Philosophische und wissenschaftliche Fragen nach dem Mensch-Sein fokussieren in der Regel den Menschen als handelndes Wesen. Dementsprechend kann die anthropologische Forschung heute auf ein sehr breites Repertoire an unterschiedlichen Handlungsphilosophien und Handlungstheorien zurückblicken, mit denen der Mensch beschrieben, erklärt und verstanden wird. Sämtlichen dieser Ansätze gemein ist jedoch, dass diese die Kehrseite von Handlungen, die Widerfahrnisse (Kamlah), vielfach übersehen und damit die zentralste Dimension im menschlichen Leben schlichtweg ausblenden. Diese Lücke will die hier skizzierte anthropologisch-philosophische Widerfahrnistheorie schließen, mit der menschliches Leben als Handlungs-Widerfahrnis-Gemisch (Marquard) angenommen wird, in dem Widerfahrnisse eine weitaus größere und wichtigere Rolle einnehmen als Handlungen.