Europa ist ein Grenzland (Karl Schlögel). Dessen Grenzen wurden zwar durch Überschreitungs- und Inklusionskonzepte in Frage gestellt, blieben aber doch präsent und erlebten überdies eine Renaissance, etwa in der zerfallenden Sowjetunion, im vormaligen Jugoslawien oder bei den aktuellen Autonomiebewegungen. Indes definieren nicht nur Nationalkulturen solche Grenzen, die lange nur als Konfliktlinien begriffen wurden; auch in einzelnen Staaten erscheinen verschiedenste Grenzgebiete, oft als riskante Zonen des Übergangs, der Überwachung und des Streits.Verhandelt werden Grenzen aber nicht nur politisch, sondern auch im Feld der Kultur. Hier erweisen sich Grenzregionen aller Art, konkret wie metaphorisch, stets als Auslöser und Gegenstand von Deutungsprozessen, die eine große Dynamik gewinnen können. Die Tagung untersucht vor diesem Hintergrund Verhandlungen von Grenzgebieten unterschiedlichster Art in der Literatur als einem der komplexesten Systeme menschlicher Selbstbeobachtung und-deutung.Mit der Frage nach Grenzrisiken soll eine ambivalente neue Metapher eingeführt werden: Als noch akzeptables Risiko verweist der Begriff auf eine Zone des Übergangs zwischen Sicherheit und Gefahr - bezogen auf semantische Territorialisierungen öffnet sich hier ein weites Spektrum bis zum Störfall der Grenzüberschreitung, in dem sich literarische Grenzerfahrung konstituiert: Wie entwickeln sich solche kulturellen Selbstbeschreibungsformeln um die Grenzen, wie treiben aus Grenzgebieten spezifische Erzählmuster hervor?
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