Sprache folgt musikalischen Parametern, wie Sprachmelodie, Phrasierung, Rhythmus, Tempo, Dynamik (=Lautstärke) und Klangfarbe, die wiederum abhängig von den Obertönen, genauer gesagt vom Obertonspektrum ist. Diese Parameter aber sagen etwas über die Stimmung der Sprecher aus. Unbegriffliche Lautäußerungen sind Ausdruck einer aufgerührten Seele, ähnlich einer religiösen Ekstase, Gemütsbewegung verpackt sich nicht inWörter, deshalb wird auf den emotional artikulierten Einzellaut als kleinste sprachliche Einheit zurückgegriffen und mit allen Nuancen der Sprechstimme (Tonlage, Tempo, etc.) gearbeitet. Durch den Einfluss Wittgensteins wollte man zu einer reinen "Urform" der Sprache, die keinen Sinn und Inhalt hat, aber Assoziationen zulässt, zurückkehren.Besonders hervorzuheben sind jedoch die Einflüsse des "Sturm"-Expressionismus auf die akustischen Komponenten der Dichtung Gerhard Rühms. Rühms musikalische Kompositionen bewegen sich zwischen seriellen Verfahren und radikaler Reduktion bis hin zu synthetisch produzierten Tonbandstücken. Gerhard Rühms "auditive poesie" bewegt sich im Grenzbereich zwischen Musik und Sprache. "textmusik" und "tondichtungen" sind Auseinandersetzungen mit Grenzbereichen des Ausdrucks, hier vollzieht sich eine Sublimierung der Sprache in Musik, d.h. Sprache geht in Musik über, wodurch sich eine Verwandlung des Definitiven ins Vieldeutige vollzieht, eine Verwandlung des bloß Repräsentierenden in Präsentation. Gegenständliche Titel schaffen allerdings Assoziationsfelder. Bei der Verschmelzung zwischen Musik und Sprache entsteht etwas "metasprachliches", bzw. etwas "metamusikalisches". [...]Im Werk Gerhard Rühms kam es im Laufe der Jahre zu immer zahlreicheren Grenzüberschreitungen zwischen den einzelnen Künsten, wie etwa zwischen Literatur und Musik, aber auch bildender Kunst und Musik. Collagen, bei denen es zu einem Zusammenwirken von Text, Bild und Musik kommt, bezeichnet Rühm als "liederbilder". Diese Werke stellen eine absolute Aufhebung der Grenzen zwischen den drei Künsten dar.
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