Halbwahrheiten gehören zu den auffälligsten und wirkmächtigsten Instrumenten des sogenannten postfaktischen politischen Diskurses - eines Diskurses, der zwischen Relativismus und Zynismus schwankt und für den die Verwandlung von Fakten in bloße Meinungen ebenso typisch ist wie das Streben nach Aufmerksamkeit und die Demonstration autoritärer Setzungsmacht. Ob Fake News, Verschwörungstheorien oder populistische Propaganda: Sie alle kommen nicht ohne Halbwahrheiten und ihre Manipulation von Wirklichkeit aus. In ihrem Buch setzt Nicola Gess die Halbwahrheit ins Vernehmen mit dem Ideologiebegriff…mehr
Halbwahrheiten gehören zu den auffälligsten und wirkmächtigsten Instrumenten des sogenannten postfaktischen politischen Diskurses - eines Diskurses, der zwischen Relativismus und Zynismus schwankt und für den die Verwandlung von Fakten in bloße Meinungen ebenso typisch ist wie das Streben nach Aufmerksamkeit und die Demonstration autoritärer Setzungsmacht. Ob Fake News, Verschwörungstheorien oder populistische Propaganda: Sie alle kommen nicht ohne Halbwahrheiten und ihre Manipulation von Wirklichkeit aus. In ihrem Buch setzt Nicola Gess die Halbwahrheit ins Vernehmen mit dem Ideologiebegriff und formuliert eine Theorie der Halbwahrheit als narrativer Kleinform, die nicht nach dem binären Code wahr/falsch, sondern glaubwürdig/unglaubwürdig funktioniert. Am Beispiel des gefallenen Journalisten Claas Relotius, des Verschwörungstheoretikers Ken Jebsen und des Literaten Uwe Tellkamp untersucht sie, wie eine Rhetorik der Halbwahrheiten arbeitet und warum man ihr mit einem »Fiktionscheck« besser begegnen kann als mit einem »Faktencheck«.
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Autorenporträt
Nicola Gess ist Professorin für Neuere deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Basel. Nach einem Studium der Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft und Querflöte in Hamburg, Princeton (USA) und Berlin forschte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Regensburg und der Freien Universität Berlin und folgte 2010 einem Ruf an die Universität Basel (CH). Nicola Gess ist Leiterin des vom Schweizer Nationalfonds geförderten Forschungsprojekts Halbwahrheiten. Wahrheit, Fiktion und Konspiration im 'postfaktischen Zeitalter' und Co-Leiterin der ebenfalls vom Nationalfonds geförderten Sinergia-Forschergruppe The Power of Wonder. Gastaufenthalte und Fellowships führten sie u.a. an das Käte Hamburger Kolleg Morphomata an der Universität Köln, an das Max Planck Institut für Wissenschaftsgeschichte und an das Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin und an die Kolleg-Forschergruppe Imaginarien der Kraft an der Universität Hamburg. Zu ihren Veröffentlichungen gehören: Staunen. Eine Poetik (2019), Archäologie der Spezialeffekte (Hg., 2018), Handbuch Literatur und Musik (Hg., 2017), Barocktheater als Spektakel. Maschine, Blick und Bewegung auf der Opernbühne des Ancien Régime (Hg., 2015), Wissens-Ordnungen. Zu einer historischen Epistemologie der Literatur (Hg., 2014), Primitives Denken. Kinder, Wilde und Wahnsinnige in der literarischen Moderne (Müller, Musil, Benn, Benjamin) (2013), Gewalt der Musik. Literatur und Musikkritik um 1800 (2. Auflage 2011).
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Urs Hafner freut sich schon auf eine Fortsetzung des Essays von Nicola Gess, den er wärmstens zur Lektüre empfiehlt. Darin könnte die Literaturwissenschaftlerin dann klären, ob der Begriff des Faschismus wirklich die erste Wahl ist, um die Kultur der Halbwahrheiten zu fassen, die sie laut Hafner so erhellend anhand einiger Beispiele von Trump bis Tellkamp beschreibt. Davon abgesehen ist das Buch für Hafner ein "Kompass" im Dschungel der Halbwahrheiten.