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Die junge Geigerin Hannah ist für ihren Vater das Zentrum seines Seins, bewundert, gehütet, über alles geliebt. Als sie eines Tages die Wahrheit über ihre Herkunft erfährt, läuft sie entsetzt davon und verunglückt tödlich. Nach ihrem Tod steht ihr Vater, der erfolgreiche Schriftsteller Hermann Krämer, vor den Trümmern seines Lebens. Ein Gespräch mit seinem Jugendfreund Arnold wird für Hermann zur Konfession, zur Lebensbeichte, an deren Ende er das Geheimnis aufdeckt, das beider Leben seit langem überschattet hat.

Produktbeschreibung
Die junge Geigerin Hannah ist für ihren Vater das Zentrum seines Seins, bewundert, gehütet, über alles geliebt. Als sie eines Tages die Wahrheit über ihre Herkunft erfährt, läuft sie entsetzt davon und verunglückt tödlich. Nach ihrem Tod steht ihr Vater, der erfolgreiche Schriftsteller Hermann Krämer, vor den Trümmern seines Lebens. Ein Gespräch mit seinem Jugendfreund Arnold wird für Hermann zur Konfession, zur Lebensbeichte, an deren Ende er das Geheimnis aufdeckt, das beider Leben seit langem überschattet hat.
Autorenporträt
Armin Mueller-Stahl, geboren 1930, ist nicht nur einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler überhaupt, sondern auch ein begnadeter Geiger, Maler und Erzähler. Bevor er zum Schauspielberuf wechselte, absolvierte er ein Geigen- und Musikwissenschaftsstudium, das er 1949 mit dem Examen zum Musiklehrer abschloß. Seit 1952 avancierte er mit unzähligen Theater- und Filmrollen zu den bekanntesten und beliebtesten Schauspielern der DDR. Als Mitunterzeichner der Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns erhielt er ab 1976 keine Engagements mehr, verließ 1980 die DDR und setzte seine Karriere nicht nur in Westdeutschland, sondern auch international erfolgreich fort. Seit langem ist Armin Mueller-Stahl auch als Erzähler bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.07.2005

Wenn der Himmel weint
Künstlerexistenzen: Eine Erzählung von Armin Mueller-Stahl

In Heinrich Breloers Dreiteiler "Die Manns" ließ Armin Mueller-Stahl hinter der förmlichen Würde und Reserviertheit des Großschriftstellers eine gedämpfte Wärme durchschimmern. Die Maske Thomas Manns, des bürgerlichen Romanciers, mit so viel verhaltener Noblesse getragen, stand ihm gut. Bei dieser Konstellation traf Schauspieler auf Schauspieler: Thomas Mann hatte sich das Repräsentieren zur Lebensaufgabe gemacht, liebte seine kunstvolle Selbstinszenierung und erwies sich dabei als brillanter Akteur. Armin Mueller-Stahl strebt ebenfalls nach der Doppelrolle. Nach Drehschluß widmet er sich der filigranen Kunst des Schreibens.

Die Erzählung "Hannah" läßt sich durchaus als Epilog zu seiner Rolle in Breloers "Jahrhundertroman" lesen. Denn wieder leuchtet Armin Mueller-Stahl eine Künstlerexistenz aus, diesmal mit den Werkzeugen des Literaten. Sein Ich-Erzähler Hermann Krämer, durch seinen Vornamen mit einer autobiographischen Schattierung ausgestattet, ist Schriftsteller und wird sogar als Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur gehandelt. In der Suite eines Kölner Luxushotels wartet er auf seinen Schulfreund Arnold. Die beiden Männer in fortgeschrittenem Alter, zwei ineinander verflochtene Existenzen, sind verbunden durch die Liebe zu Helen, die Hermanns Ehefrau wurde, und durch einen lange zurückliegenden, von Hermann arrangierten Betrug. Hermann bereitet sich auf den Monolog, den er Arnold präsentieren möchte, Anklage, Bekenntnis und Rechtfertigungsrede zugleich, vor wie auf einen Auftritt im Theater. Er ist ein kalkulierender Artist; durch ihn zitiert Armin Mueller-Stahl jenen für sein Werk blutenden, vom Menschlichen abgeschnittenen Künstler herbei, als der sich Thomas Mann ins Gedächtnis der Literaturgeschichte eingeschrieben hat. Auf Mueller-Stahls Bühne darf er noch einmal auftreten, und in Zitaten wird eines seiner literarischen Urbilder beschworen: Dr. Aschenbach heißt der gefürchtete alte Klassenlehrer, an den sich der Schriftsteller im Gespräch mit seinem Jugendfreund erinnert.

Während Armin Mueller-Stahl seinen Thomas Mann in einem milden Halbdunkel weichzeichnete, setzt er seinen Ich-Erzähler einem harten und allzu grellen Licht aus. Vieles ist zu laut, zu plakativ, die Kontrasteffekte plump, so daß man stets die Absicht dahinter bemerkt. Hermann Krämer, der unter der schweren Bronze des Großschriftstellers zu ersticken droht, sehnt sich, wie könnte es anders sein, nach Leichtigkeit und Mühelosigkeit. Dieses Ideal sah er verkörpert in seiner verstorbenen Tochter Hannah, einem musikalischen Wunderkind von überirdischer Schönheit. Das Spiel dieser "göttlichen Geigerin" sei so "leicht, leicht, leicht" gewesen, als würde "der Himmel selbst" musizieren. Sie steht doch tatsächlich "da, wo Anne-Sophie Mutter steht"! Als Hermann ihr auf einer Reise nach Marokko die Wahrheit über ihre Herkunft offenbarte, war das tragische Ende unvermeidlich. Sie verschwand einfach, wie das solche Zauberwesen zu tun pflegen, und ging auf merkwürdige Weise zugrunde.

Hermanns Enthüllungen sind allzu früh allzu absehbar. Im Verschwommenen verlieren sich dagegen die Motive für seine Feindseligkeit dem großherzigen Arnold gegenüber. Genau scheint er sie selbst nicht zu kennen. Für einen hochreizbaren Künstler ist er aus zu grobem Holz geschnitzt. Seine Eigenschaften ergeben kein Ganzes: Dieser beherrschte, kaltherzige Regisseur seines eigenen Lebens, der seinen Freund in ein abgekartetes Spiel verwickelte, "ein Narziß, ein Übervater, ein selbsternannter Gott und ein Mephisto", soll eine Handschrift haben, der "jede Gefühlsböe" anzusehen ist? Hermann Krämer hat etwas Übertriebenes und Halbfertiges, und man möchte ihn, wie einen überspannten Mimen im Theater, ausbuhen.

Der hohe Ton kippt leicht ins Belanglose. Angestrengt wirkt der Dreiklang von Tod, Musik und Ewigkeit, der sich als wehmütige Begleitmelodie durch den Text zieht. "Wenn ich Bach spiele, weiß ich, was Unendlichkeit ist. Er ist die Unendlichkeit selbst. Bach ist die Brücke ins Jenseits": Um diese bedeutungsschweren Worte der Tochter kreisen Hermanns Gedanken. Solche Kunstandacht kommt angesichts der Erzählung nicht auf.

ANDREA NEUHAUS

Armin Mueller-Stahl: "Hannah". Erzählung. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 134 S., geb., 16,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Armin Mueller-Stahl mag zwar ein hervorragender Thomas Mann-Darsteller sein, seine schriftstellerischen Fähigkeiten haben nach Meinung von Rezensent Dieter Hildebrandt allerdings wenig mit dem großen Literaten gemein. Sein neues Buch sei ein "Fest der Redseligkeit", das die Aussprache, die aggressive Lebensbeichte zweier alter Männer in einem Hotelzimmer zum Gegenstand habe. Diese Konstellation erinnert den Rezensenten verdächtig an Sandor Marais Erfolgsroman "Glut", aus dem bei Mueller-Stahl auch zitiert werde. Hildebrandt rät dringend zum ungarischen Original, denn während Marai einen gefährlich glühenden Lavastrom freisetze, werde beim Mann-Mimen unerbittlich über Gott und die Welt geredet und unentwegt Geigenmusik gehört. Der Rezensent ist besseres gewöhnt.

© Perlentaucher Medien GmbH