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Wenn Gott tot ist, ist dann alles erlaubt? Sind wir am Ende nicht doch nur durch unsere Gene determiniert? Es gibt so viele Vorstellungen von Ethik, wie es Kulturen gibt - ist damit nicht alles relativ? Werden die Menschen nicht durch die Moral überfordert?
Simon Blackburn stellt sich in seiner Einführung zunächst den häufigsten Einwänden, mit denen sich die Ethik konfrontiert sieht. Er überlegt dann, welches die existentiellen Bedingungen des menschlichen Lebens sind, die die Frage nach der Moral stellen: Geburt, Tod, Freiheit, das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl…mehr

Produktbeschreibung
Wenn Gott tot ist, ist dann alles erlaubt? Sind wir am Ende nicht doch nur durch unsere Gene determiniert? Es gibt so viele Vorstellungen von Ethik, wie es Kulturen gibt - ist damit nicht alles relativ? Werden die Menschen nicht durch die Moral überfordert?
Simon Blackburn stellt sich in seiner Einführung zunächst den häufigsten Einwänden, mit denen sich die Ethik konfrontiert sieht. Er überlegt dann, welches die existentiellen Bedingungen des menschlichen Lebens sind, die die Frage nach der Moral stellen: Geburt, Tod, Freiheit, das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl (Utilitarismus). Er zeigt, wie wir über den Sinn des Lebens nachdenken können und dass wir den Orthodoxien und großspurigen Absolutismen misstrauen sollten, die moralische Debatten oft dominieren. In einem abschließenden Teil bietet er einen Überblick über philosophische Traditionen von Platon und Aristoteles bis zu den heutigen Debatten und unternimmt in Auseinandersetzung damit den Versuch einer eigenen Begründung der Ethik.

Kurztext:
Simon Blackburn legt mit diesem Buch eine kurze und doch grundlegende Einführung in die Ethik vor, die den Leser dort abholt, wo die Fragen, die Einwände gegen die Ethik anfangen. Dabei ist ihm gelungen, woran gerade die akademische Philosophie oft scheitert: Er hat eine einfache, klar gegliederte und gut lesbare Einführung geschrieben, die für eine breite Zielgruppe geeignet ist.
Autorenporträt
Simon Blackburn ist Professor für Philosophie an der University of Cambridge. Bis 2000 lehrte er an der University of North Carolina, Chapel Hill. Zu seinen Büchern zählen: The Oxford Dictionary of Philosophy (1994), Ruling Passions (1998), Truth (Herausgeber mit Keith Simmons, 1999) und Think (1999, dt. Denken. Die großen Fragen der Philosophie, Primus 2001). Von 1984 bis 1990 gab er die Zeitschrift Mind heraus.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2004

Tritte in den Hintern
Simon Blackburns Einführung in die Ethik versucht den Leser dort anzutreffen, wo er zu Hause ist: Im Alltag und in der Alltagssprache
Einer der bekanntesten nonkognitivistischen Ethiker, der in Cambridge lehrende Philosophieprofessor Simon Blackburn, legt hier nach einer Reihe von philosophischen Publikationen mit einführendem Charakter, die er in den vergangenen zehn Jahren veröffentlicht hat, nun seine Ethik-Einführung vor. Sie ist populär geschrieben und richtet sich an ein sehr breites Publikum. Wie schon in seiner Einführung in die theoretische Philosophie („Denken”), holt er Leser, die sich nie mit Moralphilosophie beschäftigt haben, in ihrem Alltagsdenken ab.
„Wozu brauchen wir eigentlich die Ethik?” ist eine seiner ersten Fragen. Er setzt sich mit den Skeptikern auseinander und kommt zu der Antwort, dass wir alle die Ethik brauchen und moralische Regeln befolgen sollten, weil wir wüssten, dass wir von unserer Gemeinschaft, unserer Umwelt abhängig sind.
Weitere Fragen schließen sich an. Wenn Gott tot ist, ist dann alles erlaubt? Die Antwort lautet: „Wir unterlegen unseren ethischen Normen einen göttlichen Ursprung, um ihre Autorität zu unterstreichen.” Mag sein, dass das so ist. Aber ist es in diesem Kapitel notwendig, die Religion so verächtlich zu machen, dass damit auch religiöse Gefühle zutiefst verletzt werden könnten? Es passt nicht so recht in eine Ethik-Einführung, in der wir das Credo lesen: „Wir erlassen moralische Normen für uns selbst und auch für andere, sofern wir von ihnen Respekt, Anstand und Toleranz einfordern.”
Wozu überhaupt Moral?
Die nächste Frage, die Simon Blackburn den Ethik-Skeptikern stellt, lautet: „Es gibt so viele Vorstellungen von Ethik, wie es Kulturen gibt - ist damit nicht alles relativ?” Die Antwort lautet: Nein, denn wir erlassen zwar Normen für uns selbst und andere, aber: „Um zu einer Zusammenarbeit zu kommen, sollten wir die Angelegenheit gemeinsam verfolgen, um am Ende eines Sinnes in Bezug auf die Lösung zu sein.” Blackburn setzt auf Konsens und damit kommen wir zu seiner eingangs erwähnten nonkognitivistischen Einstellung. Was ist das? Nonkognitivisten sind im Gegensatz zu den Kognitivisten nicht der Auffassung, dass man Antworten auf moralische Fragen wie Antworten im naturwissenschaftlichen Bereich finden kann, wo man rein kognitiv vorgeht. Für Kognitivisten haben moralische Regeln objektiven Status. Im Gegensatz dazu ist nach Ansicht von Nonkognitivisten eine normative Aussage, wie „Abtreibung ist moralisch verwerflich”, keine Tatsachenfeststellung, sondern je nach Präferenz richtig oder falsch.
Das stärkste Kapitel in dem Buch ist übrigens das achte Kapitel, in dem Blackburn höchst sorgfältig die Argumente für und gegen Abtreibung gegeneinander stellt und Gegner und Befürworter fair zu Wort kommen lässt. Jemand könnte nach Ansicht der Nonkognitivisten mit guten Gründen argumentieren, dass Abtreibung absolut verboten sei und ein anderer mit ebenfalls guten Gründen, dass Abtreibung in bestimmten Situationen erlaubt sein müsse. Welche der beiden Positionen richtig oder falsch ist, kann nach Auffassung der Nonkognitivisten nicht bestimmt werden. Darum könne man keinen von beiden anklagen, etwas Falsches zu sagen. Dennoch müssten die Menschen mit unterschiedlichen moralischen Ansichten auf Konsens aus sein. Damit wehren sie sich gegen den Vorwurf des Relativismus. Das Ziel einer Disputation über eine moralische Regel ist die intersubjektive Übereinstimmung. Das ist natürlich etwas anderes als eine objektive Regel, auf die man sich bezieht.
Nun, soweit die ethische Position von Blackburn. Noch einmal zurück zu seinem Stil, der sich an den Alltagsjargon anlehnt. Wo er sich zum Beispiel mit Kants Pflichtbegriff auseinandersetzt, heißt es: „Ein Liebhaber, der aus Pflichtgefühl heraus küsst, hat einen Tritt in den Hintern verdient.” Oder: „Später poliert Kant die Formel des kategorischen Imperativs weiter auf.” Das ist - wie sich unschwer nachprüfen lässt - nicht immer der Übersetzung geschuldet. Nun ist es nicht verwerflich, sondern sogar löblich, wenn man an die Leserinnen und Leser denkt und ihnen das Verständnis erleichtert. Doch diese sprachliche Vereinfachung führt bei Blackburn leider auch zur unerlaubten Vereinfachung von Sachverhalten.
So kolportiert er das weit verbreitete Vorurteil gegen Hume als einen am Gefühl und nicht an der Vernunft orientierten Moralphilosophen und bringt die leider schon überstrapazierte Aussage von Hume als Beleg: „Vernunft ist und sollte nur der Sklave der Antriebe sein und insofern nie vorgeben, einem anderen Geschäft nachzugehen, als ihnen zu dienen und zu gehorchen.” Moralphilosophen wie Christine Korsgaard, Herlinde Pauer-Studer und Bernard Williams erörtern das inzwischen auf hohem Niveau. Blackburn fällt hinter den Stand der Debatte zurück.
Jedenfalls bleibt nach der Lektüre von Blackburns Buch ein schaler Nachgeschmack, wenn man sich die Frage stellt: „Was hab ich jetzt gelernt?” Ich wüsste nichts zu sagen. Dem Buch fehlt die Systematik, die einer Einführung in die Ethik gut täte.
DETLEF HORSTER
SIMON BLACKBURN: Gut sein. Eine kurze Einführung in die Ethik. Primus Verlag, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004. 159 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Anerkennenswert und nicht an sich verwerflich findet Rezensent Detlef Horster das Bemühen des Philosophen Simon Blackburn, die Leserschaft da abzuholen, wo sie zum großen Teil nun mal ist: außerhalb der engeren philosophischen Zirkel. Also formuliert Blackburn verständlich, nähert sich den Fragen, die er stellt, mit Antworten, die auch der gesunde Menschenverstand nachvollziehen kann. So lautet die erste Frage etwa, ganz passend: "Wozu brauchen wir eigentlich die Ethik?". Antwort: Wir alle sind von unserer Umwelt abhängig und sollten uns wenigstens auf Verständigungsstandards einigen wollen. Blackburn ist Nonkognitivist, und Horster erklärt auch, was das heißt: Die Vertreter dieser Schule gehen nicht davon aus, dass Normen als objektive Tatsachen zu begreifen sind. Deshalb gehört auch Toleranz zu den wichtigsten Werten im Blackburnschen Argumentationszusammenhang. Umso erstaunlicher, kritisiert Horster, dass Blackburn dann die Religion verteufelt. Und überhaupt wird das Unbehagen des Rezensenten immer lauter: Die allzu saloppe Sprache führe zu allzu saloppen Argumenten, und auf die Abschlussfrage, was er nun eigentlich gelernt hat, weiß Horster nur eine sehr unerfreuliche Antwort: "Ich wüsste nichts zu sagen."

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