Die Rückerinnerung an die Antike als vergessene Zeit und verlorenes Wissen ist seit Jacob Burckhardt das Kennzeichen der Renaissance in Europa. Für die Italiener, von Burckhardt als das Kernland der Renaissance ausgemacht, war der Bezug auf die römische Antike naheliegend. Erst mit dem Fall Konstantinopel wandten sie sich auch der griechischen Antike zu, die sie als intellektuelle Vorgeschichte der römischen Antike begriffen. Was für sie eher eine Kontinuität der politischen und kulturellen Entwicklung war, wurde für Deutsche und Franzosen seit dem 18. Jahrhundert, teilweise aber bereits…mehr
Die Rückerinnerung an die Antike als vergessene Zeit und verlorenes Wissen ist seit Jacob Burckhardt das Kennzeichen der Renaissance in Europa. Für die Italiener, von Burckhardt als das Kernland der Renaissance ausgemacht, war der Bezug auf die römische Antike naheliegend. Erst mit dem Fall Konstantinopel wandten sie sich auch der griechischen Antike zu, die sie als intellektuelle Vorgeschichte der römischen Antike begriffen. Was für sie eher eine Kontinuität der politischen und kulturellen Entwicklung war, wurde für Deutsche und Franzosen seit dem 18. Jahrhundert, teilweise aber bereits davor, zu einer Alternative, angesichts derer man sich entscheiden musste: Orientierte man sich an Griechenland oder an Rom? Griechenland wurde mit Philosophie und Dichtkunst, kulturellem Glanz und politischer Zersplitterung identifiziert; Rom dagegen mit politischer Machtentfaltung, sowohl in republikanischer als auch in imperialer Form und der Schaffung eines politisch wie militärisch gesicherten Verbreitungsraums für Zivilisation und Kultur. Von Winckelmann bis Thomas Mann ist die Oppositionsstellung zwischen Deutschland und Frankreich nach dieser Vorgabe beschrieben worden. Sie wurde zur Selbstverständigungsvorgabe beider Länder, die darüber ihre Identität kommunizierten und das jeweilige Gegenüber stereotypisierten. Diese Entwicklung, die erst mit dem Beginn der europäischen Einigung im 20. Jahrhundert politisch entschärft worden ist, wird hier in ihren vielfältigen Verschlingungen nachgezeichnet und analysiert.Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
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Autorenporträt
Münkler, HerfriedHerfried Münkler, geb. 1951, ist Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind Politische Theorie und Ideengeschichte. Einige seiner Veröffentlichungen hierzu gelten als Standardwerke, etwa Die neuen Kriege (2002), Imperien (2005), Die Deutschen und ihre Mythen (2009), Der Große Krieg (2013) sowie Der Dreissigjährige Krieg (2017). Für sein Werk erhielt Herfried Münkler zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Preis der Leipziger Buchmesse (2009), den Meyer-Struckmann-Preis der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (2009) sowie den Friedrich-Schiedel-Literaturpreis (2016).
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