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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Contumax
  • Seitenzahl: 248
  • Erscheinungstermin: 11. Januar 2011
  • Deutsch
  • Abmessung: 220mm x 170mm x 18mm
  • Gewicht: 437g
  • ISBN-13: 9783843065146
  • ISBN-10: 3843065144
  • Artikelnr.: 32957734
Autorenporträt
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, geb. am 27. August 1770 in Stuttgart, gest. am 14. November 1831 in Berlin. Er wuchs in einem pietistischen Elternhaus auf. Vermutlich ab 1776 besuchte Hegel ein Gymnasium in Stuttgart, seit 1784 das Obergymnasium. Seine Interessen waren breit gestreut. Besonderes Augenmerk widmete er der Geschichte, insbesondere der Antike und den alten Sprachen. Ein weiteres frühes Interesse bildete die Mathematik. 1788 nahm Hegel an der Tübinger Universität das Studium der Theologie auf. Im September 1790 erhielt er den Grad eines Magisters der Philosophie, 1793 wurde ihm das theologische Lizenziat verliehen. Hegel profitierte viel von dem intellektuellen Austausch mit seinen später berühmten Zimmergenossen Hölderlin und Schelling. Sie hegten große Sympathie für die revolutionären politischen Ereignisse in Frankreich. Jedoch fand später durch das Scheitern Napoleons eine politische Umorientierung bei Hegel statt. Er wurde ein Anhänger der konstitutionellen Monarch

ie Preußens und söhnte sich mit den politischen Gegebenheiten aus. Hegels Philosophie erhebt den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten. In ihrer Wirkung auf die westliche Geistesgeschichte ist sie mit dem Werk von Platon, Aristoteles und Kant vergleichbar. Sein philosophisches Werk Phänomenologie des Geistes aus dem Jahre 1807 zählt zu den wirkmächtigsten Werken der Philosophiegeschichte überhaupt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2012

Vernunft als Rose im Kreuze der Gegenwart
Die Rechtsphilosophie von Hegel ist ein Werk für unsere Zukunft. Jetzt liegt die kritische Ausgabe fertig vor
Das Buch, welches der deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel Ende des Jahres 1820 in der Nicolaischen Buchhandlung in Berlin unter dem Titel „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ veröffentlicht hat, gehört zu den bedeutendsten Werken der Praktischen Philosophie. Im Laufe der fast 200-jährigen Rezeptionsgeschichte hat es sehr unterschiedliche philosophische Interpretationen erfahren und extrem gegensätzliche politische Reaktionen hervorgerufen. Im 19. Jahrhundert wurde Hegels Rechtsphilosophie auf der einen Seite als Apologie des reaktionären preußischen Staates verschrien (Rudolf Haym), im 20. Jahrhundert wurde er den Feinden der offenen Gesellschaft (Karl Popper) zugerechnet oder unter die Vorbereiter der „Zerstörung der Vernunft“ (Georg Lukács) eingereiht. Wegen der Bestimmung des Verhältnisses von individueller Moral und sozial geteilten ethischen Vorstellungen, Hegel spricht von Moralität und Sittlichkeit, hat Ernst Tugendhat sich sogar zu der Behauptung verstiegen, dies sei der Gipfel der Perversität und aus der Sicht einer modernen Moral schlicht unerträglich.
Die extremen Einschätzungen von Lukács, Popper oder Tugendhat sind von der Hegelforschung widerlegt und die Einschätzung Hayms ist schon im 19. Jahrhundert mit guten Argumenten entkräftet worden. Auf der anderen Seite hat Hegels Philosophie immer wieder als Ausgangspunkt für eine kritische Praktische Philosophie gedient. Dies beginnt im Junghegelianismus unmittelbar nach Hegels Tod und schließt auch den jungen Karl Marx ein, der allerdings später, als der reaktionäre Kurs des preußischen Staates immer repressiver wurde, auch massiv gegen die konservativen Züge der Hegelschen Rechtsphilosophie polemisiert hat. Bis heute werden umfangreiche Interpretationen vorgelegt, die Hegels „Grundlinien“ als Philosophie der Freiheit ausweisen oder sich für ihr eigenes Projekt einer kritischen Sozialphilosophie von ihm inspirieren lassen.
Es ist also durchaus ein Werk mit Vergangenheit, welches jetzt in der verbindlichen Textgestalt einer kritischen Ausgabe vorliegt. Herausgegeben von Klaus Grotsch und Elisabeth Weisser-Lohmann sind die „Grundlinien“ als 14. Band der „Gesammelten Werke“ in drei Teilbänden in den letzten Jahren im Meiner Verlag erschienen. Der erste Teilband bringt den ursprünglichen Text; im zweiten Band finden sich, in einer nahezu bibliophilen Ausgestaltung, die handschriftlichen Zusätze, die Hegel selbst in sein Exemplar der „Grundlinien“ eingetragen hat. Durch die genauere Datierung und einzelne Abweichungen gegenüber früheren Lesarten ist dieser Teilband, auch wenn die aufwendigen Fotokopien der Handschrift für den normalen Hegelforscher vermutlich keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn abwerfen werden, eine wertvolle Quelle.
Der mit über 600 Seiten umfangreichste Teilband, der dritte, bringt eine Fülle historischer und philologischer Informationen. Der Leser findet hier einen umfassenden Überblick zu den unterschiedlichen Ausgaben der „Grundlinien“ und kann über deren jeweilige Stärken und vor allem Schwächen einiges erfahren. Der reichhaltige Anmerkungsapparat dient primär dem Zweck, Hintergrund und Kontext des Hegelschen Textes zu beleuchten. Vor allem die ausführlichen Verweise auf zeitgenössische Diskussionen, auf die Hegel sich direkt oder indirekt bezieht, sind für ein gründliches Verständnis der Grundlinien hilfreich.
Hinsichtlich systematischer Interpretationen haben sich die Herausgeber Zurückhaltung auferlegt, sodass die Kritische Ausgabe eine weitgehende Neutralität in Bezug auf die Rezeptionsgeschichte bewahrt. Insgesamt ist, auch wenn vereinzelte Korrekturen an bisherigen Lesarten des Hegelschen Textes vorgenommen worden sind, weder von dieser nun verbindlichen Textfassung noch von den im dritten Teilband bereitgestellten Informationen zu erwarten, dass sie die grundlegenden Interpretationsfragen und -streitigkeiten der Hegelforschung beantworten oder entscheiden werden.
Kann aber eine fast 200 Jahre alte philosophische Abhandlung zu den Grundfragen der Praktischen Philosophie, die schon von der Sprache und der Terminologie her durch eine Kluft von ihren heutigen Lesern getrennt ist, überhaupt noch systematische Bedeutung für unsere gegenwärtigen Fragen haben? Die Losung „Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig“, die Hegel in der Vorrede ausgibt, hat ihm schon zu Lebzeiten Kritik und Spott eingebracht. Gerade in Zeiten wie diesen scheint die philosophische Haltung, in der bestehenden sozialen und politischen Verfasstheit unserer Gesellschaften Vernunft wirken zu sehen, höchstenfalls merkwürdig zu sein.
Aber Hegel versteht unter Wirklichkeit eben nicht jede Realität, sondern nur dasjenige an sozialen und politischen Verhältnissen und Institutionen, das vernünftig und philosophisch zu begründen ist. Denn nur dann, so muss man Hegel verstehen, können diese Institutionen wirklich im Sinne von wirksam sein und bleiben. Andernfalls verfallen sie zu bloßen Relikten, die von den Menschen nicht mehr mit Leben gefüllt und bestenfalls ignoriert werden. Im schlimmsten Fall, und die gegenwärtige Lage Europas bietet hiervon ein immer drastischer werdendes Bild, lehnen sich die Menschen gegen die politischen Institutionen und sozialen Verhältnisse auf. Sie verlieren, wenn in ihnen die Vernunft nicht mehr wirklich ist, ihre Kraft zur Identifikation und ihren Sitz im Leben der Bürger.
Hegel war in Bezug auf das Versöhnungs- und Sinnstiftungspotenzial sozialer und politischer Institutionen alles andere als ein Optimist. Seine Rede von der Wirklichkeit der Vernunft hat daher nicht nur eine kritische Stoßrichtung gegenüber solchen Verhältnissen, die den Ansprüchen der nach Gründen suchenden Vernunft nicht genügen. Sie richtet sich gleichsam gegen jede überzogen utopische oder sozial-romantische Kritik an den prosaischen Verhältnissen der Moderne, in denen Individuen von der Gesellschaft und ihren Institutionen ein Ausmaß an Sicherheit und Sinnfülle einfordern, welche es Hegel zufolge in diesem Bereich nicht geben kann.
Das ebenfalls in der Vorrede gezeichnetes Bild von der „Vernunft als Rose im Kreuze der Gegenwart“ benennt sein philosophisches Gegenprogramm. Die vernünftige Einsicht, die Hegel zufolge in einer realistischen Erwartungshaltung allein möglich ist, soll zu einer „Versöhnung mit der Wirklichkeit“ befähigen. Damit ist nicht eine fatalistische Akzeptanz der schlechten Realität gefordert, gegen die sich Hegels Rechtsphilosophie energisch wendet. Gemeint ist vielmehr eine auf vernünftigen Maßstäben begründete Haltung, welche die Errungenschaften des modernen Rechts- und Sozialstaats bewahrt und nicht in unhaltbaren Utopien versenkt.
Die Balance zwischen Einsicht in die Begrenztheit des gesellschaftlichen Versöhnungspotenzials und kritischer Verteidigung des Vernünftigen gegen schlechte Realitäten muss sicherlich immer wieder neu austariert werden. Ein Werk wie die Grundlinien, welches sich das „Ergründen des Vernünftigen“ zum Ziel setzt, lässt jedem Interpreten den Spielraum, seine grundlegenden Einsichten im Lichte gegenwärtiger Verhältnisse immer wieder neu zu bestimmen. Hegel hat in seiner Rechtsphilosophie die Forderung der sozialen Ein- und Befriedung des Marktes durch eine an ethischen Prinzipien ausgerichtete praktische Vernunft begründet und davor gewarnt, die ökonomischen Spielregeln allein als normative Gründe anzuerkennen. Er war sich der immanenten Instabilität und der zersetzenden Kräfte eines sich selbst überlassenen „Systems der Bedürfnisse“ wohl bewusst. Deshalb kann nicht bezweifelt werden, dass die Grundlinien aktuell und weiterhin eine philosophische Herausforderung sind.
Es ist leicht, in einem fast 200 Jahre alten Buch Zeitbedingtes und Überholtes zu entdecken. Ein progressives Verständnis von Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern sucht man bei Hegel, obwohl er sich beispielsweise für das Recht auf Scheidung eingesetzt hat, vergeblich. Und seiner Begründung der Erbmonarchie wird man nur mit viel Phantasie noch systematische Aktualität abgewinnen. Sicher ist auch die von ihm geforderte Trennung von Staat und Kirche in den „Grundlinien“ nicht in dem Ausmaß durchgeführt, die wir heute für erforderlich halten. Doch weil Hegel sich hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung von Rechten und Normen sehr zurückgehalten hat, lässt seine Rechtsphilosophie genügend Deutungsraum, seine prinzipiellen Einsichten für unsere eigene Situation anzueignen. Ein philosophisches Werk ist so lange ein Klassiker, wie es seinen Lesern anregende Seiten bietet und zu eigenem Nachdenken anregt. Man darf sicher sein, dass Hegels Rechtsphilosophie bis heute ein Klassiker ist, der provoziert und zur Selbstverständigung dienen kann.
Seine Grundlinien, welche nun in einer kritischen Ausgabe vorliegen, sind also nicht nur ein Werk mit Vergangenheit, sondern auch eines mit philosophischer Zukunft. Die vorliegende Edition richtet sich selbstverständlich primär an die professionelle Hegelforschung und hat auch einen durchaus stolzen Preis. Deshalb ist es eine gute Nachricht für alle, die sich von Hegels Rechtsphilosophie auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum Nachdenken anregen lassen wollen, dass der Meiner Verlag in der Philosophischen Bibliothek demnächst eine Studienausgabe veröffentlichen wird, die den nunmehr verbindlichen Text der Grundlinien auch Studierenden, Lehrenden und einem — hoffentlich breiten — allgemeinem Kreis von Lesern zur Verfügung stellen wird.
MICHAEL QUANTE
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Hrsg. von Klaus Grotsch und Elisabeth Weisser-Lohmann. Gesammelte Werke, Band 14 in 3 Teilbänden. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2009, 2010 und 2012. Teilband 1, Text, 282 S., 148 Euro. Teilband 2, Beilagen, 488 S., 286 Euro. Teilband 3, Anhang, 530 S., 248 Euro.
Die „Grundlinien“ haben
zahlreiche Deutungen und extreme
politische Reaktionen provoziert
Die Eule der Minerva
hat ihren Flug noch lange
nicht beendet
Hegel (1770-1831) in seinem Arbeitszimmer Abb.: bpk / Dietmar Katz
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