Enge Gässchen und schattige Plätze, eine pittoreske Altstadt und ein Hauch von k. u. k. Flair erschaffen die besondere Magie Grados. Wunderschöne alte Villen und Pensionen zeugen noch heute von den glanzvollen Gästen vergangener Tage und der Bedeutung des Seebads in der Habsburgermonarchie.Andreas Schwarz und Martha Brinek erzählen von den berühmten Ville Bianchi, der Villa Reale und der Villa Erica, von Grados starken Frauen und seiner Geschichte. Mit Urgradesern und Grado-Liebhabern wie Peter Matic, Trixi Schuba oder Erwin Steinhauer entdecken sie, was den Sehnsuchtsort an der Adria so anziehend macht. Warum Grado, seine Villen und deren Küche sich so sehr nach »Zuhause« anfühlen. Und warum man immer wieder Gusto auf Grado bekommt.Mit zahlreichen Originalrezepten, illustriert von Künstler Gianni Maran aus Grado
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2019Auf der goldenen Himmelbastei
Damals lag Österreich noch am Meer, und der Kaiser war ein gütiger alter Mann. Duino, Triest, Brioni und Abbazia hießen die Sehnsuchtsziele der habsburgischen Riviera, seit mit der Eröffnung der Semmeringbahn im Juli 1854 die Adria näher an Wien herangerückt war. Im Fischerort Grado, nahe Aquileia auf einem Sandrücken zwischen Lagune und Meer gelegen, entdeckte man die profitable Heilkraft von Sandbädern. Aber erst als Kaiser Franz Joseph I. im Jahr 1892 Grado zum Kurort der Monarchie erhob, kam der Fremdenverkehr in Schwung, und Grado erlebte goldene Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Nur der Kaiser war nie dort. Er konnte dem Meer nichts abgewinnen, bevorzugte die Jagd, das Salzkammergut, besonders Bad Ischl. Im Gefolge das Who's who der Donaumonarchie in der Hoffnung auf Gunstbeweise und Geschäfte. Grado war dafür als einziges Strandbad der Monarchie für großbürgerliche Familien attraktiv. Konnte man sich nicht nur die Sommerfrische, sondern dazu die standesgemäße Villa leisten, ließ man im angesagten Jugendstil Wiener Façon bauen. Noch immer lebt Grado sehr gut vom nostalgischen k. u. k. Flair. Davon erzählen die Autoren dieses Buchs. Sie berichten von Gästen, lassen Einwohner zu Wort kommen, schlagen den Bogen von den Zwischenkriegsjahren bis in die Gegenwart. Architekturliebhaber werden allerdings enttäuscht. Es überwiegen boulevardeske Geschichten, Gesellschaftsklatsch, Skandälchen und Amouren. Langjährige Stammgäste mag die Lektüre amüsieren, zur ersten Annäherung an Grado taugt sie eher nicht. Aus den Momentaufnahmen und Ausschnitten entsteht weder ein Porträt dieses besonderen Orts noch ein Panorama der Vergangenheit. Grados Schriftsteller, Wiener Künstler, solvente Sommerfrischler, Gastronomen, Villenbesitzer, die Lagune, jene magische Zwischenwelt, die nicht mehr Land und noch nicht Meer ist: Vieles wird im Plauderton gestreift, nichts eingehend betrachtet. Auch sprachlich bleibt der Text auf dem Niveau der Klatschpresse. Alle Stars und Sternchen sind "famos", "legendär", "grandios", "große" oder "ganz große". Es fehlt die Distanz zum Stoff. Textpassagen tauchen beinahe wörtlich mehrfach auf. Ärgerlicher noch sind langatmige Exkurse auf Wikipedia-Niveau, die nichts mit der Thematik zu tun haben. Wenig Ortstypisches bieten auch die beigefügten Rezepte, alle angeblich "ein wohlgehütetes Geheimnis". In der Regel basieren sie auf Pelegrino Artusis berühmtem Kochbuch aus dem Jahr 1891.
rmb
"Gusto auf Grado. Eine Spurensuche zwischen Villen, Geschichte und Küche" von Andreas Schwarz und Martha Brinek. Amalthea Signum Verlag, Wien 2019. 256 Seiten, 66 Fotos. Gebunden, 25 Euro.
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Damals lag Österreich noch am Meer, und der Kaiser war ein gütiger alter Mann. Duino, Triest, Brioni und Abbazia hießen die Sehnsuchtsziele der habsburgischen Riviera, seit mit der Eröffnung der Semmeringbahn im Juli 1854 die Adria näher an Wien herangerückt war. Im Fischerort Grado, nahe Aquileia auf einem Sandrücken zwischen Lagune und Meer gelegen, entdeckte man die profitable Heilkraft von Sandbädern. Aber erst als Kaiser Franz Joseph I. im Jahr 1892 Grado zum Kurort der Monarchie erhob, kam der Fremdenverkehr in Schwung, und Grado erlebte goldene Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Nur der Kaiser war nie dort. Er konnte dem Meer nichts abgewinnen, bevorzugte die Jagd, das Salzkammergut, besonders Bad Ischl. Im Gefolge das Who's who der Donaumonarchie in der Hoffnung auf Gunstbeweise und Geschäfte. Grado war dafür als einziges Strandbad der Monarchie für großbürgerliche Familien attraktiv. Konnte man sich nicht nur die Sommerfrische, sondern dazu die standesgemäße Villa leisten, ließ man im angesagten Jugendstil Wiener Façon bauen. Noch immer lebt Grado sehr gut vom nostalgischen k. u. k. Flair. Davon erzählen die Autoren dieses Buchs. Sie berichten von Gästen, lassen Einwohner zu Wort kommen, schlagen den Bogen von den Zwischenkriegsjahren bis in die Gegenwart. Architekturliebhaber werden allerdings enttäuscht. Es überwiegen boulevardeske Geschichten, Gesellschaftsklatsch, Skandälchen und Amouren. Langjährige Stammgäste mag die Lektüre amüsieren, zur ersten Annäherung an Grado taugt sie eher nicht. Aus den Momentaufnahmen und Ausschnitten entsteht weder ein Porträt dieses besonderen Orts noch ein Panorama der Vergangenheit. Grados Schriftsteller, Wiener Künstler, solvente Sommerfrischler, Gastronomen, Villenbesitzer, die Lagune, jene magische Zwischenwelt, die nicht mehr Land und noch nicht Meer ist: Vieles wird im Plauderton gestreift, nichts eingehend betrachtet. Auch sprachlich bleibt der Text auf dem Niveau der Klatschpresse. Alle Stars und Sternchen sind "famos", "legendär", "grandios", "große" oder "ganz große". Es fehlt die Distanz zum Stoff. Textpassagen tauchen beinahe wörtlich mehrfach auf. Ärgerlicher noch sind langatmige Exkurse auf Wikipedia-Niveau, die nichts mit der Thematik zu tun haben. Wenig Ortstypisches bieten auch die beigefügten Rezepte, alle angeblich "ein wohlgehütetes Geheimnis". In der Regel basieren sie auf Pelegrino Artusis berühmtem Kochbuch aus dem Jahr 1891.
rmb
"Gusto auf Grado. Eine Spurensuche zwischen Villen, Geschichte und Küche" von Andreas Schwarz und Martha Brinek. Amalthea Signum Verlag, Wien 2019. 256 Seiten, 66 Fotos. Gebunden, 25 Euro.
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