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Ein Leben ohne Tobias kann Adrian sich nicht vorstellen: Sein kleiner Bruder ist immer gut gelaunt, und das nicht nur, wenn sie gemeinsam Motorrad fahren. Dass Tobias das Down-Syndrom hat, ist für Adrian kein Problem. Manchmal geht er mit ihm schwimmen, manchmal in den Zirkus, und an besonderen Tagen erzählt er Tobias sogar ein Geheimnis. Nur von Vilde, in die er furchtbar verliebt ist, hat Adrian noch nicht erzählt. Ob sein Bruder sie mögen würde? Der in Norwegen preisgekrönte Autor Sverre Henmo erzählt die unsentimentale und witzige Geschichte vom Erwachsenwerden zweier Brüder. Von Tobias…mehr

Produktbeschreibung
Ein Leben ohne Tobias kann Adrian sich nicht vorstellen: Sein kleiner Bruder ist immer gut gelaunt, und das nicht nur, wenn sie gemeinsam Motorrad fahren. Dass Tobias das Down-Syndrom hat, ist für Adrian kein Problem. Manchmal geht er mit ihm schwimmen, manchmal in den Zirkus, und an besonderen Tagen erzählt er Tobias sogar ein Geheimnis. Nur von Vilde, in die er furchtbar verliebt ist, hat Adrian noch nicht erzählt. Ob sein Bruder sie mögen würde? Der in Norwegen preisgekrönte Autor Sverre Henmo erzählt die unsentimentale und witzige Geschichte vom Erwachsenwerden zweier Brüder. Von Tobias und seiner Liebe zum Leben und von Adrian, der zuweilen glaubt, für die Eltern immer nur die Nummer zwei gewesen zu sein.
Autorenporträt
Sverre Henmo, 1968 in Oslo geboren, studierte Soziologie. Heute arbeitet er als Lehrer an einer Gesamtschule und schreibt Bücher für Kinder und Erwachsene. Seit 2008 ist er Leiter der Organisation norwegischer Kinder- und Jugendbuchautoren. Großer Bruder, kleiner Bruder ist sein erstes Buch bei Hanser.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.2010

Weil sie ein großes Herz hat
Zwei Bücher erzählen vom Leben mit Down-Syndrom

Irgend so eine dämliche Rotznase hat Zoe mal wieder gefragt, ob sie ihre Zwillingsschwester, "diesen Mongo", eigentlich adoptiert hätten. Klar, ist die schnippische Antwort, und zwar in der Mongolei. Alice hat das aufgeschnappt, und jetzt hat sie einen Floh im Ohr: Sie will unbedingt dorthin, mit der ganzen Familie. Und sie schafft es auch.

Eine Elfjährige mit Down-Syndrom, mongoloid, wie man früher unbedarft sagte, reist in die Mongolei: Zoes bissige Replik klingt tatsächlich eher nach einem Witz als nach einer literarischen Idee, die über zweihundert Seiten trägt. Aber Ulrike Kuckero ist mit "Alice im Mongolenland" ein so leichtes und ereignisreiches wie tiefsinniges Kinderbuch gelungen. Aus Zoes kindlicher, kluger Sicht erzählt sie von den Eigenheiten der Behinderung. Sie bewundert die wenige Minuten jüngere Schwester, die sich selbst fast gar nicht, anderen dafür umso besser helfen kann: "Alice ist ein besserer Mensch als ich und die meisten anderen Leute, weil sie ein großes Herz hat." Und sie leidet unter ihr, muss als Klügere sowieso immer nachgeben und in Alices Prinzessinnenphasen auch schon mal tagelang die Zofe spielen. Zoe erzählt von einer Reise mit eindrucksvollen Begegnungen, schrecklichen Stunden, als die Schwester auf einmal im unübersichtlichen Hügelland verschwunden ist, und einer zarten Liebe. Hier kommt der Mongolenjunge Bayaraa ins Spiel und zu Wort - und mit ihm ein fremder und unbefangener Blick auf Alices Behinderung. Bayaraas Großmutter nämlich hat hellsichtig wichtigen Besuch aus der Ferne vorhergesagt, und als Alice auf einmal vor dem Jungen in der Steppe steht, sich mit den Tieren der Nomaden verblüffend gut versteht und seine Großmutter noch dazu an ihre mit elf Jahren gestorbene Tochter erinnert, wird aus der behüteten Behinderten ein Herzen und Jurten öffnendes Häuptlingsmädchen.

In seinem Jugendbuch "Großer Bruder, kleiner Bruder" geht es Sverre Henmo nicht so sehr um verschiedene Blickwinkel auf die Behinderung als vielmehr um ihre familiären Folgen. Hier ist es der große Bruder, der erzählt: Adrian studiert in Oslo, fährt Motorrad, teilt sich mit dem kruden Otto eine Wohnung, liebt die eigenwillige Vilde, was nicht immer einfach ist, sucht auf altersübliche Art nach seinem Platz in der Welt, und wenn er mal wen zum Reden braucht, dann telefoniert er am liebsten mit Tobias. Obwohl der kleine Bruder mit Down-Syndrom, der im Lauf der Geschichte achtzehn wird, ihm nie einen klugen Rat wird geben können, obwohl er im Konkreten sowieso keine große Hilfe ist und obwohl seine Geburt damals eine Kluft zwischen Adrian und seine Eltern gerissen hat, bis heute spürbar als Sprachlosigkeit und Unbeholfenheit.

Adrian liebt seinen Bruder, aber bei seinen Eltern hält er es nicht aus. Zusammen mit Otto stößt und reibt er sich an gesellschaftlichen Regeln, aber die versuchten Normverstöße seines Freundes stoßen ihn ebenso ab wie der öde Beziehungsalltag, in den Otto mit seiner Freundin Marthe gerät. In Tobias haben die beiden ohnehin ihren Meister gefunden.

"Großer Bruder, kleiner Bruder" ist eigentlich ein Buch über das Erwachsenwerden, in dem Tobias mit seiner Behinderung als Kristallisationskern für Adrians Konflikte wirkt und ihm zugleich heimlichen Halt gibt in seinem freien, unabhängigen, nach Kräften wilden und dabei so empfindlichen Leben. Es ist ein cooles Buch, das Sverre Henmo da geschrieben hat, lässig im Ton, in den Gesten und Gestalten. Und, in seinem Blick auf den Erzähler, ein überraschend zärtliches Buch noch dazu.

FRIDTJOF KÜCHEMANN

Ulrike Kuckero: "Alice im Mongolenland". Mit Illustrationen von Maja Bohn. Thienemann Verlag, Stuttgart 2009. 224 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 10 J.

Sverre Henmo: "Großer Bruder, kleiner Bruder". Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs. Carl Hanser Verlag, München 2009. 224 S., br., 14,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.03.2010

Motorradfahren mit Discohits
Sverre Henmos Jugendroman über zwei sehr unterschiedliche Brüder
Tobias hat die wärmsten und weichsten Hände der Welt. Adrian spürt sie, wenn sie sich voller Vertrauen beim Motorradfahren um seinen Bauch schlingen. Bei 150 km/h singt Tobias so laut er kann Discohits, um seine Angst zu übertönen. Adrian verbringt mit seinem kleinen Bruder endlich einmal wieder einen „Tobiastag”. Früher war ihm der jüngere Bruder oft lästig, zu oft musste er auf ihn aufzupassen, ihn stets mitnehmen, wenn er sich zum Spielen traf. Tobias selber hatte keine Freunde, er fuhr viel zu lange mit einem Dreirad herum, und sein Mund war viel zu klein für seine Zunge.
„Wer ist das auf dem Foto?”, hatte Vilde gestern gefragt, während sie neben Adrian im Bett saß. „Mein kleiner Bruder!”, hatte er geantwortet, wohl wissend, mit welch gekünstelter Natürlichkeit sie versuchen würde, die obligatorische Nachfrage zu stellen: „Hat er Down?” Ja, Tobias hat das Down-Syndrom, er ist siebzehn und musste schon fünfundzwanzig Mal operiert werden. Adrian ist Anfang zwanzig und gesund. Er studiert lustlos spanische Literatur, wohnt mit seinem besten Freund Otto zusammen in einer Osloer Studentenbude und hat das Gefühl, ein viel größerer Versager zu sein als er geahnt hatte. Auf einer miesen Party verliebt er sich in die blonde Vilde, die zwar mit ihm schläft, aber am nächsten Morgen sofort wieder verschwindet. Otto ist Künstler. Jedenfalls behauptet er, dass seine Prominentengesichter aus Urintropfen die Kunstszene aufmischen würden. Er interessiert sich für alles: Ob Pornofotografen im Journalistenverband sind zum Beispiel und welchen Effekt es hat, wenn man in einem Gespräch auf einmal zu sabbern beginnt. Nichts und niemand ist vor seinem soziologischen Interesse und seinen abstrusen Versuchen sicher.
Immerhin bringt er dem kreischenden Tobias das Fahrradfahren bei.
Während die Examina in die Hosen gehen und das Erwachsenwerden sich nicht aufhalten lässt, will Adrian sich ein Leben ohne Tobias nicht mehr vorstellen. Dass sein kleiner Bruder anders ist, vergisst er meistens. Und wenn Tobias in seiner übergroßen Unterhose am Strand Sandburgen baut und aussieht wie eine Mischung aus riesigem Kind und traurigem alten Mann, dann möchte Adrian den Augenblick festhalten, weil er spürt, dass jeder mit ihm kostbar ist.
Der norwegische Jugendbuchautor Sverre Henmo (1968 geboren) erzählt in einem liebenswert-witzigen Ton die Geschichte von zwei sehr verschiedenen Brüdern, die sich lieben und gegenseitig brauchen. Zur großen Erleichterung des Lesers will das Buch keine „Reklame für mehr Menschlichkeit” sein, ist also frei von moralisierendem Pathos. Dass Tobias behindert ist, spielt eine nebensächliche Rolle in diesem Roman. Mit seinem starken Willen und seiner Liebe zum Leben beeindruckt und amüsiert er den Leser ebenso wie die beiden nicht behinderten Helden Adrian und Otto. Deswegen wundert man sich am Ende des Buches auch nicht, wenn er an seinem achtzehnten Geburtstag augenzwinkernd mit seiner „Liebsten” im Schlafzimmer verschwindet. (ab 14 Jahre) SIMON STRAUSS
SVERRE HENMO: Grosser Bruder, kleiner Bruder. Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs. Hanser 2009. 220 Seiten, 14,90 Euro.
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