Was kann eine Phänomenologie des Fremden sein? In pointierter Form werden in dem neuen Buch des herausragenden deutschen Phänomenologen Bernhard Waldenfels ihre zentralen Motive vorgeführt. Die Schlüsselthemen lauten: Ordnung, Pathos, Antwort, Leib, Aufmerksamkeit, Interkulturalität. Als Außerordentliches taucht Fremdes in Form von Störungen, Abweichungen und Überschüssen an den Grenzen der Ordnungen auf. So stellt sich die Frage, wie wir auf Fremdes eingehen können, ohne ihm den Stachel zu nehmen. Daraus erwächst eine responsive Art von Phänomenologie, die über alle Intentionen und Regelungen hinaus von Widerfahrnissen und Ansprüchen ausgeht. Ein antwortendes Selbst stellt sich dar als leibliches Selbst, das nie ganz und gar bei sich ist. Die Fremdheit beginnt im eigenen Haus. Sie beginnt bereits bei der Aufmerksamkeit, wenn uns etwas auffällt. Und sie endet nicht zuletzt bei einer Interkulturalität, die auch für die Philosophie zur Herausforderung wird. Ein globales Denken ist dabei weder zu erwarten noch zu wünschen. Der Versuch, Grenzen zu überschreiten, ohne sie aufzuheben, gehört zu den Abenteuern einer Fremdheit zwischen den Kulturen. Es sind Autoren wie Bachtin, Freud und Mauss, wie Calvino, Kafka, Musil und Valéry, die der Phänomenologie des Fremden ihre besondere Würze geben.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Andreas Cremonini empfiehlt dieses "Büchlein" als Einführung in die von Bernhard Waldenfels geprägte "Bochumer Phänomenologie". Knapp und kompakt werde auf die Betrachtungen des Fremden von Autoren wie Bachtin, Freud, Calvino, Kafka, Musil und Valery eingegangen. Wer es freilich genauer wissen wolle, müsse zu umfassenderen Werken dieser Schule greifen. Dennoch hat das Buch Cremonini zufolge einige kompakte Thesen zu bieten, die reichlich Stoff für inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser philosophischen Richtung und ihrer Theoreme bieten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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