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B Wie renoviert man die Erde? S Industrieller Raubbau hat weltweit viele Gegenden verwüstet. Die Erde hat, besonders in den Industrieländern, Ideen zu ihrer (Neu-)Gestaltung dringend nötig. Zu den ganz wenigen Experten, die weltweit solche Aufgaben in Angriff nehmen, gehören die beiden Landschaftskünstler Helen Mayer Harrison und Newton Harrison aus Kalifornien. In beeindruckenden Texten berichten sie von ihren Projekten wie dem Bitterfelder Chemiedreieck in Sachsen-Anhalt oder dem "Grünen Herz" Hollands. Von Landschaften, für die sie eine neue Identität geschaffen haben. Und sie stellen ihren…mehr

Produktbeschreibung
B Wie renoviert man die Erde? S Industrieller Raubbau hat weltweit viele Gegenden verwüstet. Die Erde hat, besonders in den Industrieländern, Ideen zu ihrer (Neu-)Gestaltung dringend nötig. Zu den ganz wenigen Experten, die weltweit solche Aufgaben in Angriff nehmen, gehören die beiden Landschaftskünstler Helen Mayer Harrison und Newton Harrison aus Kalifornien. In beeindruckenden Texten berichten sie von ihren Projekten wie dem Bitterfelder Chemiedreieck in Sachsen-Anhalt oder dem "Grünen Herz" Hollands. Von Landschaften, für die sie eine neue Identität geschaffen haben. Und sie stellen ihren neuesten und ehrgeizigsten Plan vor - eine Vision für ein grünes Landschaftsnetz in Europa. Fünf weitere Autoren aus aller Welt ergänzen den Band mit ihren Schilderungen. Sie erzählen über die Landschaft, in der sie leben, und die Gefahren, denen die Natur dort ausgesetzt ist.
Autorenporträt
Helen Mayer Harrison und Newton Harrison teilten sich eine Professur für Visuelle Kunst an der University of California in San Diego. 1993 gründeten sie das Harrison Studio und sind jetzt wieder hauptberufliche Künstler. Seit 1971 zeigen sie weltweit - von New York bis Nagoya, von Venedig bis Bonn - in Hunderten von Ausstellungen und Einzelprojekten Visionen und Konzepte für die Reparatur von zerstörten Landschaften. Ihr jüngstes großes Ausstellungsprojekt in Deutschland war "Gefährdete Wiesen in Europa" in der Bundeskunsthalle Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.1999

Das so genannte Genie der Expo

Die Wende vom zwanzigsten zum einundzwanzigsten Jahrhundert gibt Anlass zur Besinnung. Nie da gewesene Umbrüche kündigen sich an und Krisen, die wir uns in ihren Ausmaßen kaum vorstellen können. Da marschieren verständlicherweise selbst die letzten Reserven der mittlerweile allseits bekannten irrationalistischen Krisenreaktionskräfte auf. Propheten, Hellseher und Sterndeuter blasen zur Großoffensive und bedienen ihre zahlreich vorhandene mythenhungrige und bekehrungsanfällige Klientel mit orakelnden, beschwörenden Publikationen, die sich seit Jahren schon mit kaninchenartiger Produktivität vermehren.

Wer sich zumindest einen Rest Verstand und Aufgeklärtheit bewahrt hat, wird dies kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen und sich enerviert fragen, ob denn nichts Seriöseres auffindbar ist, wenn man denn schon einen interessierten Blick werfen möchte auf etwas, das es noch nicht gibt: Zukunft. Damit ist auch bereits das Dilemma aller so genannten Zukunftsforschung benannt, nämlich die Abwesenheit ihres zu erforschenden Gegenstandes. Die Zukunft ist noch nicht da, und wenn sie da ist, ist sie keine Zukunft mehr. Das macht ihre seriöse Erforschung schwer, und diejenigen, die es dennoch wagen, sich dieser Schwierigkeit zu stellen, haben sich zunächst einmal abzugrenzen gegen die oben erwähnten Scharlatane.

Aus dieser Abgrenzungsnotwendigkeit ist ein neuer Typus des Zukunftsdeuters entstanden: der Visionär. Eine auf immerhin zwölf Bände ausgelegte Buchreihe zur Expo 2000 lässt diesen Typus nun ausführlich zu Wort kommen, jeder einzelne Band ist deshalb einer anderen Vision gewidmet, etwa der "Welt als Garten" oder dem "Überleben im Netz", so die Untertitel der beiden letzten von bisher sechs erschienenen Bänden (Helen Mayer Harrison, Newton Harrison: "Grüne Landschaften". Vision: Die Welt als Garten. EXPO 2000, Band 5. Florian Rötzer: "Megamaschine Wissen". Vision: Überleben im Netz. EXPO 2000, Band 6. Beide Titel Campus Verlag, Frankfurt am Main 1999. 224 u. 263 S., Abb., br., je Band 36,- DM).

Ein Dutzend Visionen mithin, nacheinander und nicht am Stück in einem einzigen großen Rundumschlag, das lässt bereits auf wissenschaftliche Seriosität schließen, und die Namen der Autoren tun ein Übriges. Ulrich Beck zum Beispiel oder Ernst Ulrich von Weizsäcker. Aber was sind eigentlich Visionen, wenn man zunächst einmal absieht von den Zeitgenossen, die sie nicht nur haben, sondern auch noch publizieren?

Ein Blick ins etymologische Wörterbuch fördert Folgendes zu Tage: "Visionen von lateinisch visio (visionis), auch mittelhochdeutsch vision, visiun: Erscheinung, Trugbild, Traumgesicht." Da lässt sich legitimerweise fragen, wie denn Trugbilder und Traumgesichte mit Wissenschaft zusammengehen können, war diese doch, wenn man auf die Vergangenheit schaut, die im Gegensatz zur Zukunft ja tatsächlich überschaubar ist, einst angetreten, eben jene aus dem Mittelpunkt der Welt zu verdrängen und ihnen schließlich komplett den Garaus zu machen. Verwirrend wirkt dies umso mehr, als die Internetseite zur Expo 2000 Aufklärung verspricht über das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik im einundzwanzigsten Jahrhundert, diese Aufklärung allerdings in eine Reihe von zwölf in Buchform dargebotenen Visionen packt.

Die Zukunft ist noch nicht. Dieser Satz ist der einzige, der unbezweifelbar feststeht. Was in Zukunft sein wird, das erschließt sich möglicherweise wirklich nur dem visionären Geist, an dem zu zweifeln, mit Verlaub, erlaubt sein müsste. Gewiss, Visionen können Wirklichkeit werden, sie müssen es aber nicht. Die unangefochtene Hegemonie des Konjunktivs, zumindest in den beiden zuletzt erschienenen Bänden, wirkt bisweilen wie ein Backenstreich, den die Autoren von der List ihrer eigenen Vernunft verpasst bekommen. "Es könnte zu sozialen Revolutionen gegen die Herstellung von Ultra-Computern kommen", schreibt etwa Charles J. Lumsden in seinem Beitrag zu dem Band über Computertechnologie und Gentechnik. Oder: Die Schaffung künstlicher Intelligenz oder gar künstlichen Bewusstseins "wird für möglich gehalten".

Die Möglichkeitsformen hinterlassen bei dem Leser, der die Extrapolationsorgien in den vorliegenden Aufsätzen bis zum Ende mitmacht, einen deutlich spürbaren Visionskater. Einige Ausführungen über die Möglichkeiten der Gentechnologie jagen ihm Schauer über den Rücken. Was sind die Thesen Peter Sloterdijks gegen die hier verbreitete Vision vom Menschen als "Megamaschine" und dem "biotechnischen Frieden", den verselbstständigte Computer uns gnädigerweise anbieten könnten, wenn sie sich dereinst fragen, wie mit uns Menschen denn fürderhin zu verfahren sei?

Doch keine Angst! Statt der Computerdiktatur könnte sich ja auch die Vision von einer friedlichen "Weltbürgergesellschaft" erfüllen oder die von der Welt als einem einzigen großen Garten, in dem hoffentlich kein verbotener Baum der Erkenntnis mehr wächst, damit wir davon verschont bleiben, dass alles noch einmal von vorne losgeht. Vom Baum der Visionen jedenfalls kriecht keine Unheil bringende Schlange, ihn bevölkert eine teils fröhliche, teils stirnrunzelnd nachdenkliche Schar wissenschaftlich ausgebildeter Menschen, die den Blick nach vorne richten, niemals zurück.

Den Besuchern der Expo 2000 ist zu wünschen, dass ihnen auch ein bisschen Wirklichkeit gezeigt wird unter all den Möglichkeiten. Vielleicht bringt uns die nähere Zukunft dann wenigstens eine neue Debatte im "Spiegel", während wir eine gute Dosis altbewährten Aspirins mit in sie hineintragen zur Bekämpfung der Traumgesichtsmigräne nach dem übermäßigen Konsum visionärer Dutzendware.

JÖRG ULRICH

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Von durchaus unterschiedlicher Qualität sind die zwölf Bände, die für den "lesenden, nachdenklichen, sich sorgenden" Expo-Besucher geschrieben sind, meint Thomas Eckardt. Es geht um die Gestaltung der Zukunft und allgemein ist man sich einig: einiges muss passieren, damit es den Menschen gut gehe auf Erden. Dabei haben dem Rezensenten, dessen Haltung zwischen Ironie und Ernst etwas schwankt, vor allem die Bände 5 (Harrison) und 7 (Lutzenberger und Gottwald) missfallen, weil es ihm da allzu esoterisch und gaia-mäßig hergeht. Dafür lobt er aber die "vier spannendsten Beiträge", nämlich die von Beck (Band 2), Brundtland (Band 9), Galtung (Band 12) und Rötzer (Band 6). Allen vieren widmet er kurze Zusammenfassungen ihrer Argumentation für "nachhaltige Entwicklung", die Offenhaltung des Internets, Vorschläge zur Weltregierung und den "neuen Universalismus" der Chancengleichheit. "Sympathisch ausgestattet" sind die Bände mit vielen Fotos und Tabellen und geben, "vorausgesetzt wir unternehmen endlich was Gescheites", durchaus "Grund zur Hoffnung" für die nächste Generation.

© Perlentaucher Medien GmbH