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Die Parteien der Bundesrepublik gestern und heute!
Das Handbuch der deutschen Parteien schließt eine Lücke in der Parteienliteratur. Erstmals wieder werden alle wichtigen Parteien in der Geschichte und Gegenwart der Bundesrepublik Deutschland, insgesamt mehr als 80, umfassend und systematisch in einem Band behandelt. Neben die Darstellung der einzelnen Parteien treten zudem Beiträge, die die Einzeldarstellung in einen umfassenderen Zusammenhang einordnen.
Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsübersicht
Vorwort 7
Inhalt und Systematik des Handbuches 9
Kurzbezeichnungen der Parteien
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Produktbeschreibung
Die Parteien der Bundesrepublik gestern und heute!

Das Handbuch der deutschen Parteien schließt eine Lücke in der Parteienliteratur. Erstmals wieder werden alle wichtigen Parteien in der Geschichte und Gegenwart der Bundesrepublik Deutschland, insgesamt mehr als 80, umfassend und systematisch in einem Band behandelt. Neben die Darstellung der einzelnen Parteien treten zudem Beiträge, die die Einzeldarstellung in einen umfassenderen Zusammenhang einordnen.

Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsübersicht
Vorwort 7
Inhalt und Systematik des Handbuches 9
Kurzbezeichnungen der Parteien 12
Allgemeiner Teil
Frank Decker
Parteiendemokratie im Wandel 19
Paul Lucardie
Zur Typologie der politischen Parteien 62
Heike Merten
Rechtliche Grundlagen der Parteiendemokratie 79
Oskar Niedermayer
Die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems 114
Lexikalischer Teil
Die Parteien von A - Z 139
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 431
Autoren 434
Personenregister 436

Vorwort:
Die bundesdeutsche Parteienlandschaft ist in Bewegung geraten. Spätestens mit der Bundestagswahl 2005 wurde zur Gewissheit, was sich schon seit längerem angebahnt hatte, in seinen vollen Konsequenzen aber noch nicht sichtbar geworden war: dass die âra des stabilen Parteiensystems, das bisher noch stets die Bildung einer Regierung nach dem vertrauten Muster (kleiner) Zweierkoalitionen ermöglichte, fürs erste vorüber ist. Obwohl man diese Entwicklung hätte vorausahnen können, hinterließ sie die parteipolitische Klasse am Wahlabend des 18. September ratlos. Plötzlich erschien alles machbar und kein Tabu mehr heilig - von der schwarz-gelb-grünen "Jamaika"-Koalition bis hin zum israelischen Modell einer rotierenden Kanzlerschaft. Selbst über die Möglichkeit einer lediglich geduldeten Minderheitsregierung wurde munter schwadroniert - so als ob es das "Magdeburger Modell" oder die heftige Debatte um die Rolle des SSW nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein nicht gegeben hätte. Union und SPD trösteten sich in der Folge mit der vermeintlichen Gewissheit, dass die von ihnen widerwillig gebildete Große Koalition ohnehin nur eine Übergangslösung sein werde. Diese Erwartung wurde auch vom Mainstream der Politikwissenschaft ausgesprochen oder unausgesprochen geteilt. Allein auf die Frage nach möglichen Auswegen wusste und weiß man sich auch hier keinen rechten Reim.

Die neuen Herausforderungen für die Regierungsbildung stehen in engem Zusammenhang mit der Wechselmobilität der Wähler, die seit den achtziger Jahren deutlich zugenommen hat. Zweistellige Veränderungen von Wahl zu Wahl sind dabei längst keine Ausnahme mehr. Dieser Trend macht sich nicht nur in den neuen Ländern bemerkbar, wo die Bindungen der Wähler an die Parteien und deren Vorfeldstrukturen traditionell schwach ausgeprägt sind. Das Abschneiden der Schill-Partei bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2001, die aus dem Stand 19,4 Prozent der Stimmen erreichte, oder der Stimmenverlust der CDU bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im selben Jahr (minus 17 Prozentpunkte), dokumentieren eine ähnlich hohe Wechselbereitschaft in der Altbundesrepublik. Auch die Beteiligungsraten schwanken von Wahl zu Wahl und zwischen den verschiedenen Wahlebenen erheblich. Warum die Wähler sich so verhalten, von welchen Motiven sie sich bei ihrer Stimmabgabe leiten lassen, bleibt zunehmend im Nebel. Protest, Unzufriedenheit, Unsicherheit, Desinteresse, Verlust sozialer Einbindung oder Atomisierung machen die Wahlentscheidung

gleichermaßen emotional, unmittelbar und somit unberechenbar. Dies hat zu einer neuen Dynamisierung des Parteiensystems geführt, die mehr Fragen aufwirft als mit der traditionellen Wahlforschung bislang beantwortet werden können.

Symptomatisch für die Fragmentierung der Parteienlandschaft sind die wachsenden Stimmenanteile für die kleinen Parteien. Hierzu gehören zum einen - als etablierte Vertreter - die FDP und die Grünen, zum zweiten die systemoppositionellen bzw. -kritischen Parteien am rechten und linken Rand und zum dritten die übrigen nicht-etablierten Kleinparteien, die in der Wahlberichterstattung gerne unter den "Sonstigen" abgelegt werden. Letztere kamen in der âra des stabilen Parteiensystems in den sechziger und siebziger Jahren zusammengenommen nur selten über zwei Prozent der Stimmen hinaus. Heute erreichen sie mitunter zehn Prozent oder mehr wie etwa bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin im September 2006 (13,7 Prozent). Dennoch wurde ihnen in der Parteienforschung bislang wenig Beachtung geschenkt.

Diese unbefriedigende Situation hat die Herausgeber bewogen, sich an einer lexikalischen Bestandsaufnahme des bundesdeutschen Parteiensystems zu versuchen. Wir knüpfen dabei bewusst an die Konzeption des 1983 erschienen, mehrbändigen "Parteien-Handbuches" von Richard Stöss an, das 1986 in einer identischen Taschenausgabe wieder aufgelegt, anschließend aber nicht mehr fortgeschrieben wurde. Frank Schindler hat das Projekt als Lektor des VS-Verlages von Beginn an ermutigt und positiv begleitet. Für die Aufsätze im allgemeinen Teil und die Bearbeitung der insgesamt 82 Parteien konnten 27 Autorinnen und Autoren gewonnen werden, von denen einige dankenswerterweise gleich mehrere Beiträge übernommen haben. Die Anfertigung des Personenregisters, die Zusammenstellung des Zahlenmaterials und die übrigen angefallenen Recherche- und Korrekturarbeiten wurden von Dominik Rudolf und Marcel Solar zuverlässig erledigt. Prof. Dr. Werner Müller hat sich die Mühe gemacht, das abschließende Manuskript gründlich durchzusehen. Ihnen allen möchten die Herausgeber für ihre Unterstützung und Mitarbeit herzlich danken.

Bonn und Berlin im Januar 2007

Frank Decker / Viola Neu

Inhalt und Systematik des Handbuches

Das vorliegende Handbuch möchte eine Bestandsaufnahme des aktuellen Parteiensystems in der Bundesrepublik liefern und dessen Entwicklung insbesondere seit den achtziger Jahren im Detail beleuchten. Das Buch gliedert sich in einen allgemeinen und einen lexikalischen Teil. Im allgemeinen Teil, der vier Beiträge umfasst, werden grundlegende Fragestellungen erörtert. Der Einleitungsbeitrag von Frank Decker lenkt den Blick zunächst auf die zunehmenden Legitimationsprobleme des parteiendemokratischen Systems, deren Ursachen, Erscheinungsformen und Konsequenzen am Beispiel der Bundesrepublik dargestellt werden. Der niederländische Politikwissenschaftler Paul Lucardie unternimmt es anschließend, die verschiedenen Begriffsmerkmale und Typologisierungsversuche politischer Parteien systematisch zu ordnen. Unterschieden wird dabei nach der Programmatik oder Ideologie der Partei, ihren Zielen und Funktionen im politischen System, dem Ursprung der Partei, der Parteiorganisation sowie der soziologischen Basis und Wählerstruktur. Der dritte Beitrag wendet sich schließlich den rechtlichen Grundlagen der Parteiendemokratie in Deutschland zu. Die Düsseldorfer Rechtswissenschaftlerin Heike Merten behandelt hier zum einen die im Parteiengesetz geregelten Modalitäten des Parteiwesens und des Parteienwettbewerbs (Chancengleichheit, innerparteiliche Demokratie, Parteienfinanzierung, Parteienverbot u.a.), zum anderen die für die Strukturen des Parteiensystems nicht minder bedeutsamen Wahlrechtsregelungen. Den Abschluss des allgemeinen Teils bildet Oskar Niedermayers Versuch, die Entwicklungslinien des bundesdeutschen Parteiensystems von 1949 bis heute in einem kompakten Überblick nachzuzeichnen. Die gängigen Kriterien der deskriptiven Parteiensystemanalyse verwendend (Fragmentierung, Symmetrie/Asymmetrie, Polarisierung u.a.), unterscheidet der Berliner Politikwissenschaftler dabei insgesamt fünf Phasen, die von der Formierung des Systems in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zur fluiden Fünfparteienstruktur der Gegenwart reichen.

Im lexikalischen Teil werden - von 25 Autoren bearbeitet - insgesamt 82 Parteien abgehandelt. Berücksichtigung finden nur diejenigen Parteien, die ab 1982 an Bundestags-, Europa und / oder Landtagswahlen teilgenommen haben. Vollständigkeit sollte und konnte dabei nicht angestrebt werden; deshalb wurde eine Mindesterfolgs bzw. Teilnahmeschwelle festgelegt: Aufgenommen sind die Parteien, die auf allen drei Ebenen (Land, Bund, Europa) bei Wahlen angetreten

sind sowie jene Parteien, die bei mindestens einer Wahl (auf Landes-, Bundesoder europäischer Ebene) mehr als 0,5 Prozent der Stimmen erzielt haben. 1 Diese Marke ist gleichbedeutend mit dem Schwellenwert für die Inanspruchnahme der staatlichen Wahlkampffinanzierung bei Bundestags oder Europawahlen. Sie liegt unterhalb der Zwei-Prozent-Schwelle, die laut Sartori überschritten sein muss, um von einer relevanten Partei zu sprechen, doch geschieht das hier mit voller Absicht: Das Handbuch soll gerade den Klein und Kleinstparteien gebührenden Platz einräumen, die nicht nur in der öffentlichen Aufmerksamkeit, sondern auch von der Forschung regelmäßig vernachlässigt werden. Rechnung getragen wird dem zugleich durch eine Abstufung des Umfangs der Artikel, der zwischen 12 bis 20 Seiten für die Bundestagsparteien und 1 bis 5 Seiten für die marginalisierten (nicht-relevanten) Splitterparteien schwankt; die letztgenannten werden insofern überproportional berücksichtigt.

Die Artikel folgen einem identischen Muster. Nach einem einleitenden Überblick zur Entstehungs und Entwicklungsgeschichte der Partei werden zuerst die Wahlergebnisse und Wählerstruktur, sodann die Programmatik und schließlich die Organisation der Partei behandelt, bevor ein kurzes Fazit die Darstellung abrundet; einzig der Beitrag über die Freien Wähler, die als Dachorganisation kommunaler Wählergemeinschaften keine Partei im üblichen Sinne sind, weicht von diesem Schema geringfügig ab. Am Ende der Artikel wird - falls verfügbar - auf wissenschaftliche Literatur hingewiesen und die Internetadresse der Partei angegeben.

Die Bearbeitung gestaltete sich insbesondere bei denjenigen Kleinstparteien schwierig, zu denen es keine wissenschaftliche Literatur und auch ansonsten kaum Material gibt. Die Autoren mussten sich hier häufig mit nur wenigen Zeitungsartikeln sowie eigenen Angaben der Parteien behelfen, die natürlich immer mit Vorsicht zu genießen sind. Diese Quellen werden unter den Literaturangaben in der Regel nicht eigens aufgeführt. Dasselbe gilt für die Unterlagen der Wahlleiter sowie - im Falle extremistischer Parteien - die Verfassungsschutzberichte, soweit sie Informationen zu den betreffenden Parteien enthalten.

Wer den lexikalischen Teil etwas genauer durchmustert, wird eine Unzahl von Querverbindungen zwischen den meisten der behandelten Parteien feststellen. Auch die Herausgeber waren überrascht, wie viele Abspaltungen, Neugründungen, Fusionen und Kooperationen es in der bundesdeutschen Parteienland

schaff im fraglichen Zeitraum gegeben hat, als sie die Summe der Einzelartikel in Augenschein nahmen. Um dem Benutzer die Orientierung zu erleichtern, sind in die Beiträge bei Bedarf Verweisungspfeile auf andere Parteien eingefügt worden; darüber hinaus findet sich am Ende des Bandes ein umfangreiches Personenregister.

Im lexikalischen Teil werden die Parteien alphabetisch nach ihrem vollen Namen aufgelistet - für alternative (frühere oder spätere) Namensgebungen oder Zusatzbezeichnungen, wie sie gerade von den Kleinstparteien gerne verwendet werden, finden sich entsprechende Verweise. Die Schreibweise folgt der offiziellen Benennung im Verzeichnis des Bundeswahlleiters. Bestimmte Artikel bleiben als Namensbestandteil bei der Alphabetisierung unberücksichtigt. In den Artikeln selbst werden die Parteien in der Regel bei ihrem offiziellen Kürzel genannt; dasselbe gilt für die anderen dort erwähnten (und im Handbuch berücksichtigten) Parteien. Eine alphabetische Auflistung der Parteien nach ihren Abkürzungen bzw. Kurzbezeichnungen ist dem allgemeinen Teil vorangestellt. Parteien oder Vereinigungen, die im Handbuch nicht eigens behandelt werden, sind in den Artikeln stets mit vollem Namen genannt.

1 Eine vollständige Liste aller Parteien und Vereinigungen, die seit 1946 bei Landtags-, Bundestags und Europawahlen angetreten sind, ist beim Bundeswahlleiter erhältlich. Statistisches Bundesamt, Hg. (2005), Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005. Heft 1: Ergebnisse und Vergleichszahlen früherer Bundestags-, Europa und Landtagswahlen sowie Strukturdaten für die Bundestagswahlen, Wiesbaden, S. 191 ff.
Autorenporträt
Frank Decker lehrt Politikwissenschaft an der Universität Bonn.
Viola Neu ist Koordinatorin für Wahl- und Parteienforschung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Sag mir, wo die Wähler sind . . .
Das Handbuch der deutschen Parteien erfasst auch die Sonstigen / Von Martin Schumacher

In der Bundestagswahl 2005 erreichten CDU/CSU und SPD bei den Zweitstimmen gerade noch 53 Prozent der Wahlberechtigten. Der große Rest, "Sonstige" ausgenommen, entfiel auf drei "Kleinparteien", die je für sich keiner der beiden "Großparteien" zur Kanzlermehrheit verhelfen konnten. Aus dem Mangel an Koalitionsoptionen im "fluiden Fünfparteiensystem" entstand die große Koalition. Viele Anzeichen deuten auf weitere Veränderungen in der bundesdeutschen Parteienlandschaft hin. Weder die oberen Ränge der parteipolitischen Klasse noch der "Mainstream der Politikwissenschaft" und die traditionelle Wahlforschung haben bisher eine befriedigende Antwort auf die "Dynamisierung des Parteiensystems" gefunden. Ohne weiter im Nebel nach den Motiven - "Protest, Unzufriedenheit, Unsicherheit, Desinteresse, Verlust sozialer Einbindung oder Atomisierung" - zu stochern, konstatieren die Herausgeber eine zunehmende Wechselbereitschaft der Wähler.

Die Bestandsaufnahme knüpft an das "Parteien-Handbuch" von Richard Stöss (1983) an, das später nicht mehr aktualisiert wurde. Vier einführende Beiträge von Frank Decker ("Parteiendemokratie im Wandel"), Paul Lucardie ("Zur Typologie der politischen Parteien"), Heike Merten ("Rechtliche Grundlagen der Parteiendemokratie") und Oskar Niedermayer ("Die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems") erörtern grundlegende Fragestellungen. Die Beiträge bestätigen einmal mehr das besondere Interesse der Politikwissenschaft an der "ubiquitären" Erscheinung der Parteien und ihrem Einfluss in Staat und Gesellschaft. Eine Alternative zur "Zwangsehe" der großen Koalition sieht Decker in Minderheitsregierungen, die "mit den Funktionsbedingungen des parlamentarischen Systems besser vereinbar" seien. Das Modell, von dem in Sachsen-Anhalt wenig Strahlkraft ausging, musste im Bund auf seine Praxistauglichkeit noch nicht getestet werden.

Sehr viel nüchterner schätzt Decker die Wirkungen direktdemokratischer Elemente ein, die sich nicht auf eine Vetoinitiative beschränken. Nichts hält er vom untauglichen Modell der sogenannten Volksgesetzgebung, viel offensichtlich vom "Vorbild des schweizerischen fakultativen Referendums". Plebiszite seien kein "Allheilmittel", wohl aber "eine Möglichkeit, die Legitimationsbasis der Parteiendemokratie zu verbreitern". In einem System, in dem Parteien und Gerichte den Ausschlag geben, dürften der "Volkswillensbildung" jedoch enge Grenzen gesetzt sein.

Im lexikalischen Teil erfasst das Handbuch 82 Parteien - von "50 Plus" bis "Zukunft für alle Kinder". Die Beispiele zeigen, dass die "Sonstigen", die auf den Wahlscheinen unter "ferner liefen" verzeichneten Kleinstparteien, hier nicht ausgeblendet, vielmehr überproportional berücksichtigt wurden: So sind alle Parteien vertreten, die bei den Wahlen seit 1982 "auf allen drei Ebenen (Land, Bund, Europa)" Kandidaten aufgestellt beziehungsweise bei mindestens einer Wahl die 0,5-Prozent-Hürde genommen haben und damit an der staatlichen Wahlkampffinanzierung partizipierten. Rekrutierung und Zusammensetzung des politischen "Listenpersonals" bleiben selbst im Fall der offenen Listen der SED-Erben weitgehend im Dunkeln.

Mit diesem engmaschigen Sieb, das nicht auf den strittigen "Relevanzwert" einer Partei für das politische System getrimmt ist, erfassen die Autoren auch jene Parteien - "Abspaltungen, Neugründungen, Fusionen und Kooperationen" -, deren Interna im Einzelfall nur der Verfassungsschutz kennen dürfte. Die einschlägigen Berichte werden für extremistische Parteien herangezogen. Vom ersten Beitrag abgesehen, regiert das Alphabet wie in einem Handbuch üblich die Abfolge der Artikel im Umfang von jeweils "12 bis 20 Seiten für die Bundestagsparteien und 1 bis 5 Seiten für die marginalisierten (nicht-relevanten) Splitterparteien". Die Beiträge, von 25 Autoren verfasst, orientieren über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Partei, deren Wahlergebnisse und Wählerstruktur, Programmatik und Organisation. Nur der Artikel über die Dachorganisation kommunaler Wählergemeinschaften, die "Freien Wähler", weicht von diesem Raster ab. Abbildungen und Tabellen sowie Literatur- und Quellenbelege - "falls verfügbar" - ergänzen die Artikel, die durch ein Personenregister erschlossen werden.

CDU und SPD testieren die Autoren unter Vorbehalt eine Zukunft als Volkspartei und Machtfaktor - "jedoch gewiss" (CDU) beziehungsweise (nur) "mittelfristig" (SPD). Dagegen fällt bei anderen Parteien die Prognose sichtlich schwerer. Im Fall der verflossenen Linkspartei hält die Autorin angesichts der "viele(n) Unwägbarkeiten und Fallstricke" Gesichertes gar für "kaum möglich". Inzwischen bläst die hier noch nicht vertretene Die Linke - aus dem Zusammenschluss von Linkspartei.PDS und WASG entstanden - kräftig ins Horn einer linken parlamentarischen Mehrheit, auf Kosten der wie gelähmt wirkenden Sozialdemokratie. Bei einer reinen Spaßpartei wie der Deutschen Biertrinker Union (DBU) wird abschließend nur festgehalten, dass andere das Konzept später nachahmten. Als eine Erklärung für den Misserfolg dieser Partei im Sinne des Handbuchs könnte die auf die politische Linke gemünzte Erkenntnis des Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Deutschen Bundestag bemüht werden, dass Rentner und Arbeitnehmer bei der Wahlentscheidung zu einem hohen Prozentsatz offenbar nicht ihren sonstigen oder vermeintlichen Interessen folgen. Einer Sektierergruppe wie der MLPD wird kurz und knapp der Charakter des Wiedergängers der KPD zugesprochen, die auch in der PDS und der Linkspartei eine Plattform fand. Die Parteien und Splittergruppen am rechten Rand, insbesondere die NPD, sind als Schmuddelkinder nach wie vor gesellschaftlich isoliert und geächtet.

Extremistische und populistisch agierende Parteien dürften das politische System selbst nicht wirklich gefährden, solange die Volksparteien ihren "Querschnittscharakter" nicht verlieren und sich über ihre "Kernklientel" hinaus programmatisch für neue Wählerschichten öffnen. Gerade die Massenparteien laufen aber durch ihre Umformung zu professionellen Wählerparteien Gefahr, "die getreuen Stammwähler zu verprellen" und in der 1992 entdeckten "Modernisierungsfalle" (Elmar Wiesendahl) noch mehr Federn zu lassen. Das Handbuch spiegelt damit das Dilemma der Gesellschaft und der Parteiendemokratie, deren "Bruchlinie" künftig durch beharrende und veränderungsbereite Kräfte bestimmt werden dürfte.

Frank Decker/Viola Neu (Herausgeber): "Handbuch der deutschen Parteien". VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007. 440 S., 29,90 [Euro].

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