Moralisches Handeln ist praktische Vernunft, freie Selbstbestimmung - lehrte Kant. Das Wesentliche jeder Moral liegt darin, dass sie ein langer Zwang ist - schrieb Nietzsche. Die beiden Aussagen widersprechen einander aufs Entschiedenste und formulieren sehr präzise die gegensätzlichen Bestimmungen, die in der Sache selbst liegen. Diese "Sache selbst" ist das Thema der Einführung von Gerhard Schweppenhäuser: die normativ-kritische Kraft des Diskurses der abendländischen Moralphilosophie und seine Widersprüche. In exemplarischen und systematischen Erörterungen geht es um die grundlegenden Begriffe, die diesen Diskurs von der Antike bis heute prägen und in denen sich der Gegensatz zwischen individuellem Freiheits- und Glücksanspruch und gesellschaftlichem Zwang reflektiert.