Wenn im Jahre 1915 der Heidelberger Praktische Theologe Johannes Bauer (1860-1933) eine Quellensammlung "Zur Geschichte des Bekenntnisstandes der vereinigten ev.-prot. Kirche im Großherzogtum Baden" vorlegte und wenige Jahre später und zum Unionsjubiläum 1921 "Die Union 1821" als kommentierte Quellenausgabe erscheinen ließ, so waren beide Publikationen v.a. als Grundlagen für praktisch-theologische Vorlesungen gedacht. Bauers Anliegen war somit ein doppeltes: "Das evangelisch-kirchliche Leben unserer Heimat ruht, trotz 1918, auf so unendlich vielen und tiefgehenden Voraussetzungen der Vorzeit, daß ohne Kenntnis der Geschichte ein Verständnis der Gegenwart schwer möglich, ein sicheres Urteil über Reformen unmöglich ist." Es ging also dem Praktischen Theologen keinesfalls um eine historisch-historistische Rekonstruktion kirchengeschichtlicher Ereignisse, sondern - Bauer war "liberal" - um (1.) Zeitgemäßheit der Kirche. Zugleich war er - und das unterscheidet ihn von vielen heutigen Zeitgenossen - (2.) zutiefst davon überzeugt, dass für die Reform der Kirche die historische Kenntnis des Vergangenen ein unverzichtbarer Schritt zum Verständnis der Gegenwart sei - und eben auch zur praktischen Gestaltung der Zukunft. Wenn nun heute die beiden Herausgeber im Jahr des 200. Unionsjubiläums und hundert Jahre nach Johannes Bauer das Wagnis auf sich nehmen, eine Quellensammlung vorzulegen, welche die gesamte Evangelische Kirche in Baden seit der Reformation (1556) in den Blick rückt, so reformulieren sie die Überzeugung Bauers als Basis ihrer jetzigen Bemühung.