Seinen"Haiti Cherie" hat der Essayist und Erzähler Hans Christoph Buch zweiteilig komponiert: Er zerfällt in eine männliche und eine weibliche Hälfte. Tante Erzulie, die Hauptfigur und kaffeebraune Ich-Erzählerin des ersten Romanteiles, hat "ihre glänzendsten Siege nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Bett" errungen. Als erotische Muse zieht sie augenzwinkernd den Bettvorhang auf und zu: vor Liebesabenteuern, die Kontinente und Jahrhunderte umspannen; beginnend mit der Französischen Revolution im Herbst 1792 und endend mit dem Zusammenbruch Nazi-Deutschlands im Mai 1945. Erzulie, die Voodoo-Göttin der Liebe, betritt in wechselnden Inkarnationen die Bühne von H.C. Buchs Geschichte. Sie nutzt ihren sozialen Aufstieg von der Hafendirne zur Verlobten des französischen Jakobiners Sonthonax, um, mit den Waffen einer Frau, für die Emanzipation ihrer Hautfarbe zu kämpfen, und trägt als Agentin des schwarzen Generals Toussaint Louverture dazu bei, daß die Sklaverei auf Haiti für immer abgeschafft wird. Unter dem Namen Marie Laveau avanciert sie zur Voodoo-Königin von New Orleans und taucht im Jahre 1848 als aus Martinique stammende Maitresse des Dichters Charles Baudelaire in Paris auf. Der großen Männer überdrüssig, wechselt Erzulie ihr Geschlecht: Sie verwandelt sich in Paul Lafargue, den auf Kuba geborenen Schwiegersohn des Doktor Karl Marx, schreibt unter dem Titel "Das Recht auf Faulheit" einen Gegenentwurf zum "Kapital" und macht als Josephine Baker in Berlin Furore, wo sie unter dem Pseudonym Eva Braun (sowohl an ihre Hautfarbe, als auch an den Sündenfall erinnernd) den Führer des großdeutschen Reiches verführt und an seinem Untergang maßgeblich mitwirkt.