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Keine Mannschaft hat den deutschen Fußball so sehr revolutioniert wie der FC Bayern. Beckenbauers Leichtigkeit, Müllers Torhunger und das unbändige Selbstbewusstsein der Abiturienten Hoeneß und Breitner erschlossen dem Fußball neue spielerische und wirtschaftliche Dimensionen. Thomas Hüetlin, SPIEGEL-Reporter und Kenner der Fußballszene , beschreibt den Aufstieg der Bayern als eine Firmen-, Familien- und Kulturgeschichte: packend, unmittelbar wie eine Radioreportage, scharfsinnig, witzig wie ein Tom-Wolfe-Bestseller.
Anfang der sechziger Jahre quälten sie sich noch in der Oberliga Süd durch
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Produktbeschreibung
Keine Mannschaft hat den deutschen Fußball so sehr revolutioniert wie der FC Bayern. Beckenbauers Leichtigkeit, Müllers Torhunger und das unbändige Selbstbewusstsein der Abiturienten Hoeneß und Breitner erschlossen dem Fußball neue spielerische und wirtschaftliche Dimensionen. Thomas Hüetlin, SPIEGEL-Reporter und Kenner der Fußballszene , beschreibt den Aufstieg der Bayern als eine Firmen-, Familien- und Kulturgeschichte: packend, unmittelbar wie eine Radioreportage, scharfsinnig, witzig wie ein Tom-Wolfe-Bestseller.

Anfang der sechziger Jahre quälten sie sich noch in der Oberliga Süd durch die Dörfer. Dann wurde der Bauunternehmer Wilhelm Neudecker Präsident des FC Bayern. Er begriff, dass mit dem Trümmerfußball altdeutscher Prägung nichts mehr zu gewinnen war, und engagierte einen Trainer, der die jungen Spieler stürmen ließ, dass den Zuschauern der Mund offen stand. Und er verpflichtete einen Manager, der die Spielergehälter vervielfachte und seinen Stars lukrative Werbeverträge sicherte: Aus Fußballarbeitern wurden Popstars. Auf die Revolution von oben folgte die von unten. Selbstbewusste Spielertypen wie Sepp Maier erprobten erfolgreich den Aufstand gegen den autoritären Präsidenten. Allmählich übernahm die Mannschaft den Club. Es begann die Ära Hoeneß. Dieser hatte eine Vision: in einem rasant sich entwickelnden Geschäft erfolgreich sein und dennoch die Identität wahren. Rückschläge steckte er wie kein anderer weg: den Flugzeugabsturz, den er als Einziger überlebte, den Bruch mit dem Schicksalsgefährten Paul Breitner, drei tragische Niederlagen in europäischen Endspielen. Er wirtschaftete den Club trotzdem an die Spitze: Klar, es gab auch Neid, Intrigen, aber nach 40 Jahren steht ein ehemals kleiner Münchener Stadtteilclub ganz oben, und die, die es erkämpften, erst auf dem Rasen, dann an den Konferenztischen, sind immer noch da: der Uli, der Franz, der Kalle, der Sepp und sogar der Gerd. Die Mannschaft.

Autorenporträt
Thomas Hüetlin, geboren 1961, wuchs in München auf. Er war für den SPIEGEL Korrespondent in New York und Berlin, und heute in London. Mit Artikeln über Beckham und Kahn erregte er landesweites Aufsehen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bestens informiert und unterhalten fühlt sich Rezensentin Julia Bähr von dieser Geschichte des FC Bayern, die Thomas Hüetlin vorgelegt hat. Die Darstellung des wohl meistgehassten Fußballclubs der Liga erscheint ihr wohlwollend, wenn nicht parteiisch, über einen Mangel an Loyalität seitens des Autors wird sich der Verein jedenfalls kaum beklagen können. Nahezu jeden wichtigen Fußballer und Trainer der letzten Jahrzehnte widme der Autor ein eigenes Kapitel, wobei er sich besonders vor Langzeitmanager Uli Hoeneß verneige. Bisweilen allerdings zerfasert die Darstellung für Bährs Geschmack ein wenig. Dagegen schätzt sie die ausführliche Thematisierung der zunehmenden Kommerzialisierung des Profifußballs. Auffallend erscheint ihr, dass Hüetlin Akteure, die dem FC Bayern nicht mehr in Freundschaft verbunden sind, nicht gerade mit Samthandschuhen anfasst. Am blutigsten grätsche er Lothar Matthäus weg: Doch "die aufblitzende Polemik", findet die Rezensentin, "würzt die Vereinsgeschichte aufs feurigste".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2006

Gerdchen Müllers zarte Schenkel
Thomas Hüetlin schreibt dem FC Bayern eine Steilvorlage

Tennis, Skifahren, Billard, selbst Schach ist eine Sportart. Fußball aber ist keine Sportart mehr. Wer kurz vor Anpfiff die Zuschauerränge eines großen Stadions betritt, spürt sofort die spirituelle Energie, die sich im Rund gesammelt hat: Es wird um die Meisterschale gefleht, um den Aufstieg oder doch um den Klassenerhalt. Fußball ist eine Religion und zugleich Gott derselben, die Vereine stellen ihre Glaubensrichtungen dar. Von Ökumene keine Spur - die einzelnen Clubs verbindet bestenfalls eine distanzierte Freundschaft, die nur mit großer Erfolgsdifferenz funktioniert und sich meist in Benefizspielen äußert. Ganz selten gibt es einen Verein wie Mainz 05, mit dem sogar Anhänger anderer Glaubensrichtungen sympathisieren. Häufiger sind die allgemein verhaßten Konkurrenten wie der FC Bayern. Dessen Anhänger sehen darin bloßen Neid auf sportliche Erfolge, die Gegner aber erklären, die Arroganz der Führung und die Rückgratlosigkeit der Fans nicht ertragen zu können.

Die Geschichte dieses lebhaft umstrittenen Vereins hat Thomas Hüetlin aufgeschrieben. "Gute Freunde" heißt das Werk in Reminiszenz an ein Gesangsexperiment des jungen Franz Beckenbauer, aber der Autor läßt keinen Zweifel daran, daß Freundschaft ein rares Phänomen in der Branche ist. Nahezu jedem wichtigen Fußballer und Trainer der letzten Jahrzehnte ist ein eigenes Kapitel gewidmet, meist mitsamt seiner familiären Situation, der Kindheit sowie Freunden und Feinden in der Fußballwelt. Schwungvoll dribbelt Hüetlin durch die Vergangenheit des Vereins, begeht gelegentlich ein böses Foul an unliebsamen Persönlichkeiten und leistet sich auch den ein oder anderen poetischen Übersteiger: "Das Spiel gleicht jetzt einem von Böen zerzausten Weizenfeld", heißt es da über das Europapokalfinale gegen die Glasgow Rangers 1967, und nach dem in der Nachspielzeit verlorenen Champions-League-Finale 1999 in Barcelona hängt "ein Wimmern" in der Luft, "leise, aber durchdringend, wie ein Möwenschwarm in weiter Ferne".

In erster Linie aber verneigt sich Hüetlin zehenspitzentief vor Langzeitmanager Uli Hoeneß; vor seinen sportlichen Erfolgen, seiner Fürsorge für die Spieler und dem Bau der Allianz Arena gegen zahlreiche Widerstände. Der Schwabe nimmt in der Beschreibung messianische Züge an als Begründer einer neuen Sportlergeneration, deren Vertreter nicht nur rennen und kicken, sondern auch lesen, denken und rechnen konnten. Vor allem letzteres, denn die zunehmende Kommerzialisierung des Profifußballs mit immer astronomischeren Ablösesummen wird ebenfalls ausführlich thematisiert. Dabei legt Hüetlin Wert darauf, daß der FC Bayern lange Zeit nicht die Rekordmarken setzte, sondern sich unter Hoeneß' Ägide erst einmal gesundsparen mußte.

Merkwürdig nur, daß als Zeitpunkt der Machtübergabe an Hoeneß einmal der 1. Juli 1979, einmal das Frühjahr des gleichen Jahres genannt wird. Da haben die vielen Zeitsprünge anscheinend auch den Autor selbst verwirrt: Mal geht es vier Jahre vor, mal zwei zurück, damit auch wirklich jeder Vorgang einzeln abgehandelt werden kann, bis der Überblick schwindet: Wer ist jetzt gerade Kapitän, wer hat sich bereits zerstritten, und war nicht gerade noch ein anderer Trainer da? Zur Zerfaserung der Geschichte führt auch die Erwähnung vieler Spiele der Nationalmannschaft, bei denen Bayern-Kicker beteiligt waren. Es leuchtet ein, daß oft in deren Umfeld die Geschicke des Vereins mitbestimmt wurden, doch das Schwelgen in Länderspielberichten führt immer wieder vom Thema weg.

Es ist auffällig, daß in "Gute Freunde" nur die Akteure einen Schuß vor den Bug bekommen, die dem FC Bayern inzwischen nicht mehr in Freundschaft zugetan sind und somit keine bedeutende Lobby aufweisen können. Viele ehemalige Spieler haben Anekdoten und Erinnerungen für das Buch herausgekramt, und mit denen scheint es sich der Autor nicht verderben zu wollen. Über Gerd Müller beispielsweise heißt es zwar, daß er "aussah wie ein Krautfaß und am liebsten auf dem Sofa lag, Kartoffelsalat aß und Tom Jones hörte", doch der bescheidene Torjäger mit den legendären Schenkeln wird ansonsten geradezu zärtlich behandelt. Das letzte Wort des Epilogs lautet schlicht: Gerdchen.

Bei anderen dagegen traut sich der Autor einiges. Paul Breitner, dem ehemals engen Freund des Managers, wird eine "Aura fischhafter Kälte" attestiert; seine vehement vorgetragenen marxistischen Überzeugungen, so läßt Hüetlin durchblicken, entsprangen dem puren Vergnügen daran, sich Feinde zu machen. Am blutigsten grätscht der Autor Lothar Matthäus weg: "Man war in Deutschland durchaus gewöhnt an Leute, die nerven konnten; aber einen Fußballer mit einem solch titanischen Ego hatte man noch nicht erlebt." Seine seitenlang ausgebreiteten öffentlichen Verfehlungen und dummen Sprüche werden quantitativ kaum von der Aufzählung seiner sportlichen Erfolge aufgewogen, sind aber ohnehin vergnüglicher zu lesen und machen wieder klar, warum bei jeder wichtigen Trainersuche den Verantwortlichen das Entsetzen im Blick steht, sobald sein Name fällt. Die aufblitzende Polemik würzt die Vereinsgeschichte aufs feurigste - Hüetlin kann sich bei Matthäus für die zahlreichen Steilvorlagen bedanken.

JULIA BÄHR

Thomas Hüetlin: "Gute Freunde". Die wahre Geschichte des FC Bayern München. Blessing Verlag, München 2006. 352 S., geb., 19,95 [Euro].

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