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Im August 2002 trafen sich Philosophinnen und Philosophen zu einer Tagung in Frankfurt, um über Grundlagen der Ethik zu diskutieren. Dabei ging es um Wahrheit in der Moral, um Ontologie und Moral, um das Verhältnis von Metaethik und normativer Ethik, um die Natur praktischer Gründe und nicht zuletzt auch um Grundelemente einer inhaltlichen Moraltheorie. Aus dieser Diskussion sind die Beiträge des vorliegenden Bandes entstanden.
Der Band versammelt Beiträge von Norbert Anwander, Paul Bloomfield, Friedrich Dudda, Kirsten B. Endres, Rafael Hüntelmann, Hallvard Lillehammer, Peter Schaber, Tatjana Tarkian, Erwin Tegtmeier und Thomas Zoglauer.
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Produktbeschreibung
Im August 2002 trafen sich Philosophinnen und Philosophen zu einer Tagung in Frankfurt, um über Grundlagen der Ethik zu diskutieren. Dabei ging es um Wahrheit in der Moral, um Ontologie und Moral, um das Verhältnis von Metaethik und normativer Ethik, um die Natur praktischer Gründe und nicht zuletzt auch um Grundelemente einer inhaltlichen Moraltheorie. Aus dieser Diskussion sind die Beiträge des vorliegenden Bandes entstanden.

Der Band versammelt Beiträge von Norbert Anwander, Paul Bloomfield, Friedrich Dudda, Kirsten B. Endres, Rafael Hüntelmann, Hallvard Lillehammer, Peter Schaber, Tatjana Tarkian, Erwin Tegtmeier und Thomas Zoglauer.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2003

Neunzig Prozent
Gewissheit
Kann man wissen, was richtig ist?
Ist Moral eine Wissenschaft?
Wenn wir fragen, ob man menschliche Embryonen zu Forschungszwecken freigeben darf oder ob Tierexperimente verboten werden sollten, hoffen wir auf eindeutige Antworten. Unsere Dispute sind von der Überzeugung getragen, dass es richtige Antworten auf solche Fragen gibt. Moralische Nonkognitivisten hingegen sind der Auffassung, dass es keine richtigen Antworten auf solche Fragen geben kann. Der Ausdruck „Nonkognitivist” bedeutet, dass Vertreter dieser Richtung meinen, auf moralische Fragen gebe es keine Antworten wie im naturwissenschaftlichen Bereich, wo man rein kognitiv vorgeht.
Erste Vertreter der nonkognitivistischen Richtung waren Epikur, David Hume, Thomas Hobbes und Max Weber. Die heute bekanntesten sind Alfred J. Ayer, Richard M. Hare und John L. Mackie. Nach Ansicht der Nonkognitivisten kann jemand mit guten Gründen argumentieren, dass Abtreibung erlaubt ist, und ein anderer mit ebenfalls guten Gründen, dass Abtreibung verboten sei. Welche der beiden Positionen die richtige ist, kann man nach Auffassung der Nonkognitivisten nicht herausfinden.
Gibt es tatsächlich keine eindeutig richtigen Antworten auf moralische Fragen? Dass die Moraldiskussion in den vergangenen „drei Jahrzehnten durch die Blüte kognitivistischer Theorien gekennzeichnet” war (so Tatjana Tarkian in dem Band „Grundlagen der Ethik”), lässt die Hoffnung aufkeimen, dass wir doch einen Weg finden können, zu richtigen Antworten zu kommen.
David McNaughton, Autor des Bandes „Moralisches Sehen”, ist Vertreter der letztgenannten Richtung, die sich seit Platon, Aristoteles, Thomas von Aquin und Kant über George Edward Moore, später William D. Ross, entwickelte und heute ihre bekanntesten Vertreter in Jonathan Dancy, John McDowell, Thomas Scanlon und Joseph Raz hat. David McNaughton stellt in äußerster Loyalität und Ehrlichkeit beide Richtungen, zunächst im Überblick und später in den Weiterentwicklungen dar, um dann den gegenwärtigen Stand der Diskussion festzuhalten. Da die Debatte im deutschen Sprachraum bislang nur sporadisch wahrgenommen wird, ist dieses Buch eine wunderbare Einführung, die den Anschluss an die angloamerikanische Diskussion herzustellen vermag.
Der Common Sense hilft
In dem anderen Band führen Vertretern dieser Richtung in die Feinheiten der kognitivistischen oder objektiven Moralauffassung ein. Peter Schabers zeigt mit wissenschaftlicher Redlichkeit die Stärken und Schwächen beider Positionen. Selbstverständlich findet er für seine Position die stärkeren Argumente. Zunächst: Wir können davon ausgehen, dass der größte Teil der moralischen Regeln problemlos von den meisten Menschen in unserer Gesellschaft anerkannt wird. Manche Philosophen meinen, dass weit mehr als neunzig Prozent der Regeln gänzlich unbestritten seien. Henry Sidgwick nennt sie 1874 in seinem berühmten Werk „Methods of Ethics” auch „ethic of common sense”.
Wir sind durch die im „common sense” enthaltenen Regeln manchmal zu Handlungen verpflichtet, die nicht in unserem Eigeninteresse liegen, ja, die zuweilen unserem Eigeninteresse zuwiderlaufen. Die Regeln des „common sense” sind – trotz der Möglichkeit des Verstoßes gegen sie – kategorische Regeln. Die Kategorizität der Regeln, dass man nicht verletzen, foltern, töten darf, weisen sie als moralische aus. „Der common sense bezieht die Rechtfertigung von moralischen Forderungen auf objektive Gründe, das heißt auf Gründe, die unabhängig von den Wünschen und Interessen der Handelnden bestehen. So gilt etwa die Forderung, Menschen nicht zu foltern, mit dem Verweis darauf als begründet, dass das schlecht für sie wäre, dass das Foltern eine Person schädigen und erniedrigen würde. Im alltäglichen Kontext fungieren Tatbestände, die von den Wünschen und Interessen der jeweiligen Akteure unabhängig sind, als Gründe für moralische Forderungen. Moralische Forderungen haben denn auch keine hypothetische, sondern kategorische Geltung.”
Warnung vor Beliebigkeit
Am Schluss seines Beitrags zeigt Peter Schaber Konsequenzen auf: „Wenn man den Glauben an objektive Werte aufgibt, bestreitet man erstens, dass es objektive Gründe zum Handeln gibt, und weist auch zweitens die Überzeugung zurück, dass moralische Forderungen durch objektive Gründe gerechtfertigt werden können. Damit verändert man den Inhalt der Moral, was niemand als wünschenswert ansehen kann. Eben darin besteht die Verwerflichkeit der These von der Nicht-Existenz objektiver Werte.” Schaber hält ein engagiertes Plädoyer dagegen, die Moral in die Beliebigkeit abgleiten zu lassen. Da er und die anderen Autoren ihre Auffassung fundiert begründen, wird man der in beiden Bänden luzide dargestellten kognitivistischen Position Plausibilität attestieren müssen.
DETLEF HORSTER
DAVID McNAUGHTON: Moralisches Sehen. Eine Einführung in die Ethik. Aus dem Englischen von Lars Schewe. Dr. Hänsel-Hohenhausen AG, Frankfurt a. M. 2003. 246 Seiten, 30 Euro.
PETER SCHABER, RAFAEL HÜNTELMANN (Hrsg.): Grundlagen der Ethik. Normativität und Objektivität. Dr. Hänsel-Hohenhausen AG, Frankfurt a. M. 2003. 194 Seiten, 36 Euro.
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