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Ausgehend von der Idee des Philosophierens in China, behandelt das Buch grundsätzliche Themen der chinesischen Philosophie wie die Einheit von Himmel und Mensch, Erkennen und Handeln, das Problem von Einheit und Zweiheit, von Ganzheit und Mitte sowie die hermeneutischen Grundlagen der Philosophie Chinas (Klassikervermittlung, Logik, Sprache, Denken der Heiligen). Basis dieser Einführung ist die Interpretation der chinesischen Texte und Begriffe (die hier oft zweisprachig erscheinen); dazu treten erhellende Vergleiche mit westlichen Denkweisen. Ein umfangreicher Anhang (Zeittafeln, ausführliche…mehr

Produktbeschreibung
Ausgehend von der Idee des Philosophierens in China, behandelt das Buch grundsätzliche Themen der chinesischen Philosophie wie die Einheit von Himmel und Mensch, Erkennen und Handeln, das Problem von Einheit und Zweiheit, von Ganzheit und Mitte sowie die hermeneutischen Grundlagen der Philosophie Chinas (Klassikervermittlung, Logik, Sprache, Denken der Heiligen). Basis dieser Einführung ist die Interpretation der chinesischen Texte und Begriffe (die hier oft zweisprachig erscheinen); dazu treten erhellende Vergleiche mit westlichen Denkweisen. Ein umfangreicher Anhang (Zeittafeln, ausführliche Bibliographie, verschiedene Register) erschließt einen geistigen Kontinent, dessen Kenntnis heute wichtiger scheint denn je.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.1999

Die beste Lehre ist nicht edel
In eines tumben Toren Schädel: Chinesische Philosophie ist praktisch

Was ist eigentlich der Herr Kohl für einer? Ein Politiker oder ein Philosoph? Wer die Geschichte der Ära Kohl schreibt, mag sich an dieser uns so selbstverständlich scheinenden Unterscheidung orientieren. Im alten China wäre diese Art der Annäherung an den Oggersheimer vermutlich auf Befremden gestoßen. Denn anders als wir Europäer maßen die Begründer der chinesischen Philosophie einen Philosophen nicht an der Erhabenheit seiner Gedanken, sondern an der Effektivität und Nachhaltigkeit seines Handelns. Diese Weisen waren Kaiser, Könige und Herrscher oder deren Berater, ihre Weisheit bestand darin, daß sie das Reich einigten, dem Volk Frieden brachten, seinen Wohlstand mehrten und in ihrer Person und in ihrem Leben Vorbilder für alle wurden.

Lutz Geldsetzer und Hong Han-ding haben die Ausarbeitungen zu den Lehrveranstaltungen, die Professor Hong von der Akademie für Geisteswissenschaften in Peking im Sommersemester 1995 als Gastprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf abgehalten hat, zu einer Einführung in die chinesische Philosophie zusammengefaßt. Besondere Mühe haben die beiden Autoren darauf verwendet, dem Leser jederzeit zu vergegenwärtigen, daß chinesisches Denken sich auf eine Sprache stützt, deren Schriftform auf Bildsymbolen aufbaut, während europäische Schriften Lautsymbole verwenden. Das geschriebene Chinesisch okkupiert das visuelle Gedächtnis, während die uns vertrauten Lautschriften mehr auf das auditive Gedächtnis zurückgreifen. Die Begriffe der chinesischen Philosophie werden daher sowohl in ihrer Pinyin-Aussprachetranskription als auch im Originalschriftzeichen dargestellt. Das ist hilfreich, weil einerseits manche Begriffe die gleiche Lautung, aber unterschiedliche Bildzeichen haben und andererseits der Aufbau eines Schriftzeichens viel über seine Bedeutung verrät. So setzt sich beispielsweise das Zeichen für den Heiligen oder das Heilige (Sheng) aus den drei Einzelzeichen für "Ohr", "Mund" und "Herrscher" zusammen. Wer sich so den Aufbau des Zeichens "Sheng" erklären läßt, erlangt eine bessere Vorstellung davon, was mit Begriffen wie "Nei Sheng Wai Wang" - das Heilige im Innern nach außen zur Herrschaft bringen - gemeint sein könnte.

"Nur wer auf Erden die höchste Wahrhaftigkeit hat, kann sein Wesen ganz entfalten. Wer sein Wesen ganz entfalten kann, der kann das Wesen des Menschen zur Entfaltung bringen. Wer das Wesen der Menschen zur Entfaltung bringen kann, der kann das Wesen der Dinge entwickeln. Wer das Wesen der Dinge entwickeln kann, der kann mit Himmel und Erde schöpferisch gestalten. Wer mit Himmel und Erde schöpferisch gestalten kann, der bildet mit Himmel und Erde eine große Dreiheit", heißt es im Buch von "Mitte und Maß" (Zhong Yong). Wahrhaftigkeit wird somit zur Voraussetzung für schöpferisches Gestalten, Erkennen steht also im Dienste des Handelns, denn "Erkennen ist nicht schwer, nur Handeln ist schwer." Die klassische chinesische Philosophie unterscheidet zwischen Theorie und Praxis auf ganz andere Weise als es europäischen Denkmustern entspricht. Auch hier liegt ein Grund für die unterschiedliche Sichtweise in der Sprache, deren Grammatik nicht zwischen Verbklasse und Substantivklasse unterscheidet und den uns so naturwüchsig scheinenden Unterschied von Handlungen und Dingen verschleiert.

Die uns vertrauten Schriften fixieren den Lautbestand, ohne den Sinnbestand zu stützen, während die ikonische Schrift der Chinesen den Sinnbestand fixiert und die Lautungen vernachlässigt - chinesische Filme sind untertitelt, weil die Dialoge nur so in allen Provinzen verstanden werden können. Vermutlich läßt sich die Entstehung der Schriftzeichen bis auf die vierundsechzig Hexagramme des Yi Jing - des Buches der Wandlungen - zurückführen. Die Hexagramme sind Sequenzen von parallelen, unterbrochenen oder durchgehenden Linien, die man als Yin und Yang (Erde und Himmel, Weibliches und Männliches oder auch Nichts und Sein) sehen kann. Sie beschreiben Lagen, Konstellationen, Spannungszustände, Bewegungen, die sowohl in der Natur als auch im gesellschaftlichen und sittlichen Leben vorkommen und die Wandlungen aller Verhältnisse und ihre Herkunft aus anderen Lagen und Konstellationen ausdrücken: Aus nur vierundsechzig Zeichen baut sich eine umfassende Ontologie auf.

Die Symbole des Yi Jing lassen sich - durch den Wurf von Münzen oder Schafgarbenstengeln ermittelt - auch als Orakel benutzen. Der Ratsuchende wird dabei nicht mit Weissagungen wie "Was auch immer du heute tust, geht schief. Das beste ist, du gehst gleich nach Hause und legst dich ins Bett", abgespeist, sondern vielmehr zu einer eingehenden Kontemplation über seine augenblickliche Situation ermutigt. In den fünfziger Jahren fand in China eine Rechtschreibreform statt, die die Schriftzeichen vereinfachte. Die mit der neuen Schrift aufgewachsene Generation kennt die alten Symbole nicht mehr und liest die Klassiker in westlichen Übersetzungen. Sie kann mit Glücksplätzchen mehr anfangen als mit der Weisheit des Yi Jing. HARTMUT HÄNSEL

Lutz Geldsetzer, Hong Han-ding: "Grundlagen der chinesischen Philosophie". Philipp Reclam Verlag, Stuttgart 1998. 328 S., br., 15 Mark.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Geldsetzer und Hong haben ein ganz vorbildliches Einführungswerk verfasst, das großes Lesevergnügen bereitet und dessen Kaufpreis im Übrigen sehr moderat gestaltet ist. Auf dem deutschsprachigen Buchmarkt ist dieses sehr lehrreiche Werk gegenwärtig der beste Wegweiser zu einer ersten Kontaktaufnahme mit der chinesischen Philosophie und kann neben Studienanfängern der Sinologie auch Philosophen mit einem Interesse für die chinesische Kultur nachdrücklich empfohlen werden. Philosophisch interessierten Lesern, die bislang zu Recht keinen Gefallen an den esoterisch anmutenden Publikationen finden konnten, die in den letzten Jahren unter dem Deckmantel der "chinesischen Philosophie" allen nur denkbaren Exotismus feilboten, werden in dem neuen Band eine empfindlich vermisste Alternative finden.

Zeitschrift für Kultur und Geschichte Ost- und Südostasiens

Die Autoren, Philosophen in Düsseldorf und Peking, geben einen Überblick über das chinesische philosophische Denken, der in dieser Form und schon gar zu diesem Preis in deutscher Sprache einmalig sein dürfte. (...) Einigen überflüssigen Seitenhieben auf westliche Kultur und Lebensweise zum Trotz liegt hier ein gründliches, packendes und aufschlussreiches Buch vor, dessen Lektüre demjenigen, für den Ideengeschichte nicht auf den abendländischen Kulturkreis beschränkt ist, reiche Gewinne bringen wird. Zeitschrift für Politikwissenschaft