Die Annäherung der griechischen Tragödie an das malische Theater erfolgt mithilfe der vergleichenden Literaturwissenschaft und der Mythokritik. Die Analyse von Antigone und Une hyène à jeunun konzentriert sich auf die Bedeutungen der Überschreitungen zwischen dem Individuum und der Autorität. In jedem der Stücke werden zwei Königstragödien dargestellt: die von Theben, verkörpert durch die Labdakiden, und die von Wassoulou, die Touré. In ihrem dramatischen Verlauf entdecken wir die Konfrontation zwischen tragischen Figuren, denn die familiären Beziehungen, die sie pflegen, führen sie dazu, voneinander abweichende Handlungen zu begehen. Daraus ergibt sich die trotzige oder verräterische transgressive Figur. Der Verräter hat mit der Justiz zu kämpfen, die ihn bestrafen soll. Ob als Täter oder Opfer, Rächer oder Henker, der tragische Held wird von Hybris beherrscht, einem maßlosen Stolz, der ihn immer von der Übertretung in den Tod treibt. Die Tragödien von Sophokles und Massa Makan Diabaté enden mit dem Zusammenprall der Individualitäten durch den Gegensatz zwischen Pflichtbewusstsein und Liebe zur Macht. Diese zu Mythen gewordenen Figuren des Widerstands und des Autoritarismus sind in einem Konflikt gefesselt, dessen Ende die Tragödie ist.