Terroir? Treber? Tannin? Wer Spaß am Wein hat, nicht aber am Fachchinesisch der Weinkenner, liegt bei Jens Priewes "Grundkurs Wein" goldrichtig. Der renommierte Journalist, der sich mit Mitte vierzig aus Leidenschaft entschloss, seine Arbeit ausschließlich dem Saft der Reben zu widmen, erörtert in seinem "Grundkurs Wein" packend, anschaulich und prägnant all das Hintergrundwissen, das einem Genießer nicht nur bei der Auswahl hilft, sondern auch das Geschmackserlebnis intensiviert. Das Buch beschäftigt sich mit Grundlagen zu Weinbau und Rebsorten, aber auch mit Fragen zur Wahl des richtigen Glases oder Weinen aus dem Supermarkt. Ein Muss für alle, die Wein nicht nur trinken, sondern auch verstehen wollen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2017Weingenuss in allen Dimensionen
Es ist eine alte Debatte, in welchem Verhältnis unsere ästhetischen und rationalen Erkenntnisfähigkeiten zueinander stehen. Schönheit und Vollkommenheit, so könnte man meinen, sollten uns sinnlich so fraglos überwältigen, dass jeder Versuch einer theoretischen Begründung nur entfernen kann von deren eindrucksvoller Unmittelbarkeit. Dass dies aber keineswegs der Fall ist, sondern das Wissen über die Entstehungsgeschichte eines sinnlichen Genusses diesen vertiefen kann, demonstriert Jens Priewe in der Neuauflage seiner großen Weinschule. Zwanzig Jahre nachdem dieses Standardwerk erstmalig erschien, findet der wissbegierige Weintrinker in dieser von Grund auf aktualisierten Ausgabe eine Sammlung praktisch aller für die Welt des Weins relevanten Informationen. Natürlich ist wenig dagegen einzuwenden, sich einem Glas Wein allein über dessen Genuss zu nähern, und auch für diesen rein sinnesbasierten Ansatz hält dieses Buch Empfehlungen für den richtigen Umgang mit dem edlen Getränk parat - von der Lagerung über das korrekte Einschenken bis zur begriffsscharfen Benennung der verschiedenen Aromen. Die wahre Tiefe und Faszination des Weines eröffnet sich allerdings dann, wenn man ihn als das komplexe Produkt einer überwältigenden Fülle sensibler Faktoren verstehen lernt, die alle auf das abschließende Trinkerlebnis einen prägenden Einfluss haben und darin noch lange nach ihrer ursprünglichen Wirksamkeit mitschwingen. Priewe nimmt den Leser in knappen Kapiteln mit auf den langen Entstehungsweg der verschiedenen Weine - beginnend mit der Auswahl des geeigneten, charakterbildenden Bodens und der optimalen Bestockung über den richtigen Zeitpunkt der Lese, die optimale Kontrolle der verschiedenen Gärungsprozesse und die Erweiterung des Aromenspektrums in der abschließenden Reife. Die zweite Hälfte des Buches ist schließlich den Weinanbaugebieten dieser Welt gewidmet. Die Beschreibung der jeweiligen geographischen und klimatischen Eigenheiten, zusammen mit Informationen zur lokalen Tradition und dem dort aktuell praktizierten Verständnis des Weinanbaus, ermöglicht dem Leser, den Charakter des Weins vor dem Hintergrund seiner Herkunft einzuordnen. Der Wein, so wie von Priewe hier vorgestellt, wird damit zu einem Beispiel von etwas, das durch Erklärungen keineswegs durchschaubarer, sondern im Gegenteil immer nur noch eindrucksvoller und staunenswerter wird.
sian
"Wein - Die große Schule" von Jens Priewe. ZS Verlag, München 2017. 312 Seiten, zahlreiche Fotos und Illustrationen. Gebunden, 29,80 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist eine alte Debatte, in welchem Verhältnis unsere ästhetischen und rationalen Erkenntnisfähigkeiten zueinander stehen. Schönheit und Vollkommenheit, so könnte man meinen, sollten uns sinnlich so fraglos überwältigen, dass jeder Versuch einer theoretischen Begründung nur entfernen kann von deren eindrucksvoller Unmittelbarkeit. Dass dies aber keineswegs der Fall ist, sondern das Wissen über die Entstehungsgeschichte eines sinnlichen Genusses diesen vertiefen kann, demonstriert Jens Priewe in der Neuauflage seiner großen Weinschule. Zwanzig Jahre nachdem dieses Standardwerk erstmalig erschien, findet der wissbegierige Weintrinker in dieser von Grund auf aktualisierten Ausgabe eine Sammlung praktisch aller für die Welt des Weins relevanten Informationen. Natürlich ist wenig dagegen einzuwenden, sich einem Glas Wein allein über dessen Genuss zu nähern, und auch für diesen rein sinnesbasierten Ansatz hält dieses Buch Empfehlungen für den richtigen Umgang mit dem edlen Getränk parat - von der Lagerung über das korrekte Einschenken bis zur begriffsscharfen Benennung der verschiedenen Aromen. Die wahre Tiefe und Faszination des Weines eröffnet sich allerdings dann, wenn man ihn als das komplexe Produkt einer überwältigenden Fülle sensibler Faktoren verstehen lernt, die alle auf das abschließende Trinkerlebnis einen prägenden Einfluss haben und darin noch lange nach ihrer ursprünglichen Wirksamkeit mitschwingen. Priewe nimmt den Leser in knappen Kapiteln mit auf den langen Entstehungsweg der verschiedenen Weine - beginnend mit der Auswahl des geeigneten, charakterbildenden Bodens und der optimalen Bestockung über den richtigen Zeitpunkt der Lese, die optimale Kontrolle der verschiedenen Gärungsprozesse und die Erweiterung des Aromenspektrums in der abschließenden Reife. Die zweite Hälfte des Buches ist schließlich den Weinanbaugebieten dieser Welt gewidmet. Die Beschreibung der jeweiligen geographischen und klimatischen Eigenheiten, zusammen mit Informationen zur lokalen Tradition und dem dort aktuell praktizierten Verständnis des Weinanbaus, ermöglicht dem Leser, den Charakter des Weins vor dem Hintergrund seiner Herkunft einzuordnen. Der Wein, so wie von Priewe hier vorgestellt, wird damit zu einem Beispiel von etwas, das durch Erklärungen keineswegs durchschaubarer, sondern im Gegenteil immer nur noch eindrucksvoller und staunenswerter wird.
sian
"Wein - Die große Schule" von Jens Priewe. ZS Verlag, München 2017. 312 Seiten, zahlreiche Fotos und Illustrationen. Gebunden, 29,80 Euro.
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