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Das vorliegende Buch stellt die populäre volkssprachige Unterweisung, vom Kräuterbuch bis zum Hebammenratgeber, und die Sammlung des Wissens in den Enzyklopädien der Frühen Neuzeit ebenso vor wie die neue Form des Prosaromans und die Anfange von Zeitung und Zeitschrift. Durchweg farbige Abbildungen zeigen die unterschiedlichen Medien in ihrem kommunikationsgeschichtlichen Kontext und das geistige Klima einer gesamteuropäischen Bildungselite um 1500. Auch die Wechselwirkung des Buchdrucks mit der Reformation wird thematisiert, deren Erfolg wesentlich auf Gutenberg beruht. Schließlich beschreibt…mehr

Produktbeschreibung
Das vorliegende Buch stellt die populäre volkssprachige Unterweisung, vom Kräuterbuch bis zum Hebammenratgeber, und die Sammlung des Wissens in den Enzyklopädien der Frühen Neuzeit ebenso vor wie die neue Form des Prosaromans und die Anfange von Zeitung und Zeitschrift. Durchweg farbige Abbildungen zeigen die unterschiedlichen Medien in ihrem kommunikationsgeschichtlichen Kontext und das geistige Klima einer gesamteuropäischen Bildungselite um 1500. Auch die Wechselwirkung des Buchdrucks mit der Reformation wird thematisiert, deren Erfolg wesentlich auf Gutenberg beruht. Schließlich beschreibt Stephan Füssel die Geschichte der Gutenbergschen Erfindung, die 350 Jahre lang nahezu unverändert eingesetzt wurde.
Autorenporträt
Füssel, StephanStephan Füssel, geboren 1952, ist Direktor des Instituts für Buchwissenschaft an der Johannes- Gutenberg-Universität in Mainz und Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte und Gegenwart des Buch- und Verlagswesens.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.11.1999

Ökonomisches Hasardstück
Stephan Füssel über Gutenbergs Leben und geschäftliches Beben

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wird mit Recht zu den großen technologischen Revolutionen der Geschichte gezählt. Informationen wurden immer breiteren Bevölkerungsschichten verfügbar. Das neue Medium erleichterte es, immer mehr Wissen anzuhäufen und lieferte damit eine Grundlage für Innovationen aller Art. Es wurde Mittel des öffentlichen Diskurses, diente als Herrschaftsinstrument ebenso wie es zum Brecheisen an den Mauern der Macht werden konnte.

Über die mobilen Buchstaben wurden bald die finstersten Ideologien und die sublimsten Erkenntnisse verbreitet. Mit den Worten aus Blei schwebte eine wachsende Leserschar in himmlische Sphären und ließ sich in finstere Höllenklüfte tragen. Kein Jahrhundert nach ihrer Geburt verlieh die Neuerung der Reformation Luthers ihre Sprengkraft. Der Buchdruck wurde, zusammen mit seinen Zeitgenossen Kapitalismus und Schießpulver, zur Voraussetzung der Weltstellung Europas als aggressionsfähiger Hochkultur, wie der Buchforscher Reinhard Wittmann hervorgehoben hat.

Wer über die Erfindung des Buchdrucks räsonniert, hat es also mit einem kapitalen Thema zu tun. Dabei muss die mythenumwitterte Gestalt Gutenbergs - geboren um 1400 als Sohn des Kaufmanns Friele Gensfleisch, der den Hof "zum Gutenberg" in Mainz bewohnte - im Zentrum stehen. Ohne seine technische Intelligenz und seinen unternehmerischen Wagemut wäre die bahnbrechende Idee, Texte durch stets neue Kombination einzeln hergestellter Lettern zusammenzustellen, jedenfalls zu seiner Zeit nicht Wirklichkeit geworden. Allerdings, eine Erfindung aus dem Nichts, Resultat der Inspiration eines Genies war diese Form des Buchdrucks auch wieder nicht. Von größter Bedeutung dürfte die Marktsituation gewesen sein; schon im vierzehnten Jahrhundert ist - wie neuere Forschungen etwa zum venezianischen Buchwesen bestätigen - ein gesteigertes Interesse an Lektüre zu registrieren. Dazu kommt eine allmählich wachsende Vielfalt an Themen. Wohl steht die Religion im Vordergrund, aber unverkennbar dringen weltliche Gegenstände vor.

Mit dem Renaissance-Humanismus gewinnt das, was man eine Kommunikationsrevolution nennen könnte, deutliche Umrisse. Die Welt wollte lesen. Wichtige Neuerungen, die Gutenbergs Erfindung vorausgehen, lassen sich als Vorboten der Umwälzung interpretieren: die Einführung des Holzschnitts in Oberdeutschland um 1380 und die Gründung der ersten deutschen Papiermühle durch den Nürnberger Ulman Stromer, dem dessen unlängst verstorbener Nachfahr Wolfgang von Stromer eine bedeutende Studie gewidmet hat. Welche Bedeutung jene Ton- und Kupferstempel, die in Ostasien zum Druck von Banknoten, Texten und Textsilben dienten und Gutenberg bekannt gewesen sein können, für das Neue hatten, ist umstritten; zugleich ist zu bedenken, dass manche Buchbinder bereits metallene Stempel für den Blinddruck von Buchstaben verwendeten. Einige Prinzipien des modernen Buchdrucks wurden also bereits praktiziert.

"Irgendwie" zündete in dieser Melange von allgemeinen Bedingungen und mehr oder weniger kontingenten Einflüssen Gutenbergs geniale Idee. Über die Kausalitäten besteht in der Forschung alles andere als Einigkeit. Ist das Wissen um die Möglichkeit, mit Einzeltypen zu drucken, tatsächlich aus dem Orient nach Straßburg gelangt, wo Gutenberg seit 1434 nachweisbar ist? Wenn ja, auf welchen Wegen vollzog sich dieser Transfer? Oder entstand das Neue unabhängig von den fernöstlichen Entwicklungen?

Es ist das Verdienst des Buches von Stephan Füssel, dass es den Leser durch das Labyrinth einer komplizierten Forschungsdiskussion geleitet. Der Autor, Inhaber eines nach seinem Helden benannten Lehrstuhls an der Universität Mainz, teilt knapp die wesentlichen Fakten zu Leben und Werk Gutenbergs mit und bespricht die wichtigsten erhaltenen Werke seiner Offizin: Kalender, Ablassbriefe, Schulbücher oder auch das geheimnisumwitterte "Catholicon", eine Art Bibellexikon von nicht weniger als 726 Druckseiten. Ob es tatsächlich von Gutenberg gedruckt wurde, ist allerdings nicht ganz sicher. Anders verhält sich das mit der zweiundvierzigzeiligen lateinischen Bibel, dem "Buch der Bücher" des Meisters aus Mainz. Füssel erzählt von einem Monumentalunternehmen: 100000 Drucktypen und 230 760 Arbeitsgänge, um 180 Exemplare mit je 1282 Seiten Umfang anzufertigen. Über zwei Jahre Herstellungszeit. Häute von 3200 Tieren. Tausend Gulden Materialkosten.

Die dramatische Geschichte des ökonomischen Abenteuers wird durch einige fragmentarische Quellen angedeutet. Gutenberg nahm bei seinem Vetter Arnold Gelthus und bei einem Mainzer Partner, Johann Fust, Kredite auf; mit Letzterem kam es kurz nach Fertigstellung der ersten Exemplare im Herbst 1454 zu einem Rechtsstreit über die Rückzahlung der Gelder. Fust erhielt schließlich die technische Ausrüstung Gutenbergs und die Lagerbestände. Mit einem Gesellen seines ehemaligen Partners, Peter Schöffer, führte er die Werkstatt weiter. Gutenberg selbst scheint zeitweilig in Eltville gearbeitet zu haben. 1468 starb er in Mainz.

Der Bericht, den Füssel von der weiteren Ausbreitung der Erfindung gibt, fällt skizzenhaft aus. Er beschreibt ihre Wege nach Italien, nach Rom und Venedig, führt den Leser nach Paris und London, dann in die Welt des internationalen Humanismus. Den Abschluss bildet ein Blick auf die Zeit der Reformation, auf Luthers bahnbrechende, sprachprägende Bibelübersetzungen zwischen 1522 und 1546. Keine Rede von der weiteren frühneuzeitlichen Entwicklung, vom flugschriftendurchflatterten siebzehnten, vom tintenklecksenden achtzehnten Jahrhundert.

Das Schlusskapitel "Gutenberg goes electronic" ist überflüssig. Es verkündet Allgemeinplätze ("Das Internet ist in erster Linie ein Kommunikationsmedium . . .") und räsoniert mit den üblichen Argumenten über die Zukunft des Buches im Zeitalter der zweiten Medienrevolution. Dabei ist Füssels Werk schon als materielle Erscheinung eine schlagende Antwort auf die Herausforderung durch die elektronischen Publikationen. Es wurde nämlich in traditionellen Verfahren hergestellt, die auf den großen Erfinder Gutenberg verweisen. Der Text ist in Monotype-Bleisatz reproduziert: Streicht man über das nicht hellweiße, vielmehr wie von einem Tropfen ganz hellen Champagners getönte Papier, ist die Prägung durch die Bleilettern als zarte Unebenheit spürbar: Engramme der Erinnerung an eine fünfhundertjährige gloriose Geschichte. Die nach vorzüglichen Klischees gefertigten Farbabbildungen zeigen alte Bücher, illuminierte Handschriften und Holzschnitte in ihrer ganzen Herrlichkeit. Mit einem seidig schimmernden Goldband kann der ermüdete Leser markieren, wo die Lektüre in diesem Bücher-Buch unterbrochen wurde. Der Traum in Feinleinen ist ein Trost für alle Buch-Nostalgiker, und er hält eine Aufforderung an Verleger bereit, die verzweifeln an der in Chips verbunkerten und über Monitore flimmernden Konkurrenz, sich fürchten vor den Maschinen mit ihren kalten Pentium-Seelen. Sie lautet: Macht schöne, sinnliche Bücher! Erinnert euch daran, dass Greifen und Begreifen miteinander zu tun haben - und dass dem Fluggerät des Geistes elegantes Design wohl ansteht.

BERND ROECK

Stephan Füssel: "Gutenberg und seine Wirkung". Insel Verlag, Frankfurt am Main, Leipzig 1999. 141 S., 62 Abb., geb., 64,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

In einer Doppelrezension bespricht Bernhard Dotzler neben diesem Band auch die "Grosse Medienchronik" (Fink-Verlag) von Hans H. Hiebel, Heinz Hiebler, Karl Kogler und Herwig Waltisch. Da Dotzler neben der eigentlichen Buchbesprechung auch auf das Leben und Werk des Medienwissenschaftlers McLuhan eingeht, wird als drittes Buch auch Philip Marchands "Marshall McLuhan - Botschafter der Medien (Deutsche Verlags-Anstalt) erwähnt.
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