Trotz der verbreiteten materialistischen Fehlhaltung bestehen die religiösen und philosophischen Grundfragen des Menschen weiter. Auch die Aufgaben der Me dizin bleiben bestehen, nämlich Krankheiten heilen, Leiden lindern und Leben verlängern. Grundlage jedes Arzt-Patienten-Verhältnisses ist das Vertrauen. Im Vertrauensfeld zwischen Arzt und Patient wird gemeinschaftlich versucht, die Krankheit zu überwinden. Ich glaube, daß die Barmherzigkeit das tragende Ele ment des ärztlichen Tuns sein muß. Beim Töten auf Verlangen bricht nicht selten ein Utilitarismus unserer Gesellschaft gegenüber Schwerkranken auf. Ich sehe darin eine tiefe Verachtung des Lebens. In den letzten Jahren hat sich die Aufmerksamkeit von Professionellen, Öffent lichkeit und Politik in besonderer Weise auf die Kosten in der Medizin gerichtet. Leider wird nicht mehr gefragt: "Was kann man machen, wie können wir dem Patienten helfen ?", sondern "Können oder wollen wir uns das leisten ?" Dieser Ansatz wird von Gesunden vertreten, die nicht von dem Leidensdruck einer Krankheit beeinträchtigt werden. Bedauerlicherweise ist festzustellen, daß die ethische Begründung der Medizin heute allzu oft nicht aus sich selbst heraus kommt, sondern durch das politische, soziale und wissenschaftliche Umfeld in ein utilitaristisches Fahrwasser gelangt. Die Keimzelle der therapeutischen Situation - die Arzt-Patienten-Relation - aber bleibt. Hier liegt alle Ethik des "Handelns aus Menschlichkeit" begründet.
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