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Habitat und Habitus - ein semantischer Gleichklang, aber auch ein Verweis auf ein fehlendes Glied in der breiten internationalen und interdisziplinären Rezeption und Diskussion rund um Bourdieus Habitus-Konzept. Bisher konzentrierte sich die Rezeption des »Habitus« fast ausschließlich auf die in La distinction, den »feinen Unterschieden« vorgetragene, wie Bourdieu es selbst nannte, »Ethnographie der französischen Gegenwartsgesellschaft«. Wie defizitär, genealogisch und theoretisch, dieser Eindruck war, erschließt sich erst durch einen Blick auf die »Anfänge« Bourdieus, seine algerische…mehr

Produktbeschreibung
Habitat und Habitus - ein semantischer Gleichklang, aber auch ein Verweis auf ein fehlendes Glied in der breiten internationalen und interdisziplinären Rezeption und Diskussion rund um Bourdieus Habitus-Konzept. Bisher konzentrierte sich die Rezeption des »Habitus« fast ausschließlich auf die in La distinction, den »feinen Unterschieden« vorgetragene, wie Bourdieu es selbst nannte, »Ethnographie der französischen Gegenwartsgesellschaft«. Wie defizitär, genealogisch und theoretisch, dieser Eindruck war, erschließt sich erst durch einen Blick auf die »Anfänge« Bourdieus, seine algerische Erfahrung. In diesen grundlegenden ethnografischen Forschungen entwickelte Bourdieu nicht zuletzt dank des Blicks durch den Sucher seiner intensiv eingesetzten Kamera eine spezifische Perspektive auf die innige Korrespondenz zwischen der im Habitat der Menschen vergegenständlichten und in ihrem Habitus eingefleischten gesellschaftlichen Welt. In hunderten Fotos sicherte Bourdieu dieSpuren einer durch koloniale Gewalt zerstörten traditionellen Lebensform, in der Habitat und Habitus ganz so wie Muschel und Auster eine geradezu naturwüchsige Einheit bildeten. Die visuellen Zeugnisse aus dieser Frühphase seines Schaffens dienten ihm bis ans Lebensende als Anschauungsmaterial für seine theoretischen Arbeiten. Bourdieus fotografische Zeugnisse führen vor Augen, wie sich der Verlust dieser angestammten Lebenswelt in einem gebrochen Habitus der Entwurzelten niederschlägt und welches Maß an zerstörerischer Gewalt in dem vom Kolonialismus ausgelösten Clash of Civilisations zur Geltung kommt.

Autorenporträt
Franz Schultheis ist Senior Professor an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und leitet das Projekt 'Visuelle Formen soziologischer Erkenntnis'. Er arbeitete lange mit Pierre Bourdieu zusammen, ist Präsident der Fondation Bourdieu und Mitherausgeber der Bourdieu Schriften im Suhrkamp Verlag. Stephan Egger (1963-2021) war bis zu seinem Tod Research Fellow im Projekt 'Visuelle Formen soziologischer Erkenntnis' an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und gemeinsam mit Franz Schultheis Herausgeber der Schriften Pierre Bourdieus. Charlotte Hüser arbeitet seit Frühjahr 2020 am Lehrstuhl von Professor Schultheis an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und kümmerte um die Klassifizierung, sowie Digitalisierung der gesammelten fotografischen Zeugnisse von Pierre Bourdieu.