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"Hand im Spiel" ist ein echtes Verwirrspiel - um eine herrenlose Tasche, einen vergeßlichen alten Mann, der nach dem Zigarettenkauf nicht mehr in sein Altenheim zurückfindet, einen Bankangestellten, der vom großen Geld träumt, ein Liebespaar, das sich ohne Kleider wiederfindet, ein philippinisches Hausmädchen, das seinen Arbeitgeber verliert, einen Künstler, der eine Leiche entdeckt - kurz, ein unterhaltsamer Roman über die UNO-Stadt am Genfer See und die Menschen, die dort leben.

Produktbeschreibung
"Hand im Spiel" ist ein echtes Verwirrspiel - um eine herrenlose Tasche, einen vergeßlichen alten Mann, der nach dem Zigarettenkauf nicht mehr in sein Altenheim zurückfindet, einen Bankangestellten, der vom großen Geld träumt, ein Liebespaar, das sich ohne Kleider wiederfindet, ein philippinisches Hausmädchen, das seinen Arbeitgeber verliert, einen Künstler, der eine Leiche entdeckt - kurz, ein unterhaltsamer Roman über die UNO-Stadt am Genfer See und die Menschen, die dort leben.
Autorenporträt
Urs Richle, geb. 1965 im Toggenburg, lebt mit seiner Familie in Genf. Er studierte Philosophie und Soziologie und veröffentlichte eine Reihe von Romanen, die in mehrere Sprachen übersetzt und mit Preisen ausgezeichnet wurden. Neben dem Schreiben arbeitet Urs Richle als Medieningenieur in Forschungsprojekten an der Universität Genf und als Dozent am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.1998

Das harte Brot des Verbrechens
Schnittig: Urs Richle gibt Genf eine Chance

Ein Mietshaus brennt. Die Hochbahn rast über die Allen Street. Menschen suchen nach Arbeit, einer schaufelt für einen viertel Dollar Kohlen. Auf den modernen Überseedampfern wird getanzt. Eine Frau bekommt ihr erstes Kind. Auf dem Fährboot spielt eine Violine. Das ist New York, Anfang des Jahrhunderts. Eine Boeing 747 zieht eine Schleife über den Fribourger Alpen. Die Stadtreinigung hat den Platz gesäubert. Ein alter Mann blickt auf den See. In den Banktürmen werden Geschäfte gemacht. Mitarbeiter der Vereinten Nationen feiern eine Party. Das ist Genf, heute. Was John Dos Passos in seinem Roman "Manhattan Transfer" 1925 leistete, das Leben verschiedener Menschen in Momentaufnahmen einer Stadt zu zeigen, das möchte Urs Richle in die Gegenwart und nach Genf übertragen.

Der Schweizer Autor zeigt die Genfer Gegenwart in Episoden, die er wie sein Vorgänger hart schneidet und parallel montiert: Der alte Théodor verläßt das Altersheim, um Zigaretten zu holen. Gleichzeitig flieht ein Bankangestellter in den Untergrund, und ein junger Videokünstler erlebt eine mißlungene Vernissage. Die Szenen wechseln, die einzelnen Geschichten laufen, brechen ab und werden an anderer Stelle weitergeführt.

Die Stücke, die Episoden, die Ausschnitte hat der Autor in einen Tag zusammengefügt und durch eine arg konstruierte Kriminalgeschichte verbunden. Ein im Halbdunkel bleibendes Verbrechen, bei dem sich alles um eine schwarze Tasche dreht, gibt den Einzelschicksalen einen Rahmen. Der Bankangestellte, die zickige Eliane, der marokkanische Diplomat, Georg mit seinem Joint, das philippinische Hausmädchen und der alte Théodor, sie alle hängen zusammen, und fast jeder trägt einmal eine schwarze Tasche.

Urs Richle hätte seine Figuren und ihre Geschichten auch einfach nebeneinander stellen können. Vielleicht aber fürchtete er, sie würden allein nicht tragen. Könnten sie den Roman tragen? Théodor mit dem schwachen Gedächtnis beispielsweise, der so gerne im Café sitzt und sich das Rauchen nicht nehmen lassen will, durch die Straßen geht und verwirrt die Stadt und verschiedene Zeiten durchstreift? Er braucht die Unterstützung von Bud Korpenning, der als Lohn für seine Arbeit verschimmeltes Brot und ein Glas Milch bekommt und gegen seine Magenkrämpfe kämpft. Richles Figuren sind ein wenig blaß. Sie haben zwar ein markantes Profil, bei Théodor sorgt ein Schnurrbart für Kontur, trotzdem bleiben sie schemenhaft. Natürlich ist es gut, daß sich der junge Autor der Herausforderung einer Figurenfülle stellt, wie sie eine kaleidoskopartige Erzählung verlangt. Aber die Figuren schaffen es bei Richle nicht, für sprachliche Vielfalt zu sorgen. Die Sprache des Romans ist variantenarm, das wird durch etwas Französisch und Schwyzerdütsch nicht besser. Es dominiert der kurze Satz, und manche sind so kurz, daß sie keine Sätze mehr sind. Sie wirken nicht dramatisch, sondern steif. "Théodor starrt auf die Bordsteinkante. Gegenüber, in der Böschung, haben Mohnblumen fruchtbaren Boden gefunden. Dann das leise Surren, das zu einem Brummen wird. Der Bus fährt heran und hält direkt vor Théodor. Die Tür springt auf, und er steigt die zwei Stufen hoch. Er setzt sich ganz hinten ans Fenster." So ähnlich dürften die meisten Mitteleuropäer einen Bus besteigen. Wer kennt es nicht, das Surren, das zu einem Brummen wird? Ähnlich detaillierte Auskünfte erhält der Leser über das Zuckern von Kaffee: auswickeln, zerbrechen, die eine Hälfte in den Kaffee geben, dreimal umrühren, die andere Hälfte in den Mund stecken, umrühren.

Bei dieser Detailversessenheit braucht der Roman die harten Schnitte, die Überblendungen, die Montage, um Leben hineinzubringen in die Überschaubarkeit der "kleinsten Großstadt der Welt". Durch sie zieht am frühen Morgen die Stadtreinigung, mit elektrischen Putzfahrzeugen und Männern in Orange, die mit Zangen Papierfetzen aufheben. In New York mit seiner rußigen Luft zucken die Gaslaternen, und man hört die Feuerwehr, die Menschen und die Hochbahn. SANDRA KERSCHBAUMER

Urs Richle: "Hand im Spiel". Roman. Verlag Eichborn Berlin, Berlin 1998. 296 S., geb., 39,80 DM.

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