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Es mag unnötig oder sogar unmöglich erscheinen, ein Vorwort zu einem Haikuband, in diesem Fall dem dritten von Gontran Peer, zu schreiben. Wortreiche Erläuterung steht im Gegensatz zur Kunst des Weglassens. Dennoch haben gerade Haikudichter nicht selten ihre Verse in den größeren Kontext von Haibun oder Haiku-Tagebuch gestellt. Ich möchte aber gerade von der Unmöglichkeit eines Vorworts ausgehen und stattdessen ein Haiku aus der Sammlung herausnehmen und befragen, damit es vielleicht für sich und die anderen spreche. Dabei leitet mich die Annahme, dass jedes Haiku in sich selbst ein "Vorwort"…mehr

Produktbeschreibung
Es mag unnötig oder sogar unmöglich erscheinen, ein Vorwort zu einem
Haikuband, in diesem Fall dem dritten von Gontran Peer, zu schreiben.
Wortreiche Erläuterung steht im Gegensatz zur Kunst des Weglassens.
Dennoch haben gerade Haikudichter nicht selten ihre Verse in den größeren
Kontext von Haibun oder Haiku-Tagebuch gestellt. Ich möchte
aber gerade von der Unmöglichkeit eines Vorworts ausgehen und stattdessen
ein Haiku aus der Sammlung herausnehmen und befragen, damit
es vielleicht für sich und die anderen spreche. Dabei leitet mich die Annahme,
dass jedes Haiku in sich selbst ein "Vorwort" ist, wie
---ein großer feldherr
über die jungen gräser
der mäusebussard---
Mit wenigen Worten wird hier nicht Vieles, aber viel dargestellt: Der
Flug des Bussards über ein weites Feld. Der Dichter verlässt sich ganz
auf diese Wahrnehmung. Diese ist wichtig, nicht die insgesamt nur neun
Wörter des Gedichts. Zum Zeichen, dass das Eigentliche "da draußen"
geschieht, ist auch das vielleicht zehnte Wort, das Verb, dem Gedicht
entflogen. Der Kontrast zu dieser Wortarmut steigert den Reichtum derErfahrung. Scheinbar wird also das Dichterwort sekundär und vorläufig,
macht sich klein gegenüber einem Stück Welt, das umso größer erscheint
und doch zugleich kein Sein hat - außer im Wort. Man kann im Feld,
das Gontran Peer dem Leser hier eröffnet, das Kraftfeld des Haiku überhaupt
erkennen. Diese Kraft ist es auch, eine weitere Annahme, von der
ich ausgehen möchte, die wiederum im Innern des traditionellen Haiku
ein Wort aus den anderen Wörtern heraushebt, es ihnen "voranstellt":
das Jahreszeitenwort, das Kigo. In "jungen gräsern" bündelt sich hier
die dichterische Energie.
Hat das Haiku noch mehr zu sagen? Erstaunlicherweise scheint der
"feldherr" zwar groß, aber recht schwach zu sein. Gontran Peer vertraut
an dieser Stelle nicht den Sinnen, sondern einer Metapher. Aber auch
hierin zeigt sich die Kraft eines Dichters, der die Figur des Kriegers im
konkreten "feld" vielleicht nureine Spur zu deutlich zeichnet.
"Haiku im Kreis" auch ein Sinnbild, wenn man so will. Schöner ist
die direkte Bedeutung: dies sind Haiku, die Gontran Peer in unseren
Münchner Kreis einbrachte. Er nimmt dafür immer den weiten Weg aus
Südtirol auf sich. In meiner Vorstellung sind die schmalen Bergpfade
jenes Hinterlands die Orte seiner Dichtung. Das ist meine letzte und sicherlich
allzu romantische Annahme. Unergründlich sind die Erfahrungen
des Dichters - und des Lesers.-----
München, Juni 2012 ---------
Frank Hornung
Autorenporträt
Gontran Peer, Jahrgang 1957, lebt und arbeitet in Norditalien und ist seit 1997 Meditationsschüler. Er ist Mitglied der Deutschen Haiku Gesellschaft, der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Bayern und der Haiku-Gruppe in München. Haikuveröffentlichungen in der der Zeitschrift »Sommergras«, sowie in verschiedenen Foren und Werkstätten.