Männerjagd
Holda ist 82 und erinnert sich gern an ihre Zeit in Bad Godesberg und Bonn zurück. Zum Glück hat sie in ihrer Enkelin Laura eine interessierte Zuhörerin, kann diese sich die Zeit damals ohne Telefon, Fernseher und Internet doch nicht wirklich vorstellen. Und ganz so brav, wie „Frau
Holle“ (Holdas Spitzname) ihr erscheint, war sie auch nicht. Holda hat nämlich zusammen mit ihrer…mehrMännerjagd
Holda ist 82 und erinnert sich gern an ihre Zeit in Bad Godesberg und Bonn zurück. Zum Glück hat sie in ihrer Enkelin Laura eine interessierte Zuhörerin, kann diese sich die Zeit damals ohne Telefon, Fernseher und Internet doch nicht wirklich vorstellen. Und ganz so brav, wie „Frau Holle“ (Holdas Spitzname) ihr erscheint, war sie auch nicht. Holda hat nämlich zusammen mit ihrer Freundin Karin im Innenministerium als Sekretärin gearbeitet und sich die wenige freie Zeit mit der Jagd auf Ehemänner und Spione vertrieben ...
Ingrid Noll zeichnet im ersten Teil von „Halali“ ein sehr gemütliches und buntes Bild vom damaligen Zeitgeschehen. Sei es Politik, Mode oder das Frauenbild (Mit Mitte 20 noch unverheiratet geht ja gar nicht! Oder: Wozu willst Du studieren Mädchen? Du heiratest doch hoffentlich bald und bekommst Kinder, um die Du Dich dann kümmern musst!) – man bekommt einen sehr guten Einblick in den damaligen Alltag. Zudem scheint die Autorin einige persönliche Erfahrungen verarbeitet zu haben.
Die Krimihandlung kommt dabei leider nur langsam in Fahrt. Es werden zwar schon erste Spuren und Hinweise gelegt, aber ich hatte mir mehr Spannung erhofft. Ein Krimi war das (noch) nicht!
Die zweite Hälfte wird endlich der erwartete Spionagethriller. Holda und Karin werden in einen Mordfall verwickelt und erledigen sich auch selbst des einen oder anderen überflüssigen Mannes oder bedrohlichen Gegners.
Holda und Karin verkörpern zwei sehr unterschiedliche Frauentypen der damaligen Zeit.
Holda kommt aus einer Handwerkerfamilie. Sie ist bodenständig und meistens grundehrlich. Ihr Vater ist Bäcker und träumt von einem Bäcker als Ehemann für sie – dann könnte er sich endlich zur Ruhe setzen. Für ihre Mutter dürfte es aber ruhig auch ein König oder Staatsführer sein. Für Holda hingegen muss er vor allem nett sein und sie lieben.
Karin entstammt einem alten, nach dem Krieg verarmten Grafengeschlecht. Das Trauma ihrer Flucht hat sie nie verarbeitet. Aber sie ist zäh und zupackend. Männern gegenüber zeigt sie sich extrem aufgeschlossen (soll heißen, sie hat nicht nur einen Freund ...), aber von ihren Zukunftsplänen weicht sie nicht ab: Sie will Botschaftergattin werden, darunter geht nichts! Die alten Standesdünkel hat eben sie nicht abgelegt. Sobald es ernst wird, versucht sie sich immer wieder zu drücken. Sie ist extrem selbstsüchtig. Das sorgt natürlich für Dynamit in der Freundschaft der beiden Frauen.
Fazit: „Halali“ ist eine unterhaltsame Gesellschaftsstudie der 50er Jahre mit kriminellen Elementen und zeigt den beginnenden Wandel in der Gesellschaft.
Trotz etwas wenig Spannung hat mich das Hörbuch sehr gut unterhalten und uns eine schier endlose Autofahrt angenehm verkürzt. Mir gefiel auch Ingrid Nolls leiser, feinsinniger Humor.
Nina Petris Stimme passt hervorragend sowohl zur alten erfahrenen Holda als auch zur noch unbekümmerten und leicht naiven jugendlich frischen.