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Erscheint vorauss. 20. März 2025
Produktbeschreibung
A nuanced introduction to the Palestinian organization
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Autorenporträt
Khaled Hroub is a Palestinian, born in a refugee camp in Bethlehem. He is currently Professor in Residence of Middle Eastern Studies at Northwestern University in Qatar and former director of the Arab Media Project at Cambridge University. He is the author of numerous books including Hamas: A Beginners Guide. His articles have been published in Open Democracy, Middle East Journal, and The New Arab, among many others.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2011

Mentale Festplatten
Warum man mit der Hamas Staat machen kann: Khaled Hroub widerlegt die Vorurteile des Westens
Ein Buch über die islamistische Hamas zu schreiben oder zu besprechen, ist nicht möglich, ohne vorher die Perspektive zu klären. Die Hamas ist seit ihrer Gründung 1987 ein wichtiger Akteur im „Nahostkonflikt“, der seit mehr als 100 Jahren andauernden Konfrontation zwischen Israelis, Palästinensern und Arabern. Dabei geht um die Frage, ob die Palästinenser ihren eigenen Staat erhalten und wenn ja innerhalb welcher Grenzen.
Die von beiden Seiten als existentiell empfundene Auseinandersetzung um ihr gemeinsames Land enthält vielerlei Wahrheiten, rationale und emotionale. In Deutschland, in westlichen Gesellschaften allgemein, ist gleichwohl die folgende, fast rituell verkürzte Formel weitgehend Konsens: Israel sei die einzige Demokratie im Nahen Osten, umgeben von feindlichen Nachbarn, die Israel am liebsten „vernichten“ würden. Galten in der Vergangenheit die arabischen Staaten und die PLO unter Jassir Arafat als die größten Feinde Israels, sind es heute Iran, die Hisbollah und die Hamas. Obwohl der jüdische Staat immer wieder Zugeständnisse im Friedensprozess gemacht habe, zuletzt die Rückgabe des Gaza-Streifens an die Palästinenser 2005, reagierte namentlich die Hamas stets mit Terror und Gewalt.
Dementsprechend gilt sie in Deutschland und der Europäischen Union als bloße Terrororganisation, mit der auch nur zu reden als politisches Tabu gilt. Obwohl die Hamas die stärkste Kraft unter den Palästinensern darstellt und die Parlamentswahlen 2006 mit 54 Prozent der Stimmen gewann – weniger geschuldet der Sehnsucht nach einem Gottesstaat als vielmehr der anhaltenden israelischen Besatzung und der Korruption der säkularen Fatah.
Wirkliches Hintergrundwissen über die „Bewegung des islamischen Widerstands“, arabisch abgekürzt Hamas (was zusätzlich „Hingabe“ bedeutet), ist gleichwohl die Ausnahme – und beileibe nicht von jedem erwünscht. Als die Politologin Helga Baumgarten 2006 das erste grundlegende Buch über die Hamas auf Deutsch vorlegte, wurden mehrere ihrer Lesungen von Störern gesprengt. Der Publizist Henryk M. Broder ging die Autorin zeitgleich ebenso infam wie unterhalb der Gürtellinie auf seiner „Achse des Guten“ an.
Nun liegt ein zweites, sehr lesenswertes Buch über die Hamas vor. Der palästinensische Journalist Khaled Hroub erzählt Geschichte und Hintergründe der „islamischen Bewegung in Palästina“. Die von ihm gewählte essayistische Form erzeugt ihren eigenen Sog, seine in Frageform gefasste Gliederung befördert die gute Lesbarkeit zusätzlich. Ist die Hamas eine antisemitische Organisation?, fragt er beispielsweise und kommt zu dem argumentativ überzeugend vorgebrachten Schluss: „Die Organisation muss als antizionistisch, aber nicht als antijüdisch charakterisiert werden.“
Wobei natürlich die in Sachen Israel/Palästina vorherrschende „mentale Festplatte“ in Deutschland bei dieser Formatierung Alarm schlägt. Antizionistisch, antijüdisch, antisemitisch: Wo liegt da, bitteschön, der Unterschied? Es gibt ihn, und Hroub legt ihn ausführlich dar. Dennoch wird sein Buch die unkritischen Befürworter und Bewunderer Großisraels weder erreichen noch überzeugen. Alle anderen werden es mit großem Gewinn lesen, gerade weil der Autor unsere vorgefassten Ansichten nicht bedient und damit den Horizont erweitert.
Wird die Hamas Israel jemals anerkennen? Das hänge davon ab, so Hroub, was Israel seinerseits anzubieten habe. Eine Anerkennung ohne Gegenleistung komme für die Hamas nicht in Frage. Wann und warum beschloss die Hamas die Strategie der Selbstmordattentate? Diese Attentate, laut Hroub innerhalb der Hamas heftig umstritten, begannen 1994 als Reaktion auf das Massaker in Hebron, als ein fanatischer israelischer Siedler 29 betende Muslime in der Ibrahim-Moschee erschoss. „Ende 1995 setzte die Hamas die Selbstmordattentate monatelang aus. Erst nach der Liquidierung einer ihrer militärischen Anführer, Yahya Ayasch, begann sie erneut mit den Attentaten. Ähnliche ‚stillschweigende Abkommen‘ gab es (...) immer wieder; sie scheiterten jedoch allesamt, da Israel keine Gelegenheit ausließ, Hamas-Führer zu ermorden.“
Weder Israels Krieg im Gaza-Streifen zum Jahreswechsel 2008/2009 noch die von Israel, der EU und den USA betriebene Politik der Isolierung der Hamas haben sie geschwächt – im Gegenteil. Die Zeit arbeite für die Hamas und gegen die Palästinensische Autonomiebehörde unter Führung von Mahmud Abbas. Da Israel einen palästinensischen Staat jenseits von Lippenbekenntnissen ablehne, verliere Abbas zunehmend an Glaubwürdigkeit, schreibt Khaled Hroub: „Es hängt weitgehend von der Politik Israels ab, ob sich die Hamas künftig mehr in die radikale oder in die gemäßigte Richtung entwickelt.“ MICHAEL LÜDERS
KHALED HROUB: Hamas. Die islamische Bewegung in Palästina. Aus dem Englischen von Michael Schiffmann. Palmyra Verlag, Heidelberg 2011. 244 S., 17.90 Euro.
Michael Lüders ist Autor und Orientalist. Jüngst ist sein neues Buch erschienen: „Tage des Zorns. Die arabische Revolution verändert die Welt“ (C. H. Beck).
Die Hamas ist antizionistisch,
antijüdisch ist sie nicht,
sagt Khaled Hroub.
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