14,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 2-4 Wochen
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

Christoph König entschlüsselt die Erzählstrategien zur Vermeidung des Erinnerns.Christoph König zeigt, wie Günter Grass in seinem umstrittenen autobiographischen Buch »Beim Häuten der Zwiebel« sein jüngeres Ich, von dem er in dritter Person spricht, fortwährend verächtlich macht. Wie verhält es sich aber mit den hier ausgesprochenen Vorwürfen und Verdachtsmomenten gegenüber dem Erzähler selbst?Christoph König weist nach, wie Grass erzählerisch das Erinnern seinen Darstellungsinteressen unterordnet, indem er jeden denkbaren Einwand selbst vorwegnimmt. Der Erzähler vollzieht am erinnerten Ich,…mehr

Produktbeschreibung
Christoph König entschlüsselt die Erzählstrategien zur Vermeidung des Erinnerns.Christoph König zeigt, wie Günter Grass in seinem umstrittenen autobiographischen Buch »Beim Häuten der Zwiebel« sein jüngeres Ich, von dem er in dritter Person spricht, fortwährend verächtlich macht. Wie verhält es sich aber mit den hier ausgesprochenen Vorwürfen und Verdachtsmomenten gegenüber dem Erzähler selbst?Christoph König weist nach, wie Grass erzählerisch das Erinnern seinen Darstellungsinteressen unterordnet, indem er jeden denkbaren Einwand selbst vorwegnimmt. Der Erzähler vollzieht am erinnerten Ich, das er »Er« nennt, die Entnazifizierung, die sich für den Erzähler dann scheinbar erübrigt. Dadurch wird der Text aber zum Beweis einer »Komplizenschaft zwischen Ich und Er«. Der Häme ist jeder, auch der eigene Versuch ausgesetzt, sich frei zu entscheiden. Grass will um nichts besser gewesen sein als seine schweigenden Zeitgenossen, und das mit guten politischen Gründen.Eine ähnliche Strategie des Erzählens und Erinnerns findet sich auch bei Walter Jens, dessen Parteimitgliedschaft in der NSDAP für öffentliche Diskussionen sorgte. Das Verschweigen prägte nach 1945 - weitgehend unbemerkt - die Schriften von Dichtern, Germanisten und Literaturkritikern. Der »poeta doctus« Walter Jens inszeniert die Protagonisten seiner Romane als Schauspieler auf einem absurden Welttheater. Ihre authentische Erinnerung bleibt dadurch gegenüber dem Absurden stets im Unbestimmten und Dunkeln. Die Parallelität der Erzählstrategien eröffnet für beide Autoren einen Zugang zum Textverständnis in dieser schwierigen Frage.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Christoph König, geb. 1956, Professor für deutsche Literatur an der Universität Osnabrück, 2008 /9 Fellow im Wissenschaftskolleg zu Berlin, 2011 /12 Fellow im Forscherkolleg »Fate, Freedom and Prognostication« der Universität Erlangen-Nürnberg, 2019 Professeur invité an der École normale supérieure, Paris. Mitglied des internationalen PEN.Veröffentlichungen u. a.: Lektüre und Geltung (Mithg. 2020); Jean Bollack. The Art of Reading (Mithg., 2017); L`intelligence du texte. Rilke - Celan - Wittgenstein (2016); »O komm und geh«. Skeptische Lektüren der »Sonette an Orpheus« von Rilke (2014).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nach einer kurzen Einführung in die Diskussion um Günter Grass' SS-Zugehörigkeit in jungen Jahren, die der Schriftsteller 2006 in seiner Autobiografie "Beim Häuten der Zwiebel" und einem FAZ-Interview zugegeben hatte, widmet sich der Rezensent Lothar Müller dem "kleinen polemisch-philologischen Traktat" des Literaturprofessors Christoph König "Häme als literarisches Verfahren". Müller sieht in Königs kurzem Text den Versuch, die Trennung Günter Grass' in Schriftsteller und politischen Moralisten, die der Historiker Michael Wolffsohn angesichts der SS-Debatte gezogen hatte ("Bleiben werden seine Worte, nicht seine Werte"), wieder aufzuheben und den Nobelpreisträger als Schriftsteller zu fassen, dessen Werk als Ausdruck eines politischen Willens zu gelten hat. Dieser These kann Müller überhaupt nicht zustimmen. Zwar nennt er das Buch wegen seines Diskussionspotentials "verdienstvoll", findet die Lesart Königs aber "spekulativ überdehnt". Und Königs These, Grass selbst habe aus der Häme eine literarische Technik gemacht, deutet Rezensent Müller als "Retourkutsche", der König einst selbst der "kleinlichen Häme" bezichtigt hatte.

© Perlentaucher Medien GmbH