war es iiblich, die untersuchten Storungsbilder der menschlichen Kommunikation nach rein phiinomenologisch-symptomatischen Kennzeichen zu beschreiben und zu ordnen, also als Stimmschwache, Falsettstimme, verzogerte Sprachentwick lung, Stammeln, Stottern usw. Eine solche Beschreibung nach dem hervorstechen den Symptom oder der wesentlichen subjektiven Beschwerde entspricht der ebenso symptomatischen Krankheitslehre der mittelalterlichen Medizin, welche die Krankheiten in verschiedene Fieber, Kongestionen, Gelbsuchten oder ver anderte Farben des Harnes einteilte. Erst mit dem Aufschwung der pathologischen Anatomie, Bakteriologie, Immunitatslehre und anderer Facher entwickelte sich die moderne, iitiologisch und pathogene tisch ausgerichtete Medizin. Aus vielen Grunden konnte die medi zinische Sprach- und Stimmheilkunde mit diesen Entwicklungen nicht Schritt halten. Es gibt noch keine pathologische Anatomie oder Physiologie des Stotterns. Die Biochemie oder Neurophysiologie der psychoneurotischen Storungen von Stimme und Sprache sind noch weit hinter den entsprechenden Forschungen etwa in der Psychiatrie zuriick. Am wenigsten Einigung herrscht iiber die seit lang em vorhandenen hirnpathologischen Befunde bei den Aphasien und deren Ein teilung. Es macht sich jedoch die zunehmende Tendenz bemerkbar, auch die ver schiedenen symptomatischen Storungsbilder der menschlichen Kommunikation nach medizinischen Gesichtspunkten atiologisch einzuteilen. Dazu eignen sich zunachst die modernen Forschungsweisen der Neurologie, Psychiatrie und der klinischen Psychologie. Ein Beispiel ist die Umwalzung in der Lehre yom Schwach sinn seit der Entdeckung der chromosomalen Aberrationen und der angeborenen metabolischen Fehler durch die Erblehre.
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