Der Thurgauer Paul Häberlin (1878-1960) war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine der einflussreichsten Gestalten des schweizerischen Geisteslebens. Der Berner und Basler Professor für Philosophie, Psychologie und Pädagogik war nicht nur in der Schweiz anerkannt und populär, sondern machte sich über die Sprach- und Landesgrenzen hinaus einen Namen. Häberlin ist wohl der einzige Schweizer Philosoph, der ein eigentliches philosophisches System entworfen hat. Der Beschluss des jungen Theologen Häberlin, seinen protestantischen Glauben mit der Philosophie zu konfrontieren, steht am Anfang eines faszinierenden geistigen Abenteuers. Durch alle Wandlungen von Häberlins Weltbild bleibt der Glaube an eine absolute Wahrheit und an die unbedingte Güte der Wirklichkeit erhalten. Es verblasst hingegen der Moralismus und die theistische Gottesvorstellung der Anfänge. Häberlin verkündet eine Ethik des Glaubens, eine Philosophie des Grossen Ja zu allem, was da ist, Ja zu der durchwegs als seelisch gedachten Wirklichkeit, Ja zum ewigen Reigen von Wandlung und Reinkarnation. Dabei verschliesst Häberlin nicht die Augen vor der Realität und Problematik des Daseins. Am Schluss bleibt der Zweifel, ob der Mensch, diese Seele, die sich andere Seelen - ihren Leib - unterjocht und deshalb von Grund auf böse ist, und die zur Erhaltung ihres Lebens zu allem andern Seienden in Gegensatz tritt, solcher Bejahung überhaupt fähig und würdig ist. Mit seinem Anspruch der Suche nach absoluter Wahrheit steht Häberlin quer zur philosophischen Hauptströmung seiner Zeit und erst recht der heutigen. So ist es um Häberlin in den letzten Lebensjahren und nach seinem Tod allmählich still geworden. Kann es sich die nicht mit Philosophen gesegnete Schweiz aber leisten, ihren Vorzeigephilosophen in Vergessenheit geraten zu lassen? Könnte Häberlins Bekenntnis zur 'Philosophia perennis' nicht Anstoss zu einer Neubesinnung der Philosophie sein? 'Häberlin für Heute' will nicht nur der kleinen Schar der Häberlin-Schüler eine Sammlung von Lieblingsstellen offerieren, sondern Häberlins Werk neuen Interessenten und weiteren Generationen in handlicher Form zugänglich machen.