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Produktdetails
  • Verlag: Das Neue Berlin
  • Seitenzahl: 254
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 314g
  • ISBN-13: 9783360009418
  • ISBN-10: 336000941X
  • Artikelnr.: 24934335
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2001

Babelsberger Geschichten
Dieter Wolf erzählt über nichtgedrehte Filme in der DDR

"Fräulein Schmetterling" ist einer der prominentesten DDR-Filme, die nicht gedreht wurden. Christa und Gerhard Wolf hatten das Buch geschrieben, Kurth Barthel sollte die Regie führen. Es sollte ein poetischer Film über ein siebzehnjähriges Mädchen werden, das erwachsen wird und von der Kindheit nicht lassen will. Fräulein Schmetterling probiert Fächer aus und lernt dabei, an grauen Häuserfassaden hinaufzufliegen. Ihre Freunde müssen unten bleiben. Sie winken und sehen traurig dabei aus. Im Bundesfilmarchiv sind viele Szenen aus diesem poetischen Film, der nie in die Kinos kam, gefunden worden. Die Wolfs und Barthel wollen jedoch nicht, daß eine rekonstruierte Fassung hergestellt wird. Die Faszination von damals würde sich nicht mehr einstellen. "Fräulein Schmetterling" fiel zwar nicht direkt unter das Verdikt der SED auf dem berüchtigten 11. Plenum im Dezember 1965, denn der Film war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fertig. Aber die Instrumente waren gezeigt, und das lähmte auf Jahre.

Seit dem Ende der DDR und damit der Defa sind all die nicht gedrehten Filme wieder interessant geworden. Vor fünf Jahren drehten Ullrich Kasten und Ralf Schenk einen Film über "Filmschicksale" von Defa-Filmen. "Fräulein Schmetterling" kommt darin vor. Ein anderes, älteres Filmschicksal erzählt von dem gescheiterten Versuch, Ende der fünfziger Jahre Harry Thürks Roman "Die Stunde der toten Augen" zu verfilmen. Die Kritik war so vernichtend, daß Thürk sich seitdem angepaßt verhielt und fortan vor allem belanglose Abenteuerromane schrieb. Immerhin wurde sein Agentenfilm "For eyes only" ein Defa-Erfolg. Das jüngste Filmschicksal behandelte "Der Schnautzer" von 1984, den der Sohn des Komponisten Paul Dessau Maxim Dessau nicht mehr weiterdrehen durfte.

Nun gibt es auch ein Buch über die nichtgedrehten Filme der Defa. Autor Dieter Wolf war jahrzehntelang Dramaturg in der Defa-Gruppe Babelsberg. "Filmschicksale" war am Donnerstag im Potsdamer Filmmuseum der Vorfilm zur Buchpräsentation. Der Film erzählt vor allem von Filmautoren und Regisseuren, die durch das Verbot ihrer Arbeit auch in ihrem Leben nicht weiterkamen. Wolf aber sagt in seinem Buch: Längst nicht alle Filme sind aus politischen Gründen nicht in die Kinos gekommen. Manchmal waren auch die Autoren selbst schuld. Um das zu zeigen, spart Wolf nicht mit Klatsch und Tratsch. Wie er von dem sich seiner Schönheit bewußt seienden Peter Hacks im Schaukelstuhl empfangen wird, ist dabei noch eine nette Geschichte.

Wenn alte Defa-Leute heute zusammenkommen und ihre Heldenzeit von damals beschwatzen, dann sieht es so als, als wäre es damals spielerisch zugegangen, als wäre es ein Vergnügen gewesen, die Partei auszutricksen. Daß damals die Kunst nicht wachsen konnte, weil es keine Freiheit gab, ist ein wenig gebrauchtes Argument. Zur Buchpremiere war auch der letzte Defa-Chefdramaturg Rudolf Jurschik gekommen. Er immerhin wurde an diesem Abend einmal nachdenklich: "Es wäre unsere Aufgabe gewesen, die Talente zu fördern und zu verteidigen, das haben wir viel zu selten getan. Was da verlorengegangen ist!"

FRANK PERGANDE.

Das Buch von Dieter Wolf "Gruppe Babelsberg. Unsere nichtgedrehten Filme" ist im Verlag "Das neue Berlin" erschienen, hat 256 Seiten und kostet 29,90 Mark.

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