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Produktdetails
  • Verlag: Opinio
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 132
  • Deutsch
  • Abmessung: 320mm x 310mm
  • Gewicht: 1619g
  • ISBN-13: 9783858153333
  • ISBN-10: 3858153338
  • Artikelnr.: 07725390
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.1998

Leiter lukullischer Lustbarkeiten
Hans Stucki war ein kühner Kenner aller Küchenkniffe / Von Erwin Seitz

Bereits sein Gesicht weckt Vertrauen in sein kulinarisches Ingenium. Es strahlt Güte und Genauigkeit aus. Mit diesem Porträt wird das Buch mit den besten Rezepten von Hans Stucki eröffnet. Jean-Claude Wicky, langjähriger Küchenchef des Basler Meisterkochs, der im Frühjahr dieses Jahres verstarb, hat es erarbeitet; zusammen mit weiteren Mitarbeitern und Freunden legt er damit Stuckis Vermächtnis vor. Dieser selbst rümpfte Zeit seines Lebens die Nase, es würden "viel zuviel" Rezepte publiziert, ohne daß sich Fortschritte ergäben. Denn obwohl es heute gang und gäbe ist, daß ein renommierter Koch eine Reihe von Rezepten veröffentlicht, steht er bei Kennern und Kritikern doch in der Pflicht, ein Scherflein zur Entwicklung der Kochkunst beizutragen.

Die Zuspitzung der neuen leichten Küche, die unter dem Motto von Innovation und Fitneß die Fleisch- und Fischportionen verkleinerte und die Verwendung von Fonds, Butter und Sahne für die Saucen stark einschränkte, mit Salz geizte und schließlich die winzigen Portionen und den Mangel an Geschmack mit einer neuen Form von Dekorationszauber überspielte, hielt Stucki für Schwindelei: "Viele Experten predigen heute die fettlose Küche. Sie faseln von ,low calories' - so ein schöner Ausdruck." Er wußte, daß das sündhaft Verführerische nun einmal im Fleisch, im Fisch und im Fett liegt.

Stucki sah es zu Recht als die wichtigste Aufgabe des Kochens an, das Erlebnis des Geschmacks zu intensivieren. Wer seine Rezepte studiert und das eine oder andere Gericht nachkocht, erkennt, daß die Schönheit auf dem Teller aus Bestandteilen erwächst, die das Geschmackserlebnis fördern. Nichts wirkt willkürlich.

Das Eigenständige Stuckis liegt darin, daß er den Vorsatz der Grande cuisine, die Formen und Farben, Düfte und Aromen der Produkte zur Geltung zu bringen, durch das klassische Prinzip der Kontrastierung bereichert. Als Vorspeise serviert er zum Beispiel eine Terrine aus Taubenbrüstchen und Entenleber, legt neben die kalte dreieckige Terrine gebratene Entenleberwürfel und grüne Spargelspitzen, etwas Salat und umkreist das Ganze mit einer Petersiliensaft-Emulsion. Zunächst erfreut sich das Auge an dem Gegensatz von hellen Braun- und Grüntönen und am Spiel der geometrischen Formen von Dreieck, Würfel und Kreis; im Mund steigern die Geschmacksnuancen von Taubenbrust und Entenleber einander gegenseitig, und der Unterschied zwischen der kalten Terrine und den warmen Würfeln belebt zusätzlich den Gaumen, die Emulsion schließlich untermalt subtil die Würze des Gerichts. Auf kleinstem Raum gelingt Stucki, dem Liebhaber Wagnerscher Musik, ein Ineinandergreifen unterschiedlichster Tonstufen.

Zwar ist das Schöne und Gute schnell verzehrt, doch seine Herstellung verlangt die Bereitschaft, einige Zeit aufzubringen und Kosten nicht zu scheuen. Wem aber ein gewisser Aufwand nicht zuviel und wer mit Grundkenntnissen der Kochkunst vertraut ist, der wird es als reizvoll empfinden, die Rezepte des Meisters auszuprobieren. Stucki war ein Maharadscha der Mahlzeiten, der die Saucen aus dem Ärmel schüttelte. Die Seele einer guten Sauce bleibt bei ihm der extraktreiche Fond, der vorbereitend hergestellt werden muß. Er stammt in der Regel vom gleichen Tier, dessen Fleisch später auf den Teller kommt. Der Meisterkoch erlaubt sich aber auch die Ausnahme von der Regel, nicht, um eine Kapriole zu schlagen oder weil er plötzlich zu bequem wäre, unterschiedliche Fonds herzustellen, sondern um eine pikante Kombination zu gewinnen. Für die Sauce, die er zum gegrillten Steinbutt reicht, verwendet er einen braunen Kalbsfond, den er zusammen mit Butter, Knoblauch, Zitronensaft, Worcestershire-Soße und Tomatenwürfeln kurz aufkochen läßt, mit Pfeffer aus der Mühle und Salz abschmeckt und zuletzt mit Petersilie untermischt. Der für einen Fisch kräftige Geschmack des Steinbutts kann die würzige Sauce kontern.

Auch wer sich nicht in der Lage fühlt, jedes Rezept selbst auf die Probe zu stellen, wird Freude an dem Buch haben. Wicky hat im Sinne seines Lehrers die Anzahl der Rezepte eingeschränkt, damit der Leser das Wesentliche der Stucki-Schule - die Auswahl der besten Produkte, das Finden von Kombinationen, die Betonung des Geschmacks - erkennt. Wie nebenbei wird jeder mit wichtigen, zuverlässigen Erkenntnissen der Feinschmeckerei vertraut, die er auf seine Möglichkeiten übertragen kann.

Stucki suchte nicht nach dem Neuesten, sondern nach dem Besten. Trotz hoher Anerkennung gab er sich bescheiden: "Ich kann mich nicht mit Goethe vergleichen. Kochen ist ein Handwerk." Doch mit einer Goetheschen Maxime ließe sich einwenden: "Das poetische Talent ist dem Bauer so gut gegeben wie dem Ritter; es kommt nur darauf an, daß jeder seinen Zustand ergreife und ihn nach Würden behandle." Auf seinem Gebiet war Stucki ein Poet.

"Hans Stucki - Die besten Rezepte". Buchverlag der Basler Zeitung, Basel 1998. 132 S., 50 Farb- u. 4 Seiten S/W-Abb., mit beigelegtem Rezeptbüchlein, geb., 118,- DM.

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