Mit dem E-Bike 1.500 km entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Der Autor nennt dies "eine lebensgeschichtliche Reise" - und das mit vollem Recht. Denn als Flüchtlingskind hat er beide deutschen Staaten selbst erlebt und hatte so einen glaubwürdigen Zugang zu den Gedanken und Gefühlen der Menschen, die ihm auf seiner Reise begegneten. Sein Erlebnisbericht ist in Tagebuchform gehalten und somit, ganz bewusst, ein Spiegel der heutigen Realität in all ihren Facetten. Dieses Buch ist somit eindringlich, ohne jemals belehrend zu sein, und informativ, ohne eine bestimmte Auffassung diktieren zu wollen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2020Der Teller voll, der Akku leer
Persönliche Reiseberichte haben Konjunktur, aber nur selten literarische Qualität. Sie gilt als weniger wichtig, wenn Erlebnisse und Begegnungen für sich sprechen. Das tun sie etwa, wenn sich ein Siebzigjähriger auf ein E-Bike schwingt, um über anderthalbtausend Kilometer der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze zu folgen. Heinrich Pingel, als Kind aus der DDR geflohen und heute in einem Verein zur Förderung von interkultureller Verständigung tätig, beschreibt seine Eindrücke und berichtet von Gesprächen mit Menschen, die den Eisernen Vorhang erlebt haben. Für Sehenswürdigkeiten interessiert er sich weniger. Auch die Tatsache, dass er mit dem "Grünen Band" des einstigen Sperrgebiets am größten Biotopverbund der Republik entlangradelt, ist ihm kaum der Rede wert. Zudem verfängt er sich im typischen Dilemma eines Reisenden, zwischen bedeutsamen und banalen Erlebnissen unterscheiden zu müssen. Ob das Frühstück in Eisfeld "ok" war, interessiert nicht jeden Leser. Dafür bleibt man von nassforschen Gesellschaftsanalysen und westlicher Besserwisserei verschont. Am Ende begreift man vor allem, von welch biographischer Bedeutung eine solch mühsame Reise durch die Geschichte des eigenen Landes ist. Und dass solche Abenteuer auch im fortgeschrittenen Alter möglich sind - dank des Zusatzmotors, der die vielen Anstiege zu bewältigen hilft. Solange der Akku nicht leer ist jedenfalls.
fitz
"Grenzgänger - Mit dem E-Bike 1.500 km auf dem Grünen Band" von Heinrich Pingel. Hober Verlag, Detmold 2019. 248 Seiten, 133 Abbildungen. Broschiert, 14,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Persönliche Reiseberichte haben Konjunktur, aber nur selten literarische Qualität. Sie gilt als weniger wichtig, wenn Erlebnisse und Begegnungen für sich sprechen. Das tun sie etwa, wenn sich ein Siebzigjähriger auf ein E-Bike schwingt, um über anderthalbtausend Kilometer der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze zu folgen. Heinrich Pingel, als Kind aus der DDR geflohen und heute in einem Verein zur Förderung von interkultureller Verständigung tätig, beschreibt seine Eindrücke und berichtet von Gesprächen mit Menschen, die den Eisernen Vorhang erlebt haben. Für Sehenswürdigkeiten interessiert er sich weniger. Auch die Tatsache, dass er mit dem "Grünen Band" des einstigen Sperrgebiets am größten Biotopverbund der Republik entlangradelt, ist ihm kaum der Rede wert. Zudem verfängt er sich im typischen Dilemma eines Reisenden, zwischen bedeutsamen und banalen Erlebnissen unterscheiden zu müssen. Ob das Frühstück in Eisfeld "ok" war, interessiert nicht jeden Leser. Dafür bleibt man von nassforschen Gesellschaftsanalysen und westlicher Besserwisserei verschont. Am Ende begreift man vor allem, von welch biographischer Bedeutung eine solch mühsame Reise durch die Geschichte des eigenen Landes ist. Und dass solche Abenteuer auch im fortgeschrittenen Alter möglich sind - dank des Zusatzmotors, der die vielen Anstiege zu bewältigen hilft. Solange der Akku nicht leer ist jedenfalls.
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"Grenzgänger - Mit dem E-Bike 1.500 km auf dem Grünen Band" von Heinrich Pingel. Hober Verlag, Detmold 2019. 248 Seiten, 133 Abbildungen. Broschiert, 14,99 Euro.
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