Peter Wende verzichtet auf einen kompakten komprimierenden Abriss der britischen Geschichte zu Gunsten parallel angeordneter historischer Längsschnitte zu den Themen Wirtschaft und Gesellschaft, Verfassung und Machtstrukturen, Religion und Kirche, Großbritannien und Europa, Empire und Commonwealth, mit deren Hilfe die Geschichte des Auf- und Abstiegs der britischen Weltmacht erschlossen wird. Im Forschungsteil wird der Versuch unternommen, in erster Linie die Ergebnisse eines vielfältigen historischen Revisionismus zu präsentieren, der im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre auf nahezu allen Gebieten und für alle Epochen der neueren britischen Geschichte die Leitsätze der klassischen englischen liberalen Geschichtsschreibung in Frage gestellt hat.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.01.2002Wo liegt das Königreich?
Peter Wende durchstöbert fünfhundert Jahre britischer Geschichte
Gibt es überhaupt eine britische Geschichte? „Großbritannien” bezeichnet England, Schottland und Wales. Britannien ist der am weitesten gefasste Begriff, er umschließt das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. Inwieweit Irland seinen Platz in einer britischen Geschichte findet, ist strittig. Die politische Union Irlands mit England beschränkte sich auf die Jahre 1800 bis 1922, und für die katholischen Bürger blieb der Gegensatz zur protestantisch definierten britischen Nation maßgeblich. An der Grundtatsache, dass die Geschichte der britischen Inseln ganz wesentlich von England bestimmt wurde und über weite Strecken Schottland, Wales und Nordirland Objekt englischer Politik waren, kommt kein Standardwerk vorbei. Die 16-bändige Oxford History of England ist dafür sprechendes Beispiel. Auch Peter Wende ist im Band 32 der Reihe „Oldenbourg Grundriss der Geschichte” über „Großbritannien 1500-2000” diesem Ansatz gefolgt, wenn er englisch und britisch weit gehend synonym gebraucht.
Die Oldenbourg-Grundrisse sind seit Jahren bewährte Hilfsmittel vor allem für Studenten und Lehrer, die im scheinbar undurchsichtigen Dickicht der Forschungsliteratur nach Schneisen suchen. Denn die „Grundrisse” haben sich dem Überblick verschrieben. Sie sind übersichtlich gegliedert: Einem darstellenden Teil folgt eine Zusammenfassung über grundlegende Forschungstendenzen und Kontroversen. Ein dritter Teil fasst als Bibliografie die wichtigsten Werke aus Quellen und Literatur zusammen. Im Falle des Großbritannien-Grundrisses von Peter Wende sind dies 977 Titel – und dabei handelt es sich bei weitem nicht um eine erschöpfende Auflistung der wesentlichen Literatur über fünfhundert Jahre.
Wende weiß um dieses Dilemma. Er verzichtet auf Chronologie und bietet Längsschnitte durch Wirtschaft, Verfassung, Religion, Europa- und Empirepolitik: kurz und bündig, kundig und ausgewogen. Bei so viel Beschränkung muss naturgemäß auch vieles auf der Strecke bleiben. Die britische Politik im 20. Jahrhundert allein hätte mit ihrer Wirkungsmacht für die Gegenwart Stoff genug für einen eigenen Grundriss-Band gegeben. Hier liegen Grenzen, die man auch als Ansporn zu vertiefender Lektüre begreifen kann. Der Erforschung der britischen Geschichte hat Peter Wende mit seiner Einführung gleichwohl einen guten Dienst erwiesen.
ULRICH SCHLIE
PETER WENDE: Großbritannien 1500 – 2000 (Grundriss der Geschichte, Bd. 32). Oldenbourg, München 2001. 234 Seiten, br. 24,80 Euro, geb. 39,80 Euro.
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Peter Wende durchstöbert fünfhundert Jahre britischer Geschichte
Gibt es überhaupt eine britische Geschichte? „Großbritannien” bezeichnet England, Schottland und Wales. Britannien ist der am weitesten gefasste Begriff, er umschließt das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. Inwieweit Irland seinen Platz in einer britischen Geschichte findet, ist strittig. Die politische Union Irlands mit England beschränkte sich auf die Jahre 1800 bis 1922, und für die katholischen Bürger blieb der Gegensatz zur protestantisch definierten britischen Nation maßgeblich. An der Grundtatsache, dass die Geschichte der britischen Inseln ganz wesentlich von England bestimmt wurde und über weite Strecken Schottland, Wales und Nordirland Objekt englischer Politik waren, kommt kein Standardwerk vorbei. Die 16-bändige Oxford History of England ist dafür sprechendes Beispiel. Auch Peter Wende ist im Band 32 der Reihe „Oldenbourg Grundriss der Geschichte” über „Großbritannien 1500-2000” diesem Ansatz gefolgt, wenn er englisch und britisch weit gehend synonym gebraucht.
Die Oldenbourg-Grundrisse sind seit Jahren bewährte Hilfsmittel vor allem für Studenten und Lehrer, die im scheinbar undurchsichtigen Dickicht der Forschungsliteratur nach Schneisen suchen. Denn die „Grundrisse” haben sich dem Überblick verschrieben. Sie sind übersichtlich gegliedert: Einem darstellenden Teil folgt eine Zusammenfassung über grundlegende Forschungstendenzen und Kontroversen. Ein dritter Teil fasst als Bibliografie die wichtigsten Werke aus Quellen und Literatur zusammen. Im Falle des Großbritannien-Grundrisses von Peter Wende sind dies 977 Titel – und dabei handelt es sich bei weitem nicht um eine erschöpfende Auflistung der wesentlichen Literatur über fünfhundert Jahre.
Wende weiß um dieses Dilemma. Er verzichtet auf Chronologie und bietet Längsschnitte durch Wirtschaft, Verfassung, Religion, Europa- und Empirepolitik: kurz und bündig, kundig und ausgewogen. Bei so viel Beschränkung muss naturgemäß auch vieles auf der Strecke bleiben. Die britische Politik im 20. Jahrhundert allein hätte mit ihrer Wirkungsmacht für die Gegenwart Stoff genug für einen eigenen Grundriss-Band gegeben. Hier liegen Grenzen, die man auch als Ansporn zu vertiefender Lektüre begreifen kann. Der Erforschung der britischen Geschichte hat Peter Wende mit seiner Einführung gleichwohl einen guten Dienst erwiesen.
ULRICH SCHLIE
PETER WENDE: Großbritannien 1500 – 2000 (Grundriss der Geschichte, Bd. 32). Oldenbourg, München 2001. 234 Seiten, br. 24,80 Euro, geb. 39,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Wie eine Warnung schickt der Rezensent voraus, der Autor gebrauche englisch und britisch "weitgehend synonym", betrachte Schottland, Wales, Nordirland als "Objekt englischer Politik". Was dann folgt aber, ist eigentlich nur Lob. Für die Oldenbourg-Reihe, in welcher die Einführung erscheint (ein bewährtes Hilfsmittel für Studenten und Lehrer), die Gliederung des Bandes in einen darstellenden Teil, eine Zusammenfassung der Forschungstendenzen und eine Bibliografie. Und vor allem für die Ausgewogenheit der Beiträge zu Wirtschaft, Verfassung, Religion und Politik. Dass bei der üppigen Quellenlage (977 Titel nennt der Band) auf "nur" 234 Seiten vieles auf der Strecke bleiben muss, ist Ulrich Schlie schon klar. Nur nimmt er dies "als Ansporn zu vertiefender Lektüre" und dankt dem Autor einstweilen, der Erforschung der britischen Geschichte "gleichwohl einen guten Dienst" erwiesen zu haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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