Mitten in der Zeitenwende entflammt eine leidenschaftliche deutsch-deutsche Affäre, in der Iris erwachsen wird, Henry sich seiner Midlifekrise stellen und Leo die Grenzen seiner Kontrolle erfahren muss.Im Sommer 1989 will Henry Weber, Atomphysiker, seinem Leben in der Schwenninger Ereignislosigkeit entkommen und folgt der unerwarteten Einladung seines Cousins in den Osten. Dort verliebt er sich in die sechzehnjährige Iris. Doch die ist nicht nur einundzwanzig Jahre jünger als er, sondern auch Tochter von Leo Landowski, Offizier im Dienst der Staatssicherheit, betraut mit dem "Fall Weber". Landowskis Interesse an Henrys Meinung zur Lagerung abgebrannter Brennstäbe ist also nicht rein zufällig. Und Iris leidenschaftliche Gefühle für das Beschattungsziel ihres Vaters haben schon bald gravierende Konsequenzen für alle Beteiligten. Bastienne Voss schildert die Ungewissheit einer Zeitenwende mit feinem Sinn für Humor, Zwischentöne und menschliche Unzulänglichkeiten.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Bastienne Voss' individueller Wenderoman hat auf Rezensentin Miriam Zeh großen Eindruck gemacht. Die Berliner Autorin erzählt von der 16-jährigen Iris, die, nachdem sie erfährt, dass ihr Vater als Stasi-Spitzel arbeitet, selbst auch einen westdeutschen Nuklearspezialisten ausspionieren soll, in den sie jedoch verliebt ist. Dabei bedient sich die Autorin zwar durchaus einiger für die Thematik typischer Motive, stellt Zeh fest. Jedoch, und das gefällt der Rezensentin sehr gut, verarbeite sie diese Motive in ungewöhnlicher Weise und sehe unter anderem von klassischen Opfer-Täter-Zuschreibungen ab. Die Kritikerin betont außerdem, wie respektvoll die Autorin die Perspektiven ihrer Figuren und gerade auch deren Grenzen behandle, indem sie darauf verzichte, retrospektives Wissen in die Erzählung einzubinden - so bleibe zum Beispiel Iris' persönliche Erfahrung der Nacht des Mauerfalls "kraftvoll unkommentiert". Ein toll geschriebenes Buch, das zeigt, was die Literatur dem Geschichtsbuch voraushat, lobt die Kritikerin und lernt: Deutsch-deutsche Geschichte ist noch lange nicht auserzählt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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