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HANNIBAL LECTER HAS BEEN ON THE RUN FOR SEVEN YEARS.
And seven years after he helped FBI Special Agent Clarice Starling bring down Buffalo Bill, her career is collapsing after a disastrous drug bust.
Meanwhile, seven years after violently escaping from custody, Hannibal Lecter is hunted by Mason Verger, a psychopathic former client obsessed with feeding him to wild boars.
With the one-time partners at a low ebb, Hannibal is the one to reach out to Clarice, who has been plagued by dreams of his rasping voice.
It has been seven years since they both came to realise they shared more than they expected.
Seven years since their last meeting.
Seven years to lay plans for the next one...
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'Quite simply a compelling and brilliant thriller' Mirror
'Addictive on every level' Express
'Better than Red Dragon and Silence of the Lambs' Stephen King
HANNIBAL LECTER HAS BEEN ON THE RUN FOR SEVEN YEARS.
And seven years after he helped FBI Special Agent Clarice Starling bring down Buffalo Bill, her career is collapsing after a disastrous drug bust.
Meanwhile, seven years after violently escaping from custody, Hannibal Lecter is hunted by Mason Verger, a psychopathic former client obsessed with feeding him to wild boars.
With the one-time partners at a low ebb, Hannibal is the one to reach out to Clarice, who has been plagued by dreams of his rasping voice.
It has been seven years since they both came to realise they shared more than they expected.
Seven years since their last meeting.
Seven years to lay plans for the next one...
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'Quite simply a compelling and brilliant thriller' Mirror
'Addictive on every level' Express
'Better than Red Dragon and Silence of the Lambs' Stephen King
"An absolute holiday must. Quite simply this is the best-written thriller to dominate the market in years" The Times
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.1999Doktor Lecter kehrt zurück
Ein Kannibale in Freiheit : "Schweigen der Lämmer", Teil zwei
NEW YORK, 11. Juni
Die "Farmacia di Santa Maria Novella" ist einer der am besten duftenden Plätze der Welt. Die Aromen seidiger Seifen, Cremes und Lotionen verbinden sich mit den Gerüchen aus den Hinterzimmern, in denen ihre Ingredienzen verfeinert und gemischt werden. Es gehört eine wohltrainierte Nase dazu, die verschiedenen Essenzen herauszuriechen. Dr. Hannibal Lecter hat eine solche Nase. Für ihn ist die Luft wie ein Gemälde, in dem eine Duftlage über der anderen liegt wie Farbschichten auf der Leinwand, Bergamotte und Sandelholz, Zimt, Mimose, Ambra. In den Gerüchen, auch den weniger erlesenen, davon ist Dr. Hannibal Lecter überzeugt, setzen sich Erinnerungen deutlicher ab als in den anderen Sinnen, die bei ihm ebenfalls zur äußersten Raffinesse ausgebildet sind.
Beim Leser ist sich Thomas Harris, der Dr. Hannibal Lecter erfunden hat und nun in der lange erwarteten Fortsetzung zum "Schweigen der Lämmer" zum Titelhelden seines neuen Romans macht, nicht so sicher. Es sei interessant zu sehen, sinniert er, bevor er uns in eine Florentiner Ausstellung mittelalterlicher Foltergeräte geleitet, ob unser durch ständige Konfrontation mit geiler Vulgarität erschlafftes Bewußtsein noch zur Aufmerksamkeit zu zwingen sei. Wir sollen nicht riechen. Aber genau hinsehen und das Böse erkennen. Beim Gang vorbei an Streckbetten und Rädern, durch deren Speichen die Glieder der Gefolterten gefädelt wurden, beschreibt Harris die "elementare Häßlichkeit, die man in den Gesichtern der Masse findet". Verglichen mit ihnen ist Hannibal, der sich den Beinamen "the cannibal" redlich verdient hat, ein soignierter Herr mit erstaunlichen Manieren.
Im fensterlosen Verlies für pathologische Dummköpfe und genialische Sadisten, dem Hochsicherheitstrakt des "Baltimore State Hospital for the Criminally Insane", in dem Dr. Lecter nahezu die gesamte Zeitspanne verbrachte, die "Das Schweigen der Lämmer" umfaßte, hatte er kaum Gelegenheit, seinen Geschmack zu pflegen. Dann aber war er ausgebrochen; niemand wußte, wo er war. Wir sehen dieselben Sterne, hatte er an die FBI-Agentin Clarice Starling geschrieben, und es war klar, daß, wenn er jemals wieder auftauchen sollte, sie davon erfahren würde.
Elf Jahre sind vergangen, seit "Das Schweigen der Lämmer" erschienen ist, neun, seit der Film mit Anthony Hopkins und Jodie Foster dem Autor Thomas Harris eine weitere Horde von Lesern und seinen Figuren eine neue Fangemeinde zuführte. Als vor nur wenigen Wochen bekanntgeworden war, daß Thomas Harris ein sechshundert Seiten dickes Manuskript bei seinen Agenten auf den Tisch geworfen und der Verlag sofort mit den Vorbereitungen für Druck und Auslieferung begonnen hatte (F.A.Z. vom 5. Mai), war der Inhalt von "Hannibal" das wohlgehütete Geheimnis weniger Eingeweihter. Gewiß war einzig, daß es eine Art Fortsetzung zum "Schweigen der Lämmer" sein sollte. Rezensenten, die bereits vorab ein Exemplar ergattern konnten, wurden bis zum Erscheinungstermin am 8. Juni zum Schweigen verpflichtet. Solche Vereinbarungen sind bindend, und so muß der britische "Observer", der seinen Lesern bereits am 6. Juni "Hannibal" dringend ans Herz legte, mit juristischen, das heißt teuren Konsequenzen rechnen.
Hannibal Lecter, das ist eine der Gewißheiten nach der Lektüre von "Hannibal", die ohne Spannungsverlust verraten werden darf, kauft gern ein. Nicht nur Seifen. Er fährt zum Beispiel fast vierhundert Meilen von Maryland nach New York, um bei "Hammacher Schlemmer" einen Picknickkorb zu erstehen. Dessen lackiertes Geflecht ist stabil wie die eingenähten Lederriemen, und die Dimensionen sind ideal. Weil der Korb aber bestückt ist mit Thermoskanne, grobem Geschirr und rustikalem Besteck, sind weitere Einkaufsstopps auf der Fifth Avenue nötig.
Hier erwirbt Hannibal Lecter französisches Porzellan (bei Tiffany) und sein Lieblingssilber (bei Christofl), jenes Besteck aus dem neunzehnten Jahrhundert, dessen Gabeln mit weit auseinanderstehenden Zacken tief gekurvt sind und dessen Messer schwer und sehr weit hinten in der Hand liegen. Hannibal Lecter, wie Leser und Kinobesucher rund um den Erdball seit dem "Roten Drachen", spätestens aber seit dem "Schweigen der Lämmer" wissen, ist ein Feinschmecker. Wenn es um die Zubereitung, die Präsentation und schließlich den Verzehr erlesener Speisen geht, ist ein ästhetischer Mißklang für Hannibal Lecter unverzeihlich. Auch das unterscheidet ihn deutlich von Mason Verger. Dieser hat ein Zusammentreffen mit Dr. Hannibal Lecter überlebt, wenn auch in unappetitlichem Zustand, und plaziert im Zentrum seiner Rachepläne eine Horde Schweine. Als Haustier hält er einen Aal.
In "Hannibal" ist die Titelfigur zum ersten Mal, seit wir sie kennen, auf freiem Fuß und kann sich völlig ungehindert entfalten. Hannibal Lecter, mit neuem Gesicht und neuem Namen, hat dies, ohne viel zu morden, sieben Jahre lang getan. So lang ist die Zeitspanne, die zwischen den Ereignissen im "Schweigen der Lämmer" und "Hannibal" liegt. Und so lange haben Hannibal Lecter und Clarice Starling nichts voneinander gehört. Bis sie sich treffen, vergehen gut hundertzwanzig Seiten, und für diese und noch weitere zweihundert ist man sich sicher, daß "Hannibal" seinen Vorgängern mindestens ebenbürtig ist. Harris hat eine andere Struktur gefunden, er hat keinen Kriminalfall konstruiert, der aufzuklären wäre, sondern eine Verfolgungs- und Jagdgeschichte, in der sich Frontverläufe und Koalitionen häufig verändern und Verräter und Verbündete nicht deutlich unterscheidbar sind, von Guten und Bösen zu schweigen. Hannibal Lecter ist, wie wir aus den früheren Büchern wissen, ein enzyklopädisch gebildeter Mann, und nun erfahren wir, daß er auch ein Mann mit Geschichte ist. Wie die schreienden Lämmer, die Clarice Starling um den Schlaf brachten, sind auch Hannibal Lecters Erinnerungen albtraumhaft, und sie haben dieselbe poetische Qualität, die sie vor der Verwechslung mit biographischen Informationen bewahrt. In den stärksten Passagen des Romans öffnen sich ganze Erinnerungspaläste mit Deckenfresken, weitläufigen Etagen und düsteren Kellerräumen; in den schwächsten finden wir hier Blümchentapeten und sauren Kitsch.
"Hannibal" ist ein irrwitziges und unendlich grausames Buch. Und leider läßt sich nicht verschweigen, daß auf gut hundert Seiten im letzten Drittel selbst bis dahin unvorstellbare Bestialität nicht ausreicht, das erschlaffende Bewußtsein wachzuhalten. Doch im letzten Teil zeigt Thomas Harris noch einmal seine Meisterschaft, und die liegt hier, neben all dem, was er schon in den vorangegangenen Romanen zeigte, in einer durch und durch bizarren Ironie.
Am Wochenende wird Stephen King in der "New York Times Book Review" Thomas Harris' Buch dafür preisen, daß es so geschickt die Grenze zwischen Popthriller und Literatur verwischt. Die Tageskritik der "New York Times" hingegen betraute ihren einfältigsten Rezensenten mit der Besprechung von "Hannibal", und ihm ist diese Ironie ebenso entgangen wie der Wechsel in Thomas Harris' Tonfall, wenn er von Hannibal Lecter erzählt. Dann verläßt er nämlich die distanzierte Perspektive des Erzählers und fällt in die intimere Wir-Form, die uns die Titelfigur so nahebringt, daß wir völlig in ihren Bann geraten.
Hannibal Lecter ist der erotischste Massenmörder seit Dracula. Seine Eleganz ist unwiderstehlich, und so hängen wir gleichsam an seinen Lippen, ob er uns von Dantes erstem Sonett erzählt oder von den Schwierigkeiten beim Zubereiten frischen Hirns, das ohne eine Nacht in Marinade unter den Händen weniger geübter Köche zerfallen würde. "The Morbidity of the Soul" sollte das Buch ursprünglich heißen, bis der Verlag entschied, das sei zu depremierend. Es wäre ein passender Titel gewesen, passend für Hannibal und all die anderen Figuren und auch für uns, die wir hoffen, ihm bald wieder zu begegnen.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Kannibale in Freiheit : "Schweigen der Lämmer", Teil zwei
NEW YORK, 11. Juni
Die "Farmacia di Santa Maria Novella" ist einer der am besten duftenden Plätze der Welt. Die Aromen seidiger Seifen, Cremes und Lotionen verbinden sich mit den Gerüchen aus den Hinterzimmern, in denen ihre Ingredienzen verfeinert und gemischt werden. Es gehört eine wohltrainierte Nase dazu, die verschiedenen Essenzen herauszuriechen. Dr. Hannibal Lecter hat eine solche Nase. Für ihn ist die Luft wie ein Gemälde, in dem eine Duftlage über der anderen liegt wie Farbschichten auf der Leinwand, Bergamotte und Sandelholz, Zimt, Mimose, Ambra. In den Gerüchen, auch den weniger erlesenen, davon ist Dr. Hannibal Lecter überzeugt, setzen sich Erinnerungen deutlicher ab als in den anderen Sinnen, die bei ihm ebenfalls zur äußersten Raffinesse ausgebildet sind.
Beim Leser ist sich Thomas Harris, der Dr. Hannibal Lecter erfunden hat und nun in der lange erwarteten Fortsetzung zum "Schweigen der Lämmer" zum Titelhelden seines neuen Romans macht, nicht so sicher. Es sei interessant zu sehen, sinniert er, bevor er uns in eine Florentiner Ausstellung mittelalterlicher Foltergeräte geleitet, ob unser durch ständige Konfrontation mit geiler Vulgarität erschlafftes Bewußtsein noch zur Aufmerksamkeit zu zwingen sei. Wir sollen nicht riechen. Aber genau hinsehen und das Böse erkennen. Beim Gang vorbei an Streckbetten und Rädern, durch deren Speichen die Glieder der Gefolterten gefädelt wurden, beschreibt Harris die "elementare Häßlichkeit, die man in den Gesichtern der Masse findet". Verglichen mit ihnen ist Hannibal, der sich den Beinamen "the cannibal" redlich verdient hat, ein soignierter Herr mit erstaunlichen Manieren.
Im fensterlosen Verlies für pathologische Dummköpfe und genialische Sadisten, dem Hochsicherheitstrakt des "Baltimore State Hospital for the Criminally Insane", in dem Dr. Lecter nahezu die gesamte Zeitspanne verbrachte, die "Das Schweigen der Lämmer" umfaßte, hatte er kaum Gelegenheit, seinen Geschmack zu pflegen. Dann aber war er ausgebrochen; niemand wußte, wo er war. Wir sehen dieselben Sterne, hatte er an die FBI-Agentin Clarice Starling geschrieben, und es war klar, daß, wenn er jemals wieder auftauchen sollte, sie davon erfahren würde.
Elf Jahre sind vergangen, seit "Das Schweigen der Lämmer" erschienen ist, neun, seit der Film mit Anthony Hopkins und Jodie Foster dem Autor Thomas Harris eine weitere Horde von Lesern und seinen Figuren eine neue Fangemeinde zuführte. Als vor nur wenigen Wochen bekanntgeworden war, daß Thomas Harris ein sechshundert Seiten dickes Manuskript bei seinen Agenten auf den Tisch geworfen und der Verlag sofort mit den Vorbereitungen für Druck und Auslieferung begonnen hatte (F.A.Z. vom 5. Mai), war der Inhalt von "Hannibal" das wohlgehütete Geheimnis weniger Eingeweihter. Gewiß war einzig, daß es eine Art Fortsetzung zum "Schweigen der Lämmer" sein sollte. Rezensenten, die bereits vorab ein Exemplar ergattern konnten, wurden bis zum Erscheinungstermin am 8. Juni zum Schweigen verpflichtet. Solche Vereinbarungen sind bindend, und so muß der britische "Observer", der seinen Lesern bereits am 6. Juni "Hannibal" dringend ans Herz legte, mit juristischen, das heißt teuren Konsequenzen rechnen.
Hannibal Lecter, das ist eine der Gewißheiten nach der Lektüre von "Hannibal", die ohne Spannungsverlust verraten werden darf, kauft gern ein. Nicht nur Seifen. Er fährt zum Beispiel fast vierhundert Meilen von Maryland nach New York, um bei "Hammacher Schlemmer" einen Picknickkorb zu erstehen. Dessen lackiertes Geflecht ist stabil wie die eingenähten Lederriemen, und die Dimensionen sind ideal. Weil der Korb aber bestückt ist mit Thermoskanne, grobem Geschirr und rustikalem Besteck, sind weitere Einkaufsstopps auf der Fifth Avenue nötig.
Hier erwirbt Hannibal Lecter französisches Porzellan (bei Tiffany) und sein Lieblingssilber (bei Christofl), jenes Besteck aus dem neunzehnten Jahrhundert, dessen Gabeln mit weit auseinanderstehenden Zacken tief gekurvt sind und dessen Messer schwer und sehr weit hinten in der Hand liegen. Hannibal Lecter, wie Leser und Kinobesucher rund um den Erdball seit dem "Roten Drachen", spätestens aber seit dem "Schweigen der Lämmer" wissen, ist ein Feinschmecker. Wenn es um die Zubereitung, die Präsentation und schließlich den Verzehr erlesener Speisen geht, ist ein ästhetischer Mißklang für Hannibal Lecter unverzeihlich. Auch das unterscheidet ihn deutlich von Mason Verger. Dieser hat ein Zusammentreffen mit Dr. Hannibal Lecter überlebt, wenn auch in unappetitlichem Zustand, und plaziert im Zentrum seiner Rachepläne eine Horde Schweine. Als Haustier hält er einen Aal.
In "Hannibal" ist die Titelfigur zum ersten Mal, seit wir sie kennen, auf freiem Fuß und kann sich völlig ungehindert entfalten. Hannibal Lecter, mit neuem Gesicht und neuem Namen, hat dies, ohne viel zu morden, sieben Jahre lang getan. So lang ist die Zeitspanne, die zwischen den Ereignissen im "Schweigen der Lämmer" und "Hannibal" liegt. Und so lange haben Hannibal Lecter und Clarice Starling nichts voneinander gehört. Bis sie sich treffen, vergehen gut hundertzwanzig Seiten, und für diese und noch weitere zweihundert ist man sich sicher, daß "Hannibal" seinen Vorgängern mindestens ebenbürtig ist. Harris hat eine andere Struktur gefunden, er hat keinen Kriminalfall konstruiert, der aufzuklären wäre, sondern eine Verfolgungs- und Jagdgeschichte, in der sich Frontverläufe und Koalitionen häufig verändern und Verräter und Verbündete nicht deutlich unterscheidbar sind, von Guten und Bösen zu schweigen. Hannibal Lecter ist, wie wir aus den früheren Büchern wissen, ein enzyklopädisch gebildeter Mann, und nun erfahren wir, daß er auch ein Mann mit Geschichte ist. Wie die schreienden Lämmer, die Clarice Starling um den Schlaf brachten, sind auch Hannibal Lecters Erinnerungen albtraumhaft, und sie haben dieselbe poetische Qualität, die sie vor der Verwechslung mit biographischen Informationen bewahrt. In den stärksten Passagen des Romans öffnen sich ganze Erinnerungspaläste mit Deckenfresken, weitläufigen Etagen und düsteren Kellerräumen; in den schwächsten finden wir hier Blümchentapeten und sauren Kitsch.
"Hannibal" ist ein irrwitziges und unendlich grausames Buch. Und leider läßt sich nicht verschweigen, daß auf gut hundert Seiten im letzten Drittel selbst bis dahin unvorstellbare Bestialität nicht ausreicht, das erschlaffende Bewußtsein wachzuhalten. Doch im letzten Teil zeigt Thomas Harris noch einmal seine Meisterschaft, und die liegt hier, neben all dem, was er schon in den vorangegangenen Romanen zeigte, in einer durch und durch bizarren Ironie.
Am Wochenende wird Stephen King in der "New York Times Book Review" Thomas Harris' Buch dafür preisen, daß es so geschickt die Grenze zwischen Popthriller und Literatur verwischt. Die Tageskritik der "New York Times" hingegen betraute ihren einfältigsten Rezensenten mit der Besprechung von "Hannibal", und ihm ist diese Ironie ebenso entgangen wie der Wechsel in Thomas Harris' Tonfall, wenn er von Hannibal Lecter erzählt. Dann verläßt er nämlich die distanzierte Perspektive des Erzählers und fällt in die intimere Wir-Form, die uns die Titelfigur so nahebringt, daß wir völlig in ihren Bann geraten.
Hannibal Lecter ist der erotischste Massenmörder seit Dracula. Seine Eleganz ist unwiderstehlich, und so hängen wir gleichsam an seinen Lippen, ob er uns von Dantes erstem Sonett erzählt oder von den Schwierigkeiten beim Zubereiten frischen Hirns, das ohne eine Nacht in Marinade unter den Händen weniger geübter Köche zerfallen würde. "The Morbidity of the Soul" sollte das Buch ursprünglich heißen, bis der Verlag entschied, das sei zu depremierend. Es wäre ein passender Titel gewesen, passend für Hannibal und all die anderen Figuren und auch für uns, die wir hoffen, ihm bald wieder zu begegnen.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main