Gustaf Gründgens (1899-1963) ist vielen, die ihn zum Beispiel als Mephisto in Goethes "Faust" auf der Bühne erlebt haben, unvergesslich. Aber auch wer ihn niemals sah, glaubt ihn gut zu kennen - und verwechselt ihn wo¬möglich mit jenem Mythos, den die jahrzehntelange Dis¬kussion um die Rolle des Schauspielers, Regisseurs und Intendanten im Dritten Reich geschaffen hat.Dieser Mythos bleibt bestehen, die Frage, welche Rolle "GG" im Dritten Reich gespielt hat, findet wechselnde Antworten. So wie Gründgens als Schauspieler zwischen Mephisto und Hamlet, Chansonnier, Entertainer und Mörder wechseln konnte, so changierend war auch die Persönlichkeit des Intendanten, der exaltierter Hysteriker und Demonstrant äußerster Disziplin zugleich sein konnte. Und ähnlich wankend sind die Bewertungen Gründgens', der in der NS-Zeit nicht emigrierte. Den einen ist er der skrupellose Karrierist, der die Kulturfassade des Dritten Reichs aufpolierte, die anderen sehen in ihm den mutigen und menschlich integren Theaterleiter, der selbst unter persönlicher Gefährdung in seinem Theater einen Freiraum innerhalb des totalitären Staates bot. Thomas Blubacher schildert hier die Fakten, die das Leben von "GG" bietet, und enthält sich einer Wertung, er überlässt sie vielmehr dem Leser.Gustaf Gründgens hatte überragende Erfolge als Künstler und wurde von seinen Anhängern fast kultisch verehrt. Doch zugleich war er ein an seiner Liebe Verzweifelnder, der unter Einsamkeit litt. Rheinländer von Herkunft und Preuße aus Gesinnung, fand er seine letzte künstlerische Heimat dort, wo sein rasanter Aufstieg begonnen hatte: in Hamburg.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die ganz große Gründgens-Biografie ist das nicht, erklärt Rezensent Jens Malte Fischer. Leider, meint er. Denn Gründgens hätte sie ebenso verdient wie Fritz Kortner. Aber Leser, die über den schillernden Schauspieler und Theaterintendanten zum ersten Mal lesen, sind mit Thomas Blubachers Porträt gut bedient, versichert Fischer. Alles gut lesbar, mit "übersichtlich arrangierten" Fakten. Und auch Gründgens Jonglieren mit den Nazis wird von Blubacher mit "allergrößter Präzision" beschrieben, lobt der Kritiker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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